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Der entzauberte Regenbogen

Der entzauberte Regenbogen

Titel: Der entzauberte Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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1,5 Millionen Jahre verdoppelt. Aber anders als beim Moore-Gesetz und den Computern gibt es hier keinen besonderen Grund zu der Annahme, das menschliche Gehirn werde weiterhin anschwellen. Damit das geschieht, müssten Individuen mit großem Gehirn mehr Kinder haben als solche mit kleinerem, und so etwas ist heute nicht zu erkennen. Bei unseren Vorfahren muss es aber so gewesen sein, sonst wäre unser Gehirn nicht derart stark gewachsen. Und nebenbei bemerkt, muss die Größe des Gehirns bei unseren Vorfahren auch einer genetischen Steuerung unterlegen haben. Wäre es anders gewesen, hätte die natürliche Selektion nichts gehabt, worauf sie wirken konnte, und dann wäre das Gehirn in der Evolution nicht größer geworden. Aus irgendeinem Grund halten viele Menschen die Vorstellung, manche Personen seien aus genetischen Gründen klüger als andere, für einen politischen Fauxpas. Aber während der Evolution unseres Gehirns muss es so gewesen sein, und es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass sich die Tatsachen plötzlich aus Rücksicht auf politische Empfindlichkeiten ändern.
    Zur Entwicklung der Computer haben zahllose Einflüsse beigetragen, die uns beim Verständnis des Gehirns nicht weiterbringen. Ein wichtiger Schritt war beispielsweise der Übergang von der Elektronenröhre zum viel kleineren Transistor und dann die Aufsehen erregende, immer noch nicht beendete Miniaturisierung der Transistoren in integrierten Schaltkreisen. Diese Fortschritte sind für das Gehirn ohne Bedeutung, denn – es lohnt, diese Erkenntnis noch einmal zu wiederholen – das Gehirn funktioniert ohnehin nicht elektronisch. Ein anderer Aspekt in der Weiterentwicklung der Computer dürfte aber für das Gehirn durchaus wichtig sein. Ich möchte ihn selbstlaufende Koevolution nennen.
    Die Koevolution ist uns bereits begegnet. Der Begriff bezeichnet die gemeinsame Evolution verschiedener Lebewesen (beispielsweise im Rüstungswettlauf zwischen Räubern und Beute) oder verschiedener Teile desselben Lebewesens (diesen Sonderfall nennt man auch Koadaptation). Um ein weiteres Beispiel zu nennen: Manche kleinen Fliegen ahmen mit ihrem Aussehen eine Springspinne nach; unter anderem haben sie große Scheinaugen, die wie zwei Scheinwerfer nach vorn weisen und sich stark von den Komplexaugen unterscheiden, mit denen die Fliege in Wirklichkeit sieht. Echte Spinnen kommen für Fliegen dieser Größe als natürliche Feinde in Frage, aber sie werden durch die Ähnlichkeit der Fliegen mit einer anderen Spinne abgeschreckt. Um die Ähnlichkeit weiter zu verstärken, wedeln die Fliegen mit den Vorderbeinen, und das sieht ganz ähnlich aus wie die theatralischen Winksignale, mit denen Springspinnen ihre Paarungspartner anlocken. Die Gene der Fliege, die für die anatomische Ähnlichkeit mit den Spinnen sorgen, müssen sich in der Evolution gemeinsam mit anderen Genen entwickelt haben, die das Winkverhalten steuern. Eine solche gemeinsame Entwicklung nennt man Koadaptation.
    Als selbst laufend bezeichne ich einen Vorgang nach dem Motto: «Je mehr man hat, desto mehr bekommt man.» Ein gutes Beispiel ist eine Bombe. Die Atombombe funktioniert aufgrund einer so genannten Kettenreaktion, aber die Metapher der Kette ist eigentlich zu unbeweglich und vermittelt nicht, was sich wirklich abspielt. Wenn der instabile Uran-235-Kern zerfällt, wird Energie frei. Aus dem gespaltenen Kern schießen Neutronen, die einen anderen Kern treffen und ihn ebenfalls spalten könnten, aber in der Regel ist vorher alles zu Ende. Die meisten Neutronen verfehlen andere Atomkerne und rasen in den leeren Raum, ohne weitere Schäden anzurichten, denn obwohl Uran eines der dichtesten Metalle ist, besteht es «in Wirklichkeit» wie alle Materie vorwiegend aus leerem Raum. (Das virtuelle Metallmodell in unserem Gehirn wird mit der überzeugenden Illusion von Dichte und Festigkeit aufgebaut, weil das unter dem Gesichtspunkt unseres Überlebens die nützlichste innere Darstellung eines Feststoffes ist.) Nach ihren eigenen Größenmaßstäben sind die Atomkerne in einem Metall viel weiter voneinander entfernt als Mücken in einem Schwarm, und ein Teilchen, das von einem zerfallenden Kern ausgestoßen wird, schlägt höchstwahrscheinlich den geraden Weg aus dem Schwarm hinaus ein. Hat man aber die berühmte «kritische Masse» von Uran-235 zusammen, sodass ein typisches Neutron im Durchschnitt gerade auf einen anderen Atomkern trifft, bevor es das Metall verlässt, kommt eine Kettenreaktion

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