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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
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des Zirkels nicht seinen Unmut über den Anschlag auf Alexanders Leben bekundet? Und hatte sein Vater in ihrem Gespräch nicht abermals zu erkennen gegeben, dass er in ihm gern seinen Nachfolger sähe? Warum sonst hätte Markus Rosin sich gewünscht, ihn zum geeigneten Zeitpunkt mit der Wahren Ähnlichkeit Christi vertraut zu machen?
    Nachfolger seines Vaters, Haupt der Zwölf, vielleicht sogar General von Totus Tuus! Dieser Gedanke beschäftigte Alexander, ließ ihn ruhelos in dem Zimmer umherwandern, in das er am Morgen gebracht worden war, um sich umzuziehen.
    Nach der Begegnung mit Elena, die für ihn nicht minder verwirrend gewesen war als das Zusammentreffen mit seinem Vater, hatten zwei Wächter ihn zurückgeführt. Sein Vater hatte angekündigt, dass sie sich zum Abendessen sehen würden. Die Wächter hatten die Tür von außen verschlossen. Das Fenster war nicht vergittert, bot aber trotzdem keine Fluchtmöglichkeit.
    Die Mauer war zum Hinabklettern viel zu glatt. Zudem lag unter dem Fenster der Schlosshof. Selbst wenn Alexander ihn erreicht hätte, wäre er noch ein Gefangener gewesen.
    Außerdem wollte er gar nicht fliehen, nicht ohne Elena. Und nicht, ohne sicher zu sein, wer Recht hatte, sein Vater oder Papst Custos.
    Es gab einen kleinen Kühlschrank, der mit Getränken gefüllt war. Vermutlich wohnten in Zimmern wie diesem während der Totus-Tuus-Konferenzen, die sein Vater erwähnt hatte, hohe Tiere. Am Nachmittag brachten die Wachen ihm ein Tablett mit Sandwiches, was nach dem ausgiebigen Frühstück vollauf genügte. Anders als am Vormittag brachte er kaum einen Bissen hinunter, er war viel zu sehr in Gedanken versunken. Bevor er seinen Vater wiedersah, musste er sich darüber klar werden, auf welcher Seite er selbst stand. Nur so konnte er zu einer Entscheidung gelangen, für sich und für Elena.

25
    Mittwoch, 20. Mai, abends
    «Nun, Alexander, hast du dich ausgeruht? Haben sich deine Verwirrung und deine Erschöpfung etwas gelegt?»
    Markus Rosin erwartete seinen Sohn in dem Salon, in dem Alexander gefrühstückt hatte. Die Abenddämmerung hatte eingesetzt, und das elektrische Licht eines ausladenden Kronleuchters verstärkte das schwindende Tageslicht. Die Tafel, an die Alexander sich setzte, war für zwei Personen gedeckt.
    Wie es aussah, lebte der General von Totus Tuus nicht gerade asketisch.
    «Zum Ausruhen war keine Zeit», versetzte Alexander knapp.
    «Ich habe noch eine Menge Fragen an dich.»
    «Wir haben Zeit, alle Fragen zu klären. Ah, da kommt die Suppe!»
    Eine Frau in den Vierzigern servierte ihnen eine dampfende Fischsuppe.
    Während sein Vater sich gleich darüber hermachte, ließ Alexander den Löffel liegen und fragte: «Du sagtest heute Morgen, du hättest mich hier erwartet. Wieso?»
    «Wir hatten dein Boot schon lange entdeckt. Doppler-Radar.
    Nachts überwachen wir damit das Meer und die Westküste von Sark. Ein sehr effizientes System zur Ortung beweglicher Objekte. Der Empfänger ist so eingerichtet, dass er die Signale, die mit der Aussendefrequenz zurückkehren, ignoriert und sich auf jene konzentriert, die mit höherer oder niedrigerer Frequenz reflektiert werden. Die Frequenz ändert sich, wenn die ausgesandten Signale auf sich bewegende Objekte treffen und
    …»
    «Ich weiß ganz gut, wie Doppler-Radar funktioniert», unterbrach Alexander ihn. «Du vergisst, dass ich bei der Armee in einer Fernmeldeeinheit war, elektronische Aufklärung. Nein, ich habe etwas anderes gemeint. Du hast gesagt, du hättest mich schon seit Tagen erwartet. Hast du Elena nur entführen lassen, um mich herzulocken?»
    «Auch deshalb ist sie hier, ja. Es hat sich einfach ergeben.
    Sandro wusste, dass sie mit dir zusammenarbeitet. Uns war schon seit einiger Zeit klar, dass die Journalistin Elena Vida hinter uns herschnüffelt und dass sie identisch ist mit der geflohenen Denunziantin Paolina Orfei. Sandro hielt es für eine gute Gelegenheit, mehr aus ihr herauszubekommen.»
    «Ich nehme an, Sandro ist die Killermaschine mit der Kerbe im Kinn.»
    Markus Rosin nickte nur knapp, während er Weißwein in ihre Gläser füllte. «Wir haben frischen Fisch als Hauptgang.»
    «Und was willst du von mir?»
    «Das muss dir doch klar sein, Alexander. Es ist an dir, die Tradition der Rosins fortzuführen. Auch du kannst an die Spitze aufrücken.»
    «An welche, die des Zirkels der Zwölf, die von Totus Tuus?
    Oder an beide, so wie du?»
    Markus Rosin gab der Bedienung ein paar halblaute Anweisungen für

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