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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
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gehalten. Aber die Leiden und Sorgen der Menschen existieren in dieser Welt, ihnen muss in dieser Welt abgeholfen werden.
    Der Glaube an Gott kann dabei eine wichtige Rolle spielen, aber er muss die Menschen zu Liebe und Versöhnlichkeit aufrufen, nicht zu Abgrenzung und blindem Gehorsam!»
    Custos sprach mit jener Eindringlichkeit, die schon seine Erzählung von Jesu Kreuzigung ausgezeichnet hatte. Alexander konnte sich gut vorstellen, dass der historische Jesus – Jeschua –
    über dieselbe Gabe verfügt hatte. Worte wurden zu Visionen und Visionen fügten sich zu einer neuen Wirklichkeit zusammen. Seine Zweifel an der Aufrichtigkeit des Papstes schwanden. Dieser Mann war der Heilige Vater, und Alexander hatte ihm zu Recht Treue geschworen. Vielleicht verdiente dieser Papst mehr Ergebenheit und Unterstützung als jeder andere zuvor.
    Alexander wollte den Smaragd zurückgeben. Dabei trafen sich ihre Hände und hielten einander fest. Der Heilige Vater und der Schweizer hatten einen stillen Pakt geschlossen, einander zu vertrauen und zu helfen.
    «Ich bin Ihnen zu Dank verpflichtet, Alexander. Sie haben mehr getan, als Ihr Eid es gebietet, indem Sie meine Brüder zur Edelsteinkapelle und in den Vatikan geführt haben. Sie haben mein Leben zweimal gerettet. In der letzten Nacht und am Mittwoch.»
    «Aber ich konnte das Attentat nicht verhindern!»
    «Sie haben sich gegen den Attentäter geworfen. Wären Sie nicht so mutig gewesen, hätte die Schrotladung mich voll getroffen. Die Kraft aller Auserwählten reicht nicht aus, um einen Toten zu erwecken. Das vermochte nicht einmal Jeschua.»
    «Was ist mit den Berichten der Heiligen Schrift über die Totenerweckungen, die Jesus an Lazarus, an der Tochter des Jairus und an dem Sohn der Witwe bei Nain vollzogen hat?»
    «Wenn sie tot waren, hat Jeschua sie nicht erweckt. Hat Jeschua sie aber erweckt, so war noch Leben in ihren Körpern.»
    Mit einem leisen Stöhnen sackte Custos in die Kissen zurück.
    Er sah erschöpft aus und schloss die Augen, unter denen sich tiefe Schatten gebildet hatten. Sein Brustkorb hob und senkte sich im gleichmäßigen Takt. Er schien zu schlafen.
    Leise stand Alexander auf und wollte den Raum verlassen.
    «Warten Sie!», hielt die Stimme des Papstes ihn zurück. «Ich stehe tief in Ihrer Schuld. Wenn ich irgendetwas für Sie tun kann, sagen Sie es mir bitte.»
    «Da gibt es etwas», sagte Alexander und drehte sich zu Custos um. «Ich muss Elena finden.»

22
    Sonnabend, 16. Mai
    Erwartungsvoll betrat Alexander den Salon, in dem er zwei Tage zuvor mit Orlandi, Solbelli und Donati gesprochen hatte.
    Die beiden Letztgenannten erwarteten ihn auch an diesem Vormittag, über eine große Weltkarte gebeugt. Die Karte bedeckte den runden Tisch und war mit dem Marmoraschenbecher beschwert, in dem sich Asche und zerdrückte Stummel türmten.
    «Ah, Signor Rosin», begrüßte ihn der Commissario, der gerade einen neuen Zigarillo aus dem Etui nahm. «Gut gefrühstückt?»
    «Die Hörnchen waren fast so heiß wie der Cappuccino.»
    Alexander trat an den Tisch. «Schwester Ilaria sagte mir, Sie wollten mich sprechen – wegen Elena.»
    Donati nickte und zündete seinen Glimmstengel an. «Bruder Gardien hat uns aufgetragen, uns der Sache anzunehmen. Dies ist das Ergebnis unserer Überlegungen.» Er klopfte mit dem verchromten Feuerzeug auf die Weltkarte. Mehrere Orte waren mit rotem Filzstift eingekreist, viele in Südamerika. Andere Markierungen galten den Bahamas, Gibraltar und einer Inselgruppe vor der französischen Küste. «Mit dem Zirkel der Zwölf allein kommen wir nicht weiter. Der Zirkel muss Helfer außerhalb des Vatikans haben, das hat das Attentat gezeigt. Wir halten es für mehr als wahrscheinlich, dass es tatsächlich eine Verbindung zwischen dem Zirkel und Totus Tuus gibt. Elena Vida hat seit Jahren über den Geheimorden recherchiert. Grund genug, sie zu kidnappen.»

    «Ganz Ihrer Meinung», sagte Alexander. «Ich denke, Ihre Erkenntnisse über diese Verbindung sind nicht neu. Was sonst könnte Sie, Signor Solbelli, bewogen haben, sich für Ordensaussteiger wie Elena zu engagieren?»
    «Ihr Scharfsinn lässt mich erblassen», erwiderte Solbelli mit einem dünnen Lächeln.
    Alexander tippte mit dem Zeigefinger auf einige der roten Punkte. «Dies sind also die Stützpunkte des Ordens.»
    «Die wichtigsten, von denen wir wissen», bestätigte Donati.
    «Dass Totus Tuus in Südamerika stark vertreten ist, kann ich mir vorstellen», meinte

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