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Der Engelsturm

Der Engelsturm

Titel: Der Engelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Schwertern.«
    Soweit sie wusste, befand sie sich mittlerweile mehrere Tage bei den Unterirdischen. In der Felsenfeste unter dem Hochhorst ließ sich die Zeit schwer bestimmen. Die scheuen Erdbewohner hatten sie weiterhin gut behandelt, lehnten es jedoch nach wie vor ab, sie gehen zu lassen. Miriamel hatte argumentiert, gebettelt, sogar eine ganze Stunde lang getobt, ihre Freiheit verlangt, gedroht und geflucht. Als ihr Zorn erschöpft war, hatten die Unterirdischen traurig miteinander getuschelt. Sie schienen über ihre Wut so entsetztund verstört, dass sie sich fast schämte, aber ihre Verlegenheit verflog so schnell wie ihr Zorn.
    Schließlich habe ich nicht darum gebeten, hierhergebracht zu werden. Sie sagen, sie hätten gute Gründe – dann sollen ihre Gründe auch dafür sorgen, dass sie damit klarkommen. Meine Aufgabe ist es nicht.
    Tatsächlich glaubte sie, dass es diese Gründe gab, auch wenn sie sich damit noch nicht abgefunden hatte. Die Unterirdischen schliefen offenbar, wenn überhaupt, nur selten, und immer nur ein paar von ihnen verließen gleichzeitig die Höhle. Aber ob sie ihr nun die ganze Wahrheit sagten oder nicht, sie zweifelte nicht daran, dass es dort draußen etwas gab, vor dem die schmalen, großäugigen Wesen entsetzliche Angst hatten.
     
    »Die Schwerter«, sagte Yis-fidri. »Nun gut. Ich will versuchen, es besser zu erklären. Du hast gesehen, dass wir den Pfeil erkannten, obwohl er nicht von uns gemacht ist?«
    »Ja.« Sie hatten jedenfalls gewusst, dass irgendetwas Wichtiges in den Reisesäcken steckte, auch wenn sie sich diese Geschichte erst in dem Augenblick ausgedacht haben konnten, als ihnen der Pfeil auffiel.
    »Wir haben diesen Pfeil nicht hergestellt, aber der, der ihn schuf, hat bei uns gelernt. Die drei Großen Schwerter dagegen sind unser Werk, und zwischen ihnen und uns besteht ein Band.«
    »Ihr habt die drei Schwerter geschmiedet?« Das war es, was sie verwirrt hatte. Es passte nicht zu dem, was man ihr früher erzählt hatte. »Ich weiß, dass euer Volk für König Elvrit von Rimmersgard Minneyar fertigte – nicht aber, dass auch die beiden anderen von euch stammen. Jarnauga hat gesagt, Ineluki selbst habe das Schwert Leid geschmiedet.«
    »Sprich seinen Namen nicht aus!« Mehrere von den anderen Unterirdischen hatten aufgeblickt und unruhig gemurmelt. Yis-fidri gab ihnen erst Antwort und wandte sich dann wieder an Miriamel. »Sprich seinen Namen nicht aus. Seit Jahrhunderten war er uns nicht mehr so nah. Errege seine Aufmerksamkeit nicht!«
    Es ist wie in einer ganzen Höhle voller Strangyeards, dachte Miriamel. Sie scheinen vor allem Angst zu haben. Allerdings hatte Binabik fast dasselbegesagt. »In Ordnung. Ich werde … seinen Namen … nicht mehr nennen. Aber eure Geschichte ist nicht die, die ich kenne. Ein gelehrter Mann hat gesagt, er … der, den ihr meint … hätte es in den Schmieden von Asu’a selbst geschaffen.«
    Der Unterirdische seufzte. »So war es auch. Aber wir waren in der Schmiede von Asu’a, zumindest einige der Unseren waren es … solche, die nicht vor unseren Zida’ya-Herren geflohen waren. Aber auch sie blieben Kinder des Seefahrers, uns ähnlich, wie zwei Erzklumpen aus derselben Ader einander ähnlich sind. Als die Burg unterging, starben sie alle.« Yis-fidri sang ein kurzes Klagelied in der Unterirdischen-Sprache, und seine Frau Yis-hadra fiel ein. »Er benutzte den Hammer-der-formt dazu – unseren Hammer – und die Worte der Erschaffung, die wir ihn lehrten. Genauso gut hätte es die Hand unseres eigenen Meisterschmieds sein können, die das Schwert schuf. In jenem furchtbaren Augenblick fühlten wir, wo immer wir auch waren, verstreut auf der ganzen Welt, das Werden von Leid. Dieser Schmerz hat uns nie wieder verlassen.« Er verstummte und blieb lange Zeit still. »Dass die Zida’ya das zuließen«, sagte er dann, »ist einer der Gründe, weshalb wir uns von ihnen abgewandt haben. Diese eine Tat hat uns so viel Schaden zugefügt, dass wir danach nie wieder die Alten geworden sind.«
    »Und Dorn?«
    Yis-fidri nickte mit dem schweren Kopf. »Die Menschenschmiede von Nabban versuchten, den Sternstein zu bearbeiten. Es gelang ihnen nicht. Einige der Unseren wurden ausgewählt und im Geheimen in den Palast des Imperators gebracht. Die meisten Menschen hielten sie nur für die seltsamen Leute, die die Meere beobachten und die Schiffe beschützen, aber einige wenige wussten, dass das alte Wissen vom Erschaffen und Gestalten auch ihnen

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