Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)
könnte Sie verletzen.“
Nicht einmal Callaghans höhnisches Lachen brachte ihn aus der Ruhe. Als erneut die Faust auf sein Kinn zielte und er seinen Körper millimetergenau außer Reichweite brachte, erstarrte seine Miene zu einer undurchdringlichen Maske. Er schien sich zusehends in einen anderen Menschen zu verwandeln.
Alicia riss die Augen auf, während Danilo die seinen schloss. Gleich darauf bewegte er sich auf eine seltsam fließende Art, die ihr den Atem verschlug. Sie selber beherrschte einige Kampfsportarten, aber was Danilo da tat, hatte keinerlei Ähnlichkeit mit dem, was er ihr beigebracht hatte. Er setzte sein Knie und seine Handkante exakt platziert ein, sodass Callaghan bereits in der nächsten Sekunde als stöhnendes Bündel am Boden lag. Danilo packte ihn an der Schulter, zerrte ihn herum und beugte sich über seinen Gegner, um ihn dann mitten ins Gesicht zu schlagen. Einmal … zweimal … immer wieder.
„Danilo!“
Ein weiterer Schlag traf Gearóids Kinn. Blut rann ihm aus Mund und Nase. Anfangs versuchte er noch, sich zu schützen und die Schläge seines Angreifers abzuwehren, doch als Iwanow nicht von ihm abließ, blieb er reglos liegen.
„Dani, hör auf!“
Mit einem Ruck kam er zu sich, den Arm zum nächsten Schlag erhoben.
Einem tödlichen Schlag, wie Alicia feststellte. Sie erkannte ihn nicht wieder, so wie er jetzt war. Sie kannte den sanften, geduldigen Mann, der sie als Kind auf seinen Schultern hatte reiten lassen, und der den Pferden liebevollen Unsinn zuflüsterte, um sie zu beruhigen. Sie kannte den engagierten Arzt, dem sie vertraute, und den treusorgenden Gatten von Suse. Und sie kannte auch den verbitterten Mann, der noch immer um seinen getöteten Bruder trauerte.
Diesen Mann indes, diesen Kämpfer, der mit solch furchtbarer Wut auf einen anderen Menschen einschlagen und dann ruhig dastehen konnte … nein, den kannte sie nicht. Und er flößte ihr Angst ein. Nie zuvor hatte sie einen Menschen mit einem derart leeren Gesichtsausdruck gesehen, die Ader an seinem Hals pochte wie ein Presslufthammer und sein sehniger Körper vibrierte vor Energie. Danilo war mehr als bereit, seinen Gegner zu vernichten. Sein Verstand schien ausgeschaltet, er wurde nur noch von einem tödlichen Instinkt getrieben.
„Danilo , nicht! Tu das nicht. Er ist es nicht wert.“
Ihre Stimme durchdrang den Nebel um ihn herum. Er blickte sie an und senkte den Arm ein wenig. In seinen Augen stand reine Mordlust und Alicia zuckte e rschrocken zurück. Er kämpfte gegen die Vergangenheit an, dagegen, in einen dunklen Abgrund zu gleiten, in den er nie mehr hatte stürzen wollen.
„ Kein … kein Mensch hat das Recht, einem anderen … Lebewesen seinen Willen aufzuzwingen“, stammelte er. „Niemand, hörst du? Ich habe gesehen, was aus einem Menschen wird, wenn man ihm Gewalt antut.“
E r spürte ihre Hand auf seinem nach wie vor erhobenen Arm und wie sie ihn sanft nach unten drückte. Erst dann wich die ungeheure Anspannung aus seinem Körper, die Wut und die Erinnerungen. Er begann zu zittern.
„Ich weiß, Danilo. Trotzdem … lass ihn gehen. Ronan wird sich um ihn kümmern.“
34 . Kapitel
Danilo zerrte Callaghan am Kragen auf die Füße und stieß ihn heftig von sich.
„Hau ab und lass dich hier nie wieder blicken!“
Sie führten die Pferde am Zügel, während sie in Richtung Herrenhaus gingen. Eine Weile schwiegen sie beide, bis sich Alicia mit bemüht lockerem Tonfall erkundigte: „Trainierst du eigentlich immer noch? Ich meine, es sah richtig gut aus. So einfach.“
„ Einfach?“ Danilo Iwanow antwortete mit einem Lachen, das nicht gerade lustig klang. „Du täuscht dich. Es ist nie einfach.“
„ Danilo?“ Sie hielt inne und musterte seine undurchdringliche Miene. „Du hättest ihn töten können.“
„ Selbstverständlich. Und einen Moment lang habe ich es sogar mehr als alles andere gewollt. Dabei habe ich jahrelang trainiert und meditiert, um gerade das zu verhindern, was vorhin beinahe passiert wäre. Wärst du nicht gewesen …“
Er schenkte ihr ein reumütiges , dankbares Lächeln. „Ich hätte nicht geglaubt, dass ich derart die Beherrschung verlieren könnte. Dass es in mir nach wie vor etwas gibt, das ich ständig unter Kontrolle halten muss. Ich kann es nicht beschreiben, aber diese Kraft hat mir mehr Angst gemacht als dir. Ich wollte dich nicht erschrecken, Kleines.“
„Warum hat er das getan? Callaghan hatte nicht ernsthaft vor, An draíocht zu
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