Der entzauberte Regenbogen
entfernt ist, würden – wenn sie auf unserem Planeten überhaupt etwas erkennen – rot verschobene Dinosaurier sehen, die über rosa gefärbte Ebenen schlendern. Aber selbst wenn es andere Lebewesen im Universum gäbe und selbst wenn sie Augen hätten, wäre das Auflösungsvermögen ihrer leistungsfähigsten Teleskope wahrscheinlich nicht so groß, dass sie unseren Planeten sehen könnten, von seinen einzelnen Bewohnern ganz zu schweigen. Wir selbst haben außerhalb unseres Sonnensystems noch nie einen Planeten erblickt. Und selbst die Planeten, die um unsere eigene Sonne kreisen, haben wir erst in den letzten Jahrhunderten alle kennen gelernt. Neptun und Pluto leuchten so schwach, dass man sie mit bloßem Auge nicht erkennen kann. Wohin wir die Teleskope richten mussten, wussten wir nur aus Berechnungen, die sich auf winzige Abweichungen in der Umlaufbahn näher gelegener Planeten stützten. Im Jahr 1846 wunderten sich zwei mathematisch orientierte Astronomen – J. C. Adams in England und U. J. J. Leverrier in Frankreich – unabhängig voneinander darüber, dass die tatsächliche Position des Planeten Uranus von der theoretisch berechneten abwich. Beide rechneten aus, dass der Unterschied durch die Schwerkraft eines unsichtbaren Planeten verursacht werden konnte, der eine ganz bestimmte Masse hatte und sich an einem ganz bestimmten Ort befand. Daraufhin richtete der deutsche Astronom J. G. Galle sein Fernrohr in die richtige Richtung und entdeckte den Neptun. Pluto wurde auf die gleiche Weise gefunden, aber erst 1930; sein Entdecker war der amerikanische Astronom C. W. Tombaugh, der auf den (viel geringeren) Einfluss seiner Schwerkraft auf die Umlaufbahn des Neptun aufmerksam geworden war. John Keats hätte die Aufregung, die diese Astronomen empfanden, zu würdigen gewusst:
Wie einem Astronom erging’s mir da,
Schwimmt ihn ein neuer Stern im Fernrohr an;
Wie Cortez, als sein Adlerblick ganz nah
Auf den Pazifik fiel – und jeder Mann
Wild rätselnd ins Gesicht des Nachbarn sah –
Auf einem Pik Dariéns nur schweigend sann.
«Aufs erste Hineinschauen in Chapmans Homer» (1816)
Für diese Zeilen habe ich ein besonderes Faible, seit ein Verleger sie zitierte, nachdem er das Manuskript von Der blinde Uhrmacher gelesen hatte.
Gibt es denn nun Planeten, die andere Sterne umkreisen? Das ist eine wichtige Frage: Von der Antwort hängt es ab, ob wir Leben im Universum für möglich halten. Wenn nur ein einziger Stern im Weltall Planeten besitzt, muss es sich um unsere Sonne handeln, und dann sind wir ganz allein. Wenn das andere Extrem zutrifft und jeder Stern der Mittelpunkt eines Sonnensystems ist, übersteigt die Zahl der Planeten, die dem Leben zur Verfügung stehen, alle unsere Vorstellungen. Wie wahrscheinlich Leben auf jedem einzelnen davon ist, spielt fast keine Rolle: Sobald wir Planeten entdecken, die einen typischen Stern wie unsere Sonne umkreisen, fühlen wir uns mit gutem Grund weniger einsam.
Planeten sind ihrer Sonne so nahe und werden von ihrer Helligkeit so überstrahlt, dass wir sie mit unseren Teleskopen normalerweise nicht sehen können. Der wichtigste Grund, warum wir wissen, dass andere Sterne ebenfalls Planeten besitzen – eine Entdeckung, auf die wir bis in die neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts warten mussten –, sind wieder einmal Störungen der Umlaufbahn, nachgewiesen in diesem Fall durch die Doppler-Verschiebung farbigen Lichtes. Das Ganze funktioniert folgendermaßen: Wir stellen uns die Sonne als Zentrum vor, um das die Planeten kreisen. Aber wie wir seit Newton wissen, umkreisen zwei Körper sich in Wirklichkeit gegenseitig. Haben zwei Sterne eine ähnlich große Masse – man spricht dann auch von einem Doppelstern –, rotieren beide umeinander wie die Enden einer Hantel. Je unterschiedlicher ihre Masse ist, desto mehr scheint der leichtere um den schwereren zu kreisen, während dieser fast unbeweglich bleibt. Ist ein Körper sehr viel größer als der andere – wie beispielsweise die Sonne im Vergleich zum Jupiter –, wackelt der schwerere nur ein wenig, während der leichtere um ihn herumwieselt wie ein Terrier um sein Herrchen beim Spaziergang.
Dieses Wackeln von Sternen verrät, dass sie von ansonsten unsichtbaren Planeten umkreist werden. Auch das Wackeln selbst ist so schwach, dass man es nicht unmittelbar beobachten kann: Derart kleine Positionsveränderungen erfassen unsere Teleskope nicht – es gelingt noch weniger als das Erkennen der
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