Der Engelsturm
Finger des Trolls, die das Messer hielten, nach oben. Die Klinge kam Binabiks schwitzendem Gesicht immer näher.
»Warum … tust … du …« Die Klaue des Mönchs schloss sich noch fester und schnitt dem kleinen Mann Luft und Wort ab. Hengfisks bleiche, schweißnasse Züge waren keinen Zoll von ihm entfernt; sie strahlten eine fiebrige Hitze aus.
Binabik krümmte den Rücken und versuchte den anderen abzuwerfen. Der Griff lockerte sich kurz und Binabik nutzte den Hauch von Freiheit, um sich vom Rand der Stufe abzustoßen, sodass sie beide die Stufen herabfielen und sich mehrfach überschlugen. Binabik lag oben, als ihr Sturz ein Ende fand. Er beugte sich vor und drückte mit seinem ganzen Gewicht gegen das Messer. Aber Hengfisk hielt es mit ausgestreckter Hand von ihm weg. Der Mönch war zwar dürr, aber fast doppelt so groß wie der Troll, und nur das seltsam Ruckartige seiner Bewegungen schien ihn an einem schnellen Sieg zu hindern.
Wieder suchten Hengfisks Finger den Hals des Trolls.
Mit aller Macht versuchte Binabik, die Hand mit dem Kinn wegzuschieben, aber der Griff des Mönchs war zu stark.
»Miriamel!«, keuchte Binabik. »Miriamel!« Aber niemand antwortete. Der Troll begann zu ersticken. Er rang nach Luft. Weder konnte er sein Messer näher an Hengfisks erbarmungslos grinsende Züge zwingen noch dessen Hand vom Hals streifen. Der Mönch hob die Knie und quetschte Binabiks Rippen zusammen, sodass der kleine Mann ihm nicht entwischen konnte.
Plötzlich drehte Binabik den Kopf und biss Hengfisk ins Handgelenk. Einen Augenblick umklammerten die Finger des anderen seinen Hals noch fester, dann zerteilten Binabiks Zähne Haut und Muskeln. Heißes Blut quoll ihm in den Mund und lief über sein Kinn.
Hengfisk schrie nicht auf – nicht einmal das Grinsen wurde schwächer –, aber er fuhr jäh herum und versuchte Binabik mit den Beinen zur Seite zu schleudern. Das Messer des Trolls glitt ihm aus der Hand und rutschte klappernd über den Boden, aber Binabik war viel zu sehr darauf konzentriert, nicht über den Rand der Stufen ins dunkle Bodenlose zu fallen, um darauf zu achten. Als er, die Hände flach auf den Steinen, liegen blieb, hingen seine Füße auf der anderen Seite des Geländers über dem Abgrund. Mit Händen und Knien zog er sich hoch und versuchte verzweifelt, sich sein Messer zu angeln.Es lag ganz dicht neben Hengfisk, der an der Wand hockte und den Troll mit seinen vorquellenden Augen anstierte. Von seiner Hand tropfte es rot auf die Treppe.
Er grinste nicht mehr.
»Vad …?« Hengfisks Stimme war ein hohles Krächzen. Er schaute sich um, als wisse er auf einmal nicht mehr, wo er war. Als er endlich den Blick auf Binabik richtete, lag darin Verwirrung und Grauen.
»Warum greifst du mich an?«, ächzte der Troll. Blut verschmierte sein Kinn und die Wangen. Er konnte kaum sprechen. »Wir hatten keine Freundschaft … aber …« Ein Hustenanfall erstickte die Worte.
»Troll?« Hengfisks Gesicht, vor kurzem noch schadenfroh verzerrt, war schlaff geworden. »Was …? Schrecklich, so schrecklich!«
Staunend starrte Binabik ihn an.
»Ich kann nicht …« Der Mönch schien vor Kummer ganz außer sich. Er wirkte völlig verstört. »Ich kann nicht … o barmherziger Gott, Troll, es ist so kalt!«
»Was ist dir zugestoßen?« Binabik schob sich ein Stückchen näher, ein wachsames Auge auf seinen Dolch gerichtet, der noch immer gleich neben Hengfisks Hand lag. Der Mönch schien die Waffe gar nicht zu bemerken.
»Ich kann es nicht erzählen. Ich kann nicht davon sprechen.« Er brach in Tränen aus. »Sie haben mich … besetzt … mich verdrängt … wie konnte mein Gott so grausam sein?«
»Sag mir, ob es etwas Helfendes gibt, das ich tun kann?«
Der Mönch glotzte ihn an, und für eine kurze Sekunde flackerte etwas wie Hoffnung in den hervortretenden, rotgeränderten Augen auf. Dann wurde sein Rücken steif, und der Kopf ruckte nach hinten, als hätte ihm jemand ein Messer in den Rücken gestoßen. Er schrie vor Schmerz.
»Hengfisk!« Binabik riss die Hände hoch, als wollte er abwehren, was den Mönch überfallen hatte.
Hengfisk begann zu zucken, die Arme gerade von sich gestreckt, die Glieder wie im Schüttelfrost.
»Nicht!«, schrie er. »Nein!«
Für einen Augenblick sah es aus, als könnte er sich bezwingen, aber als er Binabik wieder ansah, begann sich sein abgemagertes Gesicht zu verformen, als ringelten sich Schlangen unter dem Fleisch. »Sie sind falsch, Troll.«
Die Worte kamen
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