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Der entzauberte Regenbogen

Der entzauberte Regenbogen

Titel: Der entzauberte Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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Planeten selbst. Hier kommt uns wieder einmal die Entwirrung des Regenbogens zu Hilfe. Wenn ein Stern unter dem Einfluss eines kreisenden Planeten hin- und herschwingt, erreicht uns sein Licht rot verschoben, wenn er sich von uns entfernt, und blau verschoben, wenn er sich auf uns zu bewegt. Planeten geben sich zu erkennen, indem sie geringfügige, aber messbare Rot-Blau-Schwingungen des Lichtes verursachen, das von ihrem Zentralgestirn zu uns gelangt. Auf die gleiche Weise könnten die Bewohner eines entfernten Planeten auch den Jupiter nachweisen, indem sie die rhythmischen Schwankungen im Farbton der Sonne beobachten. Vermutlich ist Jupiter als einziger Planet unseres Sonnensystems so groß, dass man ihn mit dieser Methode entdecken könnte. Unsere bescheidene Erde dagegen ist so winzig, dass sie keine für Außerirdische erkennbaren Gravitationsschwankungen erzeugt.
    Sie könnten uns aber erkennen, wenn sie den Regenbogen der Radio- und Fernsehwellen entwirren, die wir seit ein paar Jahrzehnten in den Weltraum entsenden. Die wachsende, kugelförmige Blase der Schwingungen, die mittlerweile einen Durchmesser von über einem Lichtjahrhundert hat, umhüllt bereits eine beträchtliche Zahl von Sternen, die allerdings nur einen unbedeutenden Teil aller Gestirne des Universums darstellen. Carl Sagan stellt in seinem Roman Contact betrübt fest, zur Vorhut der Bilder, die das übrige Universum mit der Erde bekannt machen, werde Hitlers Rede zur Eröffnung der Olympischen Spiele 1936 in Berlin gehören. Bisher haben wir keine Antwort aufgefangen, keine wie auch immer geartete Botschaft einer fremden Welt.
    Unmittelbare Gründe für die Annahme, wir könnten Gesellschaft im Weltall haben, gab es nie. Die Vorstellung, das Universum strotze von Leben, und das Gegenteil, dass wir völlig allein sind, haben auf sehr unterschiedliche Weise gleichermaßen ihren Reiz. So oder so: Der Drang, mehr über das Universum zu erfahren, erscheint mir unwiderstehlich, und ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand mit echter poetischer Empfindsamkeit anderer Meinung ist. Es bereitet mir eine diebische Freude festzustellen, wie vieles von dem, was wir bisher entdeckt haben, sich unmittelbar aus der Entwirrung des Regenbogens ableitet. Und die poetische Schönheit dessen, was wir durch das Entwirren zutage gefördert haben, vom Wesen der Sterne bis zur Expansion des Universums, müsste auch die Phantasie eines Keats gefangen nehmen; es hätte Coleridge in wilde Träumereien versetzt; und Wordsworth’ Herz hätte gebebt wie nie zuvor. Der große indische Astrophysiker Subrahmanyan Chandrasekhar sagte 1975 in einem Vortrag:
     
    Dieses «Erschaudern vor dem Schönen», diese unglaubliche Tatsache, dass eine Entdeckung, deren Motiv die Suche nach dem Schönen in der Mathematik war, in der Natur ihre genaue Wiederholung findet, lässt mich mit voller Überzeugung sagen: Schönheit ist das, worauf die Seele des Menschen am heftigsten und tiefsten anspricht.
     
    Wie viel ehrlicher klingt das im Vergleich zu Keats’ bekannterem Ausdruck einer auf den ersten Blick ähnlichen Empfindung:
     
Schönheit ist Wahrheit, Wahrheit schön – soviel
Wißt ihr auf Erden, und dies Wissen reicht.
    «Ode auf eine griechische Urne» (1820)
     
    Keats und Lamb hätten ihre Gläser auf die Poesie, die Mathematik und die Poesie in der Mathematik erheben sollen. Wordsworth hätte keine Aufforderung gebraucht. Er ließ sich (wie Coleridge) von dem schottischen Dichter James Thomson inspirieren, und vielleicht fiel ihm Thomsons Gedicht «Sir Isaac Newton zum Gedenken» ein:
     
… Sogar das Licht, das jedes Ding zum Vorschein bringt,
Schien selber unentdeckt, bis sein noch hellerer Verstand
Das strahlende Gewand des Tages aufgezwirbelt;
Und, aus dem weißen einheitlichen Gleißen
Strahl um Strahl zu seinesgleichen bündelnd,
Entzücktem Aug der Elternfarben wunderbare Garbe
Vorgeführt. Als erstes sprang das Flammendrot
Herfür, gleich drauf das mildre Lohorange,
Danach das Köstlichgelb, an dessen Seite
Die Strahlen von erquickend sanftem Grün.
Als nächstes herbstlich weiten Äthers
Reines Blau, und dann, von traurigerem Ton,
Das tiefe Indigo, wie wenn des Abends
Schwerer Saum sich frostig niedersenkt;
Indes der letzte Schimmer von gebrochnem Licht
In immer blassrem Violett erstarb.
Sie alle leuchten, wenn der Tau sich aus den Wolken
Destilliert, klar aus dem dunstgen Bogen,
Der über uns sich voller Anmut rundet
und drunten auf den Feldern

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