Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)
Alkohol sein.“
„ Deswegen musst du dich nicht entschuldigen. Wir sind hier in der Gaeltacht, oder? Und außerdem … tá dha fhocal Gaeilge agam . Noch ein Glas Bowle wäre nicht übel. Ich bin geradezu am Verdursten. Macht es dir etwas aus, wenn ich hier warte? Meine Füße …“
Sie schmerzten furchtbar in den ungewohnten, hoch hackigen Schuhen, die Lisa ihr – vermutlich in dem Bemühen, sich einen typisch irischen, für Festlandeuropäer dagegen völlig unverständlichen Scherz mit ihr zu erlauben – zu dem langen, eng geschnittenen Kleid aufgeschwatzt hatte. Sie unterdrückte heldenhaft ein gequältes Ächzen, als sie vorsichtig auf einen Stuhl sank und sich zurücklehnte.
Was ein Fehler war, da sie aus dieser bequemen Position nicht schnell genug wieder in die Senkrechte kam , um die Flucht zu ergreifen. Denn ihr Untergang nahte schneller als befürchtet und zwar in Gestalt von Dave Lunny, dem Sohn des Heraldikers. Er sah gut aus, unbestritten, ein verwegener und charmanter junger Mann, der leider viel zu sehr das Kind seiner Eltern war, als dass man sein Gerede ernst nehmen konnte.
„ Hier bist du ja, meine Schöne! Du hast dich doch wohl nicht vor mir versteckt? Es wird Zeit für den versprochenen Tanz. Darf ich bitten?“
Mit zusammengebissenen Zähnen ließ sich Alicia von ihm zur Tanzfläche führen, ein festgefrorenes Lächeln auf dem Gesicht. Ein kleiner Trost war die Gewissheit, dass er spätestens nach den ersten Schritten platt getretene Füße haben würde und er sie danach unter Garantie in Ruhe ließ, weil er ebenfalls nicht mehr laufen konnte.
„ Ein glamouröses Fest, nicht wahr? Und wie stets hat unser verehrter Graf ausschließlich das Beste vom Besten aufgefahren. Ich frage mich allerdings, wo unser geschätzter Herr Doktor bleibt. Hat er dich etwa an deinem Ehrentag versetzt?“
„Er musste wegen eines Notfalls bereits wieder gehen.“
„Es ist nicht leicht mit einem Arzt zu leben. Ein Notfall?“
„Offensichtlich.“
„Hoffentlich nichts Schlimmes. Ich habe so den Eindruck, als ginge ihm seine Arbeit über alles. Ein Privatleben scheint unser guter Doktor nicht zu kennen. Nun ja, es wird ihm wohl so gefallen, nicht wahr?“
„Was versuch st du mir damit zu sagen?“
„Ich dachte, du wärst in irgendeiner Weise mit ihm liiert.“
„Wir sind Freunde.“
„Ah. Bloß Freunde? Wir haben bereits die Hochzeitsglocken läuten hören. Ziemlich laut und ausdauernd sogar.“
„ Dann solltest du dein Hörgerät überprüfen lassen. Und selbst wenn Ray und ich ein Paar wären, ginge es euch nicht unbedingt etwas an.“
„Also kann ich mir noch Hoffnungen machen?“
„Dave, entschuldige mich. Ich fühle mich ziemlich erhitzt.“
„Gehen wir doch einen Moment hinaus auf die Ter rasse und genießen die laue Frühlingsnacht.“
Das w ürde sie bestimmt nicht tun. Sie gab sich die größte Mühe und hoffte, ihre nach oben gezogenen Mundwinkel würden als überraschtes Lächeln durchgehen, und schwenkte hinüber zu Tríona Herne, die sich mit Haylen Conolly unterhielt. „Oh, ich muss unbedingt Tríona begrüßen.“
„Eine gute Idee. Ich habe ohnehin noch ein Wort mit Conolly zu reden.“ Dave reichte ihr seinen Arm, den sie widerwillig nahm, damit er sie durch den Saal führen konnte.
U nauffällig schaute sie sich um und hoffte, von Manuel aus dieser unangenehmen Situation erlöst zu werden.
De r jedoch stand hinter einer Säule, zwei Gläser in der Hand, und wurde von aufkeimender Verärgerung übermannt, als er beobachtete, wie Lunny und Conolly und nach und nach ein halbes Dutzend weiterer Männer um Alicia herumscharwenzelten, sich aufplusterten wie alte Gockel und übertrieben laut redeten und lachten, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Und das taten sie wirklich! Alicia lächelte die Männer an, als wüsste sie deren Bemühungen aufrichtig zu schätzen. Als würde sie ihre Bewunderung genießen, ihre Berührungen und ausgesprochen dämlichen Witze.
Manuel kochte innerlich und war bereit, die Szene sofort zu beenden. Und in dieser Sekunde begriff er, dass es nicht allein ihre Schönheit war, die ein solches Verhalten provozierte. Vielmehr war es der brennende Wunsch, sie den bewundernden Blicken der anderen zu entziehen. Er wollte sie als Einziger besitzen. Ihre sinnliche Gestalt brachte ihn fast um den Verstand. Nie zuvor hatte er Eifersucht verspürt und selbst jetzt noch, da dieses Gefühl ihn mit Haut und Haaren verschlang, versuchte er sich
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