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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
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einheitlich in dunkle Overalls mit dem Totus-Tuus-Wappen gekleidet, war damit beschäftigt, die Mauern eines halbrunden Anbaus hochzuziehen. Als sie näher kamen, fiel Alexander auf, dass die schweigend und sich beinahe mechanisch bewegenden Arbeiter etwa zur Hälfte Frauen waren.
    Eine, die schweißgebadet eine Schubkarre mit Sand vor sich her schob, geriet ins Stolpern und kippte mitsamt ihrer Fracht um.
    Als sie vor dem ausgeschütteten Sandhaufen kniete, sah sie auf, und ihr – Elenas – Blick kreuzte sich mit dem Alexanders.
    Er lief zu ihr und half ihr beim Aufstehen. Seine Freude, sie zu sehen, wurde durch die Umstände dieser Begegnung erheblich getrübt. Er machte sich Sorgen um Elena. Ihre Wangen waren eingefallen, unter den Augen hatten sich dunkle Ringe eingegraben.
    Ihre Hände, die von der ungewohnten Arbeit rau und schwielig waren, in den seinen haltend, rief er: «Elena, was zur Hölle tust du hier?»
    «Das siehst du doch, ich arbeite.»
    «Was arbeitest du?»

    «Wir bauen ein neues Lagerhaus.»
    Alexander begriff das alles nicht. Er hätte nicht sagen können, in welcher Lage er Elena vorzufinden erwartet hatte. Bestimmt nicht als Heldin der Bauarbeit. Sie kam ihm vor wie eine Fremde, als stünde sie unter Drogen. Aber das schien es nicht zu sein. Ihre Pupillen waren nicht geweitet, ihr Blick war nicht getrübt. Gleichwohl konnte sie nicht Herrin ihrer selbst sein. Sie stand unter dem beherrschenden Einfluss von Totus Tuus.
    Um sie aus ihrer inneren Erstarrung zu reißen, sagte er:
    «Spartaco ist tot! Die Männer von Totus Tuus haben ihn letzte Nacht erschossen.»
    «Das ist bedauerlich», erwiderte sie mit der gefühllosen Stimme eines Roboters.
    «Bedauerlich?», brüllte er und schüttelte sie. «Mehr hast du nicht dazu zu sagen, Elena? Er war dein Freund. Wir sind hergekommen, um dir zu helfen!»
    «Das hättet ihr nicht tun sollen, es war überflüssig. Ich bekomme hier jede Hilfe, die ich benötige.» Ihr Mund verzog sich zu einem Lächeln, das zu ihrem starren Blick in krassem Widerspruch stand. «Ich muss jetzt weiterarbeiten.»
    Sie streifte seine Hände ab, richtete die Schubkarre auf und holte sich eine Schaufel, um den verschütteten Sand wieder einzuladen.
    Alexander wandte sich an seinen Vater. «Was hast du mit ihr gemacht? Die Arbeit ist viel zu schwer für sie und die anderen Frauen!»
    «Mit der Zeit gewöhnen sie sich daran. Die Frauen und Männer, die du hier siehst, haben sich gegen Gott und gegen ihren Orden versündigt. Die harte Arbeit ist ein Teil ihrer Buße.
    Indem sie ihren Körper stählen, läutern sie auch ihren Geist.
    Und sie schaffen etwas, auf das sie mit Stolz blicken können. Es ist eine gute Sache für sie, hier zu arbeiten.»

    «Eine gute Sache, sagst du?» Ungläubig schüttelte Alexander den Kopf. «Für mich ist das ein Straflager, Teil einer Gehirnwäsche. Was kann daran gut sein?»
    «Es bringt die Menschen auf den richtigen Weg», antwortete Markus Rosin unbeirrt.
    Alexander fragte sich, ob sein Vater durch die Untreue Isabelles zu der Überzeugung gelangt war, dass die Menschen eine harte, führende Hand benötigten. Seine Hand. Im Weltbild von Totus Tuus, dem Weltbild der konservativen Kirche, hatte er bestätigt gefunden, dass die Menschen mit Strenge geführt werden mussten. Geführt und entmündigt.
    Markus Rosins Selbstsicherheit war eine starke Waffe, aber nicht die stärkste, wenn es darum ging, seinen Sohn zu überzeugen. Das erkannte Alexander, als er allein in seinem Zimmer saß und über die verwirrende Begegnung nachdachte.
    Papst Custos und die Auserwählten vertraten ihre Sicht der Dinge nicht weniger überzeugt und überzeugend. Was ihn, Alexander, schwankend gemacht hatte, waren weder die Argumente noch die Überzeugungskraft Markus Rosins, es war schlicht und einfach der Umstand, dass der General von Totus Tuus sein Vater war.
    Er hatte das Treffen des Zirkels belauscht und gemeint, er könnte den längst Totgeglaubten noch einmal töten, sei es physisch, durch körperliche Gewalt, sei es in der eigenen wunden Seele – durch die Erkenntnis, dass Markus Rosin an seinem Sohn nichts gelegen war. Auge in Auge mit seinem Vater hatte er erfahren, dass die Stimme des Blutes stärker sein konnte als die Einflüsterungen verletzter Gefühle.
    Jetzt hatte er Gelegenheit, sich dem Vater zu beweisen, konnte er der Sohn und Mann sein, den Markus Rosin immer an seiner Seite hatte haben wollen. Hatte das Haupt der Zwölf den anderen Mitgliedern

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