Der entzauberte Regenbogen
will: Die meisten Menschen können mindestens eine Geschichte über ein solches unheimliches Zufallserlebnis erzählen. Oberflächlich betrachtet, spricht das gegen die Argumentation des Skeptikers, in der es um Geschichten aus der millionenköpfigen Leserschaft einer Zeitung und damit eine gewaltige Zahl von Gelegenheiten geht.
In Wirklichkeit wird die Argumentation dadurch nicht in Frage gestellt, und zwar aus folgendem Grund: Jeder von uns ist zwar eine einzelne Person, erlebt aber eine sehr große Population von Gelegenheiten für Zufälle. Jeder einzelne Tag, den ich oder jemand anderes durchlebt, ist eine ununterbrochene Folge von Ereignissen oder Vorfällen, und jeder davon kann ein Zufall sein. Gerade jetzt blicke ich auf ein Bild an der Wand; es zeigt einen Tiefseefisch mit faszinierend fremdartigem Gesicht. Möglicherweise wird im nächsten Augenblick das Telefon klingeln, und der Anrufer wird sich mit dem Namen Fisch vorstellen. Ich warte …
Das Telefon hat nicht geklingelt. Mir geht es um Folgendes: Was man auch in einer beliebigen Minute des Tages tut, wahrscheinlich gibt es immer irgendein anderes Ereignis – beispielsweise einen Telefonanruf –, das man rückblickend als unheimlichen Zufall bezeichnen würde, wenn es einträte. Und das Leben eines Menschen umfasst so viele Minuten, dass es verwunderlich wäre, wenn jemand noch nie einen verblüffenden Zufall erlebt hätte. In dieser Minute sind meine Erinnerungen zu einem alten Schulkameraden namens Haviland gewandert, den ich seit 45 Jahren nicht mehr gesehen oder eines Gedankens gewürdigt habe (ich erinnere mich weder an seinen Vornamen noch daran, wie er aussah). Würde in diesem Augenblick draußen ein von der Firma Haviland hergestelltes Flugzeug vorüberfliegen, könnte ich den seltsamen Zufall mit den Händen greifen. In Wirklichkeit muss ich berichten, dass kein solches Flugzeug aufgetaucht ist, aber mittlerweile habe ich meine Gedanken auch anderen Dingen zugewandt, und das schafft eine neue Gelegenheit für Zufälle. Die Möglichkeiten für dieses oder jenes zufällige Zusammentreffen setzen sich Tag für Tag fort. Aber die negativen Erlebnisse, die nicht eingetretenen Zufälle, bleiben unbemerkt und werden nie erwähnt.
Unser Hang, in zufälligem Zusammentreffen eine in Wirklichkeit nicht vorhandene Bedeutung und Gesetzmäßigkeit zu sehen, ist Teil einer allgemeineren Neigung, nach Mustern zu suchen. Diese Neigung ist lobenswert und nützlich. Viele Ereignisse und Eigenschaften in unserer Umwelt unterliegen tatsächlich einer nicht zufälligen Gesetzmäßigkeit, und solche Gesetzmäßigkeiten zu bemerken, ist für uns wie für alle Tiere nützlich. Die Schwierigkeit dabei: Wir müssen uns zwischen Skylla – scheinbare Muster zu sehen, wo keine sind – und Charybdis – Übersehen vorhandener Muster – hindurchlavieren. Die wissenschaftliche Statistik beschäftigt sich zu einem großen Teil nur damit, diesen schwierigen Kurs zu steuern. Aber schon lange bevor die statistischen Methoden in feste Regeln gegossen wurden, waren die Menschen und auch andere Tiere aus ihrer Intuition heraus ganz passable Statistiker. Dennoch kann man in beiden Richtungen sehr leicht Fehler machen.
Ich möchte einige echte statistische Zusammenhänge in der Natur nennen, die nicht ohne weiteres auf der Hand liegen und den Menschen nicht immer bekannt waren.
Echter Zusammenhang
Gründe, warum er schwer zu erkennen ist
Auf Geschlechtsverkehr folgt nach durchschnittlich 266 Tagen die Geburt.
Der genaue Zeitraum schwankt um den Mittelwert von 266 Tagen. In der Mehrzahl der Fälle führt Geschlechtsverkehr nicht zur Befruchtung. Vielfach findet der Geschlechtsverkehr ohnehin häufig statt; deshalb ist nicht ohne weiteres klar, dass die Empfängnis nicht auf andere, ebenfalls häufige Tätigkeiten zurückgeht, beispielsweise auf das Essen.
Die Befruchtung ist in der Mitte des weiblichen Zyklus relativ wahrscheinlich, rund um die Menstruation aber relativ unwahrscheinlich.
Siehe oben. Außerdem werden Frauen, die keine Menstruation haben, auch nicht schwanger. Dieser trügerische Zusammenhang legt selbst einem unbefangenen Betrachter das Gegenteil der Wahrheit nahe.
Rauchen verursacht Lungenkrebs.
Manche Menschen rauchen und bekommen keinen Lungenkrebs. Viele Menschen haben nie geraucht und bekommen Lungenkrebs
In Pestzeiten führt der Kontakt mit Ratten und insbesondere mit ihren Flöhen häufig zur Ansteckung.
Ratten und Flöhe sind ohnehin
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