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Der Engländer

Der Engländer

Titel: Der Engländer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Namen; rechts hinter jedem Namen stand eine elfstellige Zahl. Gabriel las einige der Namen.
    Karl Meyer: 55 182965 131
    Manfred König: 94 862 84 6 894
    Josef Fritsch: 26834987462
     
    Er stieß die Durchschläge wieder zusammen und öffnete die Klappe. Als er die Papiere in den Umschlag schieben wollte, spürte er jedoch einen Widerstand in der unteren Ecke. Gabriel griff hinein und zog die Gegenstände heraus.
    Er hielt zwei Schwarzweißphotos in der Hand.
    Gabriel sah sich das erste Bild an. Augustus Rolfe, jung, gutaussehend, reich, saß in einem Restaurant. Nach den Flaschen auf dem Tisch zu urteilen, war ziemlich viel Wein getrunken worden. Neben ihm saß ein feister, dekadent wirkender Mann in Zivil mit Schmissen im Gesicht. Gabriel erkannte ihn nicht.
    Er wandte seine Aufmerksamkeit dem zweiten Photo zu. Es zeigte die Terrasse eines Hauses in den Alpen - Rolfe stand von zwei Männern in Uniform flankiert an der Terrassenbrüstung und bewunderte die herrliche Aussicht. Diese beiden Männer kannte Gabriel.
    Der eine war Heinrich Himmler. Der andere war Adolf Hitler, der Besitzer des Berghofs.
    Gabriel steckte die Photos und alle Schriftstücke in den Umschlag zurück. Der DIN-A4-Umschlag war zu groß, als daß er ihn hätte einstecken können, deshalb schob er ihn vorn in seinen Hosenbund und zog den Reißverschluß seiner Lederjacke darüber zu. Er sah sich den Schreibtisch an. Daß die Schublade zersplittert war, ließ sich nicht ändern, aber er stieß die Trümmer wenigstens mit der Stiefelspitze in den Fußraum und tarnte sie mit Rolfes Drehsessel. Die Beretta lag noch auf der Schreibunterlage. Er steckte sie ein und machte sich auf den Rückweg.
    Er orientierte sich mit dem dünnen Lichtstrahl der Stablampe.
    Dabei hatte er wieder das Gefühl, den Raum in Sektionen zu erleben, deren Reihenfolge diesmal jedoch umgekehrt war. Jede Bewegung der kleinen Lampe brachte ihm neue Informationen: der geschnitzte Schreibtisch aus Eiche, die Sessel aus dem achtzehnten Jahrhundert, ein niedriges Ledersofa…
    Ein Mann, der auf der Schwelle stand und mit einer Pistole auf Gabriels Herz zielte.

25 - ZÜRICH
    Gabriel warf mit der Stablampe nach dem Mann, zog seine Beretta und ließ sich zu Boden fallen. Der Mann an der Tür schoß. Er benützte eine Pistole mit Schalldämpfer, aber das Mündungsfeuer war in der Dunkelheit deutlich zu sehen. Der Schuß ging über Gabriels Kopf hinweg und ließ das Fenster hinter Rolfes Schreibtisch zersplittern. Bevor der Mann erneut abdrücken konnte, richtete Gabriel sich auf einem Knie auf und schoß mehrmals in Richtung Mündungsfeuer. Seine Geschosse fanden ihr Ziel - das wußte er, weil er hören konnte, wie sie Fleisch durchschlugen und Knochen zertrümmerten. Er sprang auf, rannte los und schoß dabei weiter, wie er es in der Ausbildung gelernt hatte. Wie er es schon so oft gemacht hatte.
    Als er über dem Mann stand, beugte er sich hinunter, setzte ihm die Mündung ans Ohr und drückte noch einmal ab.
    Der Körper unter ihm zuckte, dann wurde er still.
    Gabriel leuchtete ihn mit der Stablampe ab: Flanellhose, Blazer, Trenchcoat mit Gürtel. Er durchsuchte seine Taschen.
    Keine Geldbörse, keine Schlüssel, kein loses Kleingeld. In der Nähe des Toten lag eine 9mm-Glock. Gabriel hob sie auf, steckte sie in seine Jacke und trat auf den Flur hinaus. Neben der Treppe lag ein Erker mit hohen Fenstern, die auf die Straße hinausführten. Gabriel sah nach unten und beobachtete zwei Männer, die auf die Haustür zustürmten. Er rannte über den Korridor zu den Fenstern, die auf den Park hinter der Villa hinausgingen. Unten stand ein weiterer Mann, breitbeinig, mit schußbereiter Pistole, der in ein Handfunkgerät sprach. Während Gabriel die geschwungene Marmortreppe hinunterlief, zog er das leere Magazin aus seiner Beretta und setzte das Reservemagazin ein. Er nahm die Route, auf der Anna ihn neulich in das unterirdische Gewölbe geführt hatte: durch das große Eßzimmer; durch die Küche; die Kellertreppe hinunter; durch den Weinkeller; in den Raum mit Gartengeräten.
    Zuletzt erreichte er eine Tür mit eingesetztem Sprossen-fenster, die in den Garten hinausführte. Gabriel öffnete sie einen Spalt breit und spähte hinaus. Der Mann mit der Pistole und dem Funkgerät patrouillierte auf der verschneiten Terrasse. Das andere Team war jetzt im Haus - Gabriel konnte das Getrampel der beiden Männer im Erdgeschoß über sich hören.
    Gabriel trat ins Freie und trabte über den Rasen

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