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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
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aber lag lange wach und fand erst in den Schlaf, als ich die beiden Faktoren aus meinen Gedanken verscheuchte und durch das schöne Antlitz der Kurtisane Caterina Coscia ersetzte.
    Die Nachtruhe währte nur kurz. Die Morgensonne warf einen ersten blassen Schimmer über die Dächer Roms, als ein junger Diener uns weckte. Ich wähnte mich noch im Zwischenreich von Traumwelt und Wirklichkeit, erinnerte sein Gesicht mich doch überdeutlich an das der Kurtisane. Erst auf den zweiten Blick erkannte ich, dass tatsächlich die Geliebte des Kaufmanns Giacomo Felisatti vor uns stand. Sie hatte ihren wundervoll geformten Leib in die Kleider eines Mannes gezwängt und ihren schwarzen Haarschopf unter einer Wollmütze verborgen. «Was soll der Aufzug?», fragte ich. «Ich kann mir kaum denken, dass in der ganzen Faktorei keine Weiberkleidung zu finden ist.»
    «Ich will nicht auffallen, wenn wir das Haus verlassen.»
    «Ihr müsst das Haus nicht verlassen», erwiderte ich. «Ich werde mit dem Herrn Muelich sprechen und Euch seinem Schutz empfehlen, bis die verdammten Plünderer Rom verlassen.»
    Ein Schatten huschte über Caterinas Gesicht. «Nichts hält mich mehr in Rom. Wohin soll ich gehen? Wem soll ich vertrauen? In Eurer Obhut fühle ich mich sicherer.»
    «Ihr täuscht Euch. Meister Cellini und ich befinden uns auf einer gefährlichen Mission. Außerdem wisst Ihr nicht, wohin es geht und was uns dort erwartet.»
    «Und sie darf es auch nicht erfahren», rief Cellini, der sich in seinem Bett aufrichtete. «Wir haben ihr schon mehr als genug geholfen.»
    Ich bemerkte, wie das schöne Antlitz sich noch mehr verdüsterte. Das gefiel mir ebenso wenig wie der Umstand, dass Cellini ihr und mir etwas befehlen wollte. Außerdem fühlte ich mich in Caterinas Gesellschaft recht wohl und würde sie, obgleich ich sie erst seit wenigen Stunden kannte, sehr vermissen.
    Aus all diesen Gründen sagte ich: «Sie kommt mit uns!»
    «Ihr seid wohl toll!», brüllte Cellini, und seine Hand fuhr zum Griff des Schwertes, das er mit ins Bett genommen hatte.
    Ich fürchtete den Streit mit ihm keineswegs, war aber der Ansicht, dass ein Zwist unserer Sache nicht dienlich sein konnte.
    Deshalb versuchte ich es mit einer List. «Denkt doch mal in Ruhe nach», sagte ich. «Wenn die Signorina hier zurückbleibt, wissen wir nicht, wem sie etwas über uns und unsere geheime Mission erzählt. Nur wenn wir sie mitnehmen, können wir sie überwachen.»
    «Einfacher wär’s, sie abzumurksen», meinte Cellini und fügte hinzu: «Ihr ganz allein seid für das Täubchen verantwortlich!»
    Ich lächelte zufrieden, denn das war mir nicht unlieb.

    Christoph Muelich empfing uns mit einem fürstlichen Frühmahl. Engelhard Schauer blieb der Tafel fern und ich vermisste ihn nicht. Muelich teilte uns mit, dass am Tiberhafen ein Schiff auf uns warte. Wir sollten uns als Fugger’sche Bedienstete ausgeben, die eine Fracht von Schätzen, welche die Plünderer gegen Wechsel eingetauscht hatten, zum Augsburger Stammhaus der Fugger zu begleiten hätten.
    Und so geschah es. Unangefochten gelangten wir auf das Schiff, und ungehindert fuhren wir unter der Flagge der Fugger den Tiber hinab, bis das weite Tyrrhenische Meer sich vor uns im Sonnenlicht ausbreitete. Ich dankte dem Herrn im Himmel für seine Gnade und dachte bei mir, dass der Jüngste Tag vielleicht doch nicht angebrochen sei.

7
    Donnerstag, 7. Mai
    Er stand Utz Rasser gegenüber und wartete auf den Angriff. Das Aufblitzen in Rassers Augen hatte ihm verraten, dass die Attacke unmittelbar bevorstand. Alexander versuchte, locker und gleichzeitig konzentriert zu bleiben, aber es wollte ihm nicht gelingen. Utz sprang vor und schlug die zur Faust geballte Rechte gegen Alexanders Hüfte. Alexander packte das kräftige Handgelenk, hielt es fest und zog den Gegner nach unten.
    Zugleich verlagerte er sein Gewicht auf das linke Bein und ließ das rechte vorschnellen, um Rasser den Fuß in den Leib zu rammen. Genau darauf schien dieser gewartet zu haben.
    Ruckartig befreite er seine Hand und packte, aus derselben Bewegung heraus, Alexanders Fuß. Er musste den Fuß nur noch verdrehen und schon verlor Alexander das Gleichgewicht. Er konnte sich gerade noch über die Schulter abrollen und empfand Dankbarkeit gegenüber den Matten, die den harten Boden bedeckten. Utz sprang auf ihn, gerade als er aufstehen wollte, und presste ihn zurück auf die Matte. Er hätte den Druck des linken Beins nur geringfügig erhöhen müssen, um

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