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Der entzauberte Regenbogen

Der entzauberte Regenbogen

Titel: Der entzauberte Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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Man stelle sich vor, um wie viel stärker wir beeindruckt wären, wenn es sich bei den übereinstimmenden Initialen um die Buchstaben   X. Q. Z. gehandelt hätte. Um unsere Wahrscheinlichkeitsabschätzung zu verbessern, können wir eine Stichprobe aus dem Telefonbuch zu Hilfe nehmen. Stichproben sind eine anerkannte Methode zur Abschätzung von Größen, die wir nicht direkt ermitteln können. Das Londoner Telefonbuch eignet sich gut für eine solche Untersuchung, denn es ist groß, und außerdem ist London auch die Stadt, wo meine Frau die Uhr kaufte und wo ihre Mutter wohnte. Das Telefonbuch der britischen Hauptstadt enthält etwa 2126,50 Meter Spalten mit den Namen von Privatpersonen. Davon entfallen ungefähr 202,75 Meter auf den Buchstaben B. Mit anderen Worten: Rund 9,5 Prozent aller Einwohner von London haben einen Nachnamen, der mit B beginnt – viel mehr, als es dem durchschnittlichen Wert ( 1 / 26 sind etwa 3,8 Prozent) für einen Buchstaben entspricht.
    Die Wahrscheinlichkeit, dass der Nachname eines zufällig ausgewählten Londoner Bürgers mit B anfängt, liegt also bei etwa 0,095 (= 9,5 Prozent). Wie steht es nun mit den entsprechenden Wahrscheinlichkeiten, dass die Vornamen mit M oder A beginnen? Die Anfangsbuchstaben der Vornamen im ganzen Telefonbuch auszuzählen, würde zu lange dauern, und es wäre auch witzlos, denn das Telefonbuch ist selbst ebenfalls nur eine Stichprobe. Am einfachsten bedient man sich einer Unterstichprobe, in der die Vornamen wiederum alphabetisch angeordnet sind. Das ist bei der Reihenfolge der Personen mit dem gleichen Nachnamen der Fall. Also nehme ich den häufigsten englischen Familiennamen – Smith – und stelle fest, welcher Prozentsatz M. Smith und A. Smith heißt. Wir können mit Fug und Recht annehmen, dass diese Werte ungefähr repräsentativ für die Verteilung der Vornamen bei allen Einwohnern Londons sind. Wie sich herausstellt, gibt es insgesamt etwas mehr als 18 Spaltenmeter mit dem Nachnamen Smith. Davon entfällt ein Anteil von 7,3 Prozent (134 Zentimeter) auf M. Smith. Personen namens A. Smith füllen 188 Zentimeter, das entspricht einem Anteil von 10,2 Prozent aller Smiths.
    Wenn man in London wohnt und drei Initialen hat, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass es sich dabei um die Buchstaben M. A. B. in dieser Reihenfolge handelt, bei etwa 0,102 × 0,073 × 0,095 oder rund 0,0007. Da Großbritannien 55 Millionen Einwohner hat, heißt das, dass 38   000 davon die Initialen M. A. B. tragen, vorausgesetzt, jeder hat drei Anfangsbuchstaben. Das ist natürlich nicht der Fall, aber beim Durchsehen des Telefonbuches hat man den Eindruck, dass es zumindest auf eine Mehrheit zutrifft. Wenn wir vorsichtshalber unterstellen, dass nur die Hälfte aller Briten drei Initialen haben, stimmen immer noch die Anfangsbuchstaben von 19   000 Menschen mit denen meiner Schwiegermutter überein. Jeder davon hätte die Uhr kaufen und vor Verblüffung den Atem anhalten können. Unsere Berechnung hat gezeigt, dass kein Anlass für solche Atemlosigkeit besteht.
    Wenn wir genauer über die Pednsza nachdenken, haben wir noch weniger Grund, beeindruckt zu sein. M. A. B. waren die Initialen des Mädchennamens meiner Schwiegermutter. M. A. W., die Anfangsbuchstaben ihres Ehenamens, hätten auf der Uhr nicht weniger verblüffend gewirkt. Nachnamen, die mit W beginnen, sind im Telefonbuch fast ebenso zahlreich wie solche mit B. Durch diese Überlegung wird die Pednsza fast doppelt so groß, denn damit verdoppelt sich die Zahl derer, die in den Augen eines Zufallsgläubigen «die gleichen Initialen» wie meine Schwiegermutter haben. Und wer nach dem Kauf einer Uhr feststellt, dass nicht die Initialen der Mutter, sondern die eigenen eingraviert sind, würde das wahrscheinlich für einen noch größeren Zufall halten, der noch eher wert ist, in die (immer stärker wachsende) Pednsza aufgenommen zu werden.
    Der verstorbene Schriftsteller Arthur Koestler war – ich habe es bereits erwähnt – ein großer Freund der Zufälle. In seinem 1974 auf Deutsch erschienenen Buch Die Wurzeln des Zufalls erzählt er unter anderem mehrere Geschichten, die ursprünglich von seiner Hauptfigur stammen, dem österreichischen Biologen Paul Kammerer. (Berühmt wurde Kammerer durch die Veröffentlichung eines gefälschten Experiments, mit dem angeblich die Vererbung erworbener Merkmale bei der Geburtshelferkröte nachgewiesen wurde.) Eine typische Kammerer-Geschichte liest sich in

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