Der Engländer
Regierung.«
»Und welche Sache ist das?«
»Der Tod Ihres Vaters.«
»Und wieso interessiert die israelische Regierung sich für den Tod meines Vaters?«
»Weil ich seine Leiche gefunden habe.«
»Die Züricher Kriminalbeamten haben gesagt, mein Vater sei von einem Restaurator aufgefunden worden, der gekommen sei, um den Raffael zu reinigen.«
»Das stimmt.«
»Sie sind dieser Restaurator?«
»Ja.«
»Und Sie arbeiten für die israelische Regierung?«
»In dieser Sache.«
Gabriel konnte sehen, wie sie sich anstrengte, seine Mitteilungen einzuordnen.
»Entschuldigen Sie, Mr. Allon, aber hinter mir liegt eine fünfstündige Übungsperiode. Ich fürchte, mein Verstand ist nicht so wach, wie er sein sollte. Vielleicht fangen Sie am besten ganz von vorn an.«
Gabriel erzählte ihr die Geschichte, die er in Zürich von Schamron gehört hatte. Daß ihr Vater sich an die israelische Regierung gewandt und um ein geheimes Treffen gebeten hatte.
Daß er für seinen Gesprächswunsch keinen konkreten Grund genannt hatte. Daß Gabriel nach Zürich entsandt worden war, um mit ihm zu sprechen, und ihn bei seiner Ankunft tot aufgefunden hatte. Anna Rolfe hörte ihm mit ausdrucksloser Miene zu, während ihre rechte Hand mit ihrem Haar spielte.
»Und was wollen Sie von mir, Mr. Allon?« fragte sie, als Gabriel fertig war.
»Ich möchte wissen, ob Sie eine Ahnung haben, weshalb Ihr Vater sich mit uns treffen wollte.«
»Mein Vater war Bankier, Mr. Allon - ein Schweizer Bankier.
In seinem privaten und beruflichen Leben hat es vieles gegeben, an dem er mich nicht hat teilhaben lassen. Wenn Sie die Zeitungsberichte gelesen haben, wissen Sie, daß wir kein besonders enges Verhältnis zueinander hatten, und er hat mit mir nie über berufliche Dinge ge sprochen.«
»Wirklich niemals?«
Sie ignorierte das und fragte: »Wer ist ›uns‹?«
»Wie meinen Sie das?«
»Sie haben gesagt, mein Vater habe sich mit ›uns‹ treffen wollen. Wer ist ›uns‹? Für wen arbeiten Sie?«
»Ich arbeite für eine kleine Organisation, die dem Verteidigungsministerium untersteht.«
»Dem Verteidigungsministerium?«
»Ja.«
»Dann sind Sie also ein Spion?«
»Nein, ich bin kein Spion.«
»Haben Sie meinen Vater ermordet?«
»Miss Rolfe, bitte. Ich bin hier, um Sie um Ihre Hilfe zu bitten, nicht um Spielchen zu spielen.«
»Protokollführer, halten Sie fest, daß der Angeklagte die Antwort auf diese Frage verweigert hat.«
»Ich habe Ihren Vater nicht ermordet, aber ich will seinen Mörder finden. Und wenn ich wüßte, warum er sich mit uns treffen wollte, könnte mir das weiterhelfen.«
Anna wandte ihr Gesicht dem Meer zu. »Sie glauben also, er
sei wegen etwas ermordet worden, das er Ihnen hätte erzählen können?«
»Das scheint der Fall zu sein.« Gabriel ließ eine kurze Pause entstehen. Dann fragte er: »Wissen Sie, warum Ihr Vater mit uns reden wollte?«
»Ich kann's mir denken, glaube ich.«
»Wollen Sie's mir sagen?«
»Kommt darauf an.«
»Worauf?«
»Ob ich mich dafür entscheide, Sie und die israelische Regierung in den Privatangelegenheiten meiner Familie herumschnüffeln zu lassen.«
»Ich kann Ihnen versichern, daß wir die Angelegenheit mit äußerster Diskretion behandeln werden.«
»Sie reden genau wie ein Schweizer Bankier, Mr. Allon - aber Sie sind vermutlich auch nicht viel anders.« Die grünen Augen blieben auf ihn gerichtet, verrieten aber nichts über ihre Absichten. »Ich brauche etwas Zeit, um über Ihren Vorschlag nachzudenken.«
»Das verstehe ich.«
»Unten am Dorfplatz gibt es ein Café. Der Besitzer ist ein Mann namens Manuel. Im ersten Stock hat er ein Gästezimmer.
Es ist nichts Besonderes, aber für eine Nacht sind Sie dort gut untergebracht. Meine Entscheidung teile ich Ihnen morgen früh mit.«
10 - STUTTGART - ZÜRICH
Am frühen Nachmittag des nächsten Tages fuhren sie zum Lissabonner Flughafen. Anna Rolfe bestand darauf, erster Klasse zu fliegen. Gabriel, der nur Schamrons kümmerliches Spesenkonto zur Verfügung hatte, mußte sich mit der Economyklasse begnügen. Er folgte ihr durch den Flughafen Lissabon, um sich davon zu überzeugen, daß sie nicht beschattet wurde. Kurz vor dem Flugsteig hielt eine Frau ihr ein Stück Papier hin und bat sie atemlos um ein Autogramm. Anna gab es ihr lächelnd und ging an Bord der Maschine. Fünf Minuten später folgte Gabriel ihr. Als er an ihrem Fensterplatz vorbeikam, nahm sie gerade einen Schluck Champagner.
Gabriel stapfte nach
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