Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)
einzureden, es sei etwas ganz anderes.
Jeder anwesende Mann schien sie zu begehren und machte Stielaugen, um einen Blick in ihren Ausschnitt zu werfen. Die Erkenntnis, dass er es gern gehabt hätte, wenn ihre Aufmerksamkeit vollständig und ausschließlich ihm gegolten hätte, entmutigte ihn. Aber Alicia war viel zu höflich, um die bunte Schar ihrer Gäste einfach zu ignorieren. Nun wurde ihm auch klar, warum er Empfänge und Partys in seinem Haus am liebsten mied. Für einen Gastgeber bestand weder die Möglichkeit, seine Gäste zum Gehen aufzufordern, noch ihnen zu entkommen, indem er sich selbst aus dem Staub machte. Würde er sich in diesem Moment als Gast auf einem anderen Fest befinden, wäre er spätestens zu diesem Zeitpunkt gegangen. Mit Alicia.
„ Wollen wir etwas trinken?“
„Oh, ich sehe gerade, Lord Manuel war bereits so freundlich, mir ein Glas Bowle zu holen. Vielen Dank, Dave, und noch einen schönen Abend!“
„Kaum wende ich dir den Rücken, vergnügst du dich mit einem anderen“, bemerkte Manuel leichthin, als er ihr das Glas reichte.
Alicia lachte verächtlich. „Als wäre das ein Vergnügen gewesen. Du dagegen hast dir reichlich Zeit gelassen mit meiner Rettung.“
„Du schienst dich zu amüsieren und ich wollte euer trautes Beisammensein mit meiner Anwesenheit nicht stören.“
„Erzähl nicht solchen Unsinn.“ Sie nippte an ihrer Bowle.
War es Zufall oder etwas ganz anderes, das sie veranlasste, den Kopf zu wenden, sodass ihr Blick in diesem Meer von Menschen auf ein einzelnes Gesicht fiel?
Der Mann war umringt von einer Schar Frauen, jungen und alten gleichermaßen, eine schöner als die andere. Zwei gestylte Püppchen hingen ihm förmlich um den Hals und kicherten und blinkerten mit ihren langen Wimpern. Attraktiv, daran war nichts zu deuteln, und trotz seines Alters, Alicia schätzte ihn auf frühes Mittelalter, und des silbernen Haarschopfes machte er einen durchtrainierten Eindruck. Seine Augen blickten gelangweilt, als würde er über den Dingen stehen und sich nicht das Geringste aus der Anhänglichkeit der Frauen machen.
„ Manuel, wer ist das? Dieser Schönling dort drüben?“
„Der sich in seiner Rolle als Hahn im Korb geradezu sonnt? Keine Ahnung.“
„Frauen haben schon immer an ihm geklebt, als hätte er seinen Anzug mit Leim beschmiert. Dabei macht er sich nicht allzu viel aus ihnen“, klärte Tríona Hearne die beiden auf. „Das ist der Tänzer.“
„ Mmmh, ein Tänzer“, machte Alicia und entlockte Manuel damit ein verächtlich gegrunztes „Pfff!“
Doch dann wurde sie kreidebleich und griff Halt suchend nach Manuels Arm. „Tríona, weißt du, wie er heißt?“
„ Aber natürlich, das ist Gearóid. Gearóid Callaghan. Er war viele Jahre Solotänzer am Siamsa tíre in Tralee, wo er inzwischen als Choreograf arbeitet.“
Gearóid Callaghan! Der große Bruder von Máirtín, welcher Susanne hatte umbringen wollen. Alicia spürte, wie Übelkeit in ihrer Kehle aufstieg. Was machte der denn hier?! Sie war überzeugt, dass sein Name von keinem Bewohner von Sean Garraí auf die Gästeliste gesetzt worden war.
„Ich habe ihn nicht eingeladen.“
„Vielleicht ist er ein Freund von Ean und Fearghais“, mutmaßte Tríona Hearne. „Sie sind etwa gleichaltrig.“
„ Natürlich kennen sie sich. Aber sie hätten ihn niemals eingeladen. Da bin ich mir sicher.“ Die Eiseskälte in Manuels Blick verriet, dass er nicht nur von Callaghan gehört hatte, sondern ausnahmsweise derselben Meinung wie Alicia war.
„Du entschuldigst“, murmelte er, doch Alicia hielt ihn zurück.
„Was hast du vor? Manuel, bitte, ich möchte nicht, dass du …“
„Ich bin der Hausherr und das gibt mir das Recht, ungebetene Gäste vor die Tür zu setzen. Und genau das werde ich jetzt tun. Ohne Aufsehen zu erregen selbstverständlich. Ganz wie du es wünschst.“
23 . Kapitel
„Ich danke dir für diesen Abend, Manuel. Dafür, dass du mich nicht allein gelassen hast. Ich weiß, wie ungern du im Mittelpunkt des Interesses der Leute stehst – zumindest derer von Killenymore. Und ich kann gar nicht sagen, wie viel es mir bedeutet, dass du meinetwegen …“
„Ich habe es für dich getan , ganz Recht. Und das hat dieses Theater für mich einigermaßen erträglich gemacht.“ Er tastete über seinen Körper und breitete schließlich die Arme aus. „Und wie du siehst, habe ich es unbeschadet überlebt.“
„Danke. Ich … tja dann …“
Sie wusste, dass sie sich
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