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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
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Brecqhou sitzt, kann tun, was immer er will», sekundierte Donati.
    «Dann bin ich umso mehr davon überzeugt, dass ich ihn dort finde», sagte Alexander mit finsterem Blick auf die Karte.
    «Sie sprechen wohl von Ihrem Vater.» Solbelli rückte seine Brille zurecht und musterte den Schweizer. «Wollten Sie nicht Elena suchen?»
    «Auf Brecqhou finde ich beide, das spüre ich. Ich muss nur auf die Insel gelangen.»
    «Sie könnten Hilfe gebrauchen», stellte Donati fest. «Zurzeit benötigen wir hier in Rom leider jeden Mann und jede Frau. An Geld und Ausrüstung soll es Ihnen nicht mangeln, aber für einen allein ist die Sache riskant.»
    «Machen Sie sich keine Sorgen, Commissario. Ich weiß schon, wer mir helfen wird.»

    Mitten am Nachmittag war die Gegend ausgestorben wie in tiefster Nacht. Der hoch gewachsene Mann mit dem kurz geschnittenen rotblonden Haar sah sich suchend um, nachdem er aus seinem Honda gestiegen war. Der Wagen stand in einer Straße, die eher zu einem Abbruchviertel als zu einem Wohngebiet gehörte. Der Honda hatte schon ein paar Jahre auf dem Buckel, und der schilfgrüne Lack war stumpf geworden, aber neben den zerbeulten Kisten, die da am Straßenrand standen, wirkte er wie eine Nobelkarosse.
    Die Häuser waren noch älter und verrotteter als die Autos.
    Heillos ineinander verschachtelt, schienen sie eher organisch gewachsen als planvoll erbaut. Hier ging ein Dach nahtlos auf ein anderes Gebäude über, da spross ein ganz und gar unpassender Anbau aus einer Wand, und dort war, ebenso nachträglich wie unverträglich im Baustil, ein weiteres Geschoss auf ein Flachdach gesetzt worden. Etliche scheibenlose Fenster blinzelten müde aus abgasgeschwärzten, mit Graffiti besprühten Mauern. Das Ganze erweckte den Eindruck eines monströsen Tiers, das scheinbar träge schlief, in Wahrheit aber darauf lauerte, den Fremden zu verschlingen.
    Der Mann ging durch den Nieselregen und suchte vergeblich nach Hausnummern, von Namensschildern in den Eingängen ganz zu schweigen. Wie die Post sich hier zurechtfand, blieb ihm ein Rätsel. Aber wer hier wohnte, wartete nicht auf Rechnungen, konnte sie ohnehin nicht bezahlen, wollte vielleicht auch gar nicht gefunden werden. Umso unverständlicher war ihm, wieso der Mann, den er suchte, hier sein Domizil hatte. Wer immer konnte, machte einen großen Bogen um die Borgate, die trostlosen römischen Vorstädte. Die Siedlungen rund um das alte Rom hatten gar nicht so schnell wachsen können, wie Zuzügler aus den armen Landstrichen Italiens hereingeströmt waren. Die Menschen waren hier nicht reicher und nicht glücklicher geworden, nur abgestumpfter und hoffnungsloser.
    Auf einem Hinterhof kickte eine Gruppe Halbwüchsiger lustlos einen schlaffen Lederball hin und her. Erst als der Fremde ein paar Scheine in ihre schmuddeligen Hände wandern ließ, schenkten sie ihm Beachtung. Und einer kam mit, um ihm das Haus mit der Nummer 34 zu zeigen. Er konnte nur hoffen, dass die anderen ihnen nicht heimlich folgten, um ihm auch den Rest seines Geldes abzunehmen. Der dürre Sechzehnjährige mit dem verfilzten Haarschopf führte ihn tief in das Gewirr aus Hinterhöfen und Baracken, bis zu einer Treppe, die zu einer Kellerwohnung führte.
    «Hier ist’s», sagte der Wuschelkopf.
    «Im Keller?»
    «Der Rest vom Haus ist ’ne Ruine.»
    Und damit verschwand er im Eiltempo.
    Es gab keine Hausnummer, es gab kein Namensschild, es gab nicht mal eine Klingel. Der Rotblonde klopfte mehrmals laut und energisch. Er wollte sich schon etwas anderes überlegen, als die Tür plötzlich aufflog.
    Kräftige Hände packten ihn am rechten Arm, zerrten ihn herein und schleuderten ihn in eine Ecke. Er stolperte, riss einen Hantelständer um und ging zu Boden. Die Hanteln folgten ihm mit lautem Gepolter.
    Ein weitläufiger Raum drehte sich um ihn. Fenster schien es nicht zu geben. Unter der Decke brannten schmucklose Lampen.
    An den Wänden hingen großformatige, knallbunte Plakate alter Sandalenfilme: Charlton Heston in Ben Hur, Kirk Douglas in Spartacus, Richard Burton, Jean Simmons und Victor Mature in Das Gewand.
    Durchdringender Schweißgeruch verursachte ihm Übelkeit, und über ihm stand Victor Mature. Verschwitzt, ein dünnes Netz-Shirt über dem gewaltigen Brustkorb, die klobigen Fäuste zum Schlag erhoben. Nur mit einem schnellen Tritt gegen das Schienbein konnte er den Muskelprotz am Zuschlagen hindern.
    Der Koloss fiel auf eine seiner Hanteln und stöhnte vor Schmerz.
    Alexander zog

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