Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)
die dich nichts angehen. Du hast mein Kind in Gefahr gebracht. Das werde ich kein zweites Mal zulassen! Wer weiß, ob ich noch einmal eines fertigbringe. Ich brauche dieses Kind.“
Irgendetwas in ihrem Inneren schien zu zerbrechen. Sie hatte versucht , seine Zuneigung zu gewinnen, seine Liebe, aber das hatte nicht ausgereicht. Er wollte sie nicht wirklich, sondern arrangierte sich notgedrungen mit ihr, weil er nach wie vor befürchtete, zeugungsunfähig zu sein. Sie hatte es satt, immer wieder zu versuchen, sein Vertrauen zu erringen. Und aufs Neue zu scheitern.
Sie nickte und meinte völlig emotionslos: „In Ordnung. Ich werde dich nicht länger belästigen. Von jetzt an kannst du deine Kämpfe ganz für dich ausfechten und deine Privatsphäre genießen, ohne dass ich dir im Wege stehe.“
Überrascht blickte er auf. Er starrte sie aus weit aufgerissenen Augen an. „Was … was soll das jetzt schon wieder heißen?“
„Genau das, was ich gesagt habe“, erwiderte sie im Fortgehen.
„Alicia!“
Sie hörte ihn rufen, aber sie wollte sich nicht umdrehen. Sie wollte ihn nicht mehr sehen und erst recht nicht aufs Neue mit ihm diskutieren und dabei das Gefühl haben, sich unentwegt im Kreis zu drehen. Es war längst alles gesagt und inzwischen zerrten die ständigen Diskussionen derart an ihren Nerven, dass sie befürchtete, in absehbarer Zeit die Geduld zu verlieren.
Seine Schritte näherten sich. „Alicia!“
Mit arrogant fragender Miene drehte sie sich um. Jetzt wirkte sie unnahbar und herrisch, sie ließ ihn nicht an sich heran. Und die Worte der Entschuldigung, mit denen er rang, um sie über die Lippen zu bringen, blieben ungesagt, als Alicia zu Ronan in das Polizeiauto stieg und davonfuhr.
41. Kapitel
So sieht ein Mensch aus, der mit sich und seinen Entscheidungen zufrieden ist, war Lisas erster Gedanke, als sie die Küche betrat und ihren Schwager auf dem Hocker unterm Fenster sitzen sah, die Beine gemütlich an den Knöcheln gekreuzt, eine Tasse in der Hand. Ohne Frage war er ihr schon immer wie ein Mann von Entschlusskraft erschienen, doch heute kam er ihr irgendwie verändert vor, gerade so, als sei er sich einer Sache vollkommen sicher.
T atsächlich kreisten seine Gedanken um die Zukunft. Einst hatte er Emilia für seine Zukunft gehalten. Dann jedoch hatte das Schiffsunglück all seine Pläne durcheinandergewirbelt und nun musste er sich der Frage stellen, ob eine andere Frau ihren Platz einnehmen konnte. Wollte er das überhaupt?
Ob er es wollte oder nicht, spielte keine Rolle mehr, es war bereits geschehen. Ja, es war absolut richtig gewesen, was er getan hatte. Alicia war die Richtige für ihn. Sie war so unkompliziert wie die Kaffeemaschine, aus der er sich gerade einschenkte. Nicht unbedingt die erste Wahl – der Kaffee, den die Stewardess auf der „Charley“ kredenzte, hatte jedem Mann vor Dankbarkeit die Tränen in die Augen getrieben –, gleichwohl erfüllte sie ihre Zwecke. Und genau so würde er sich mit Alicia arrangieren. Mochte sie manchmal auch etwas störrisch und überspitzt reagieren, war sie doch offen und ehrlich zu ihm. Und deswegen mit einiger Sicherheit die Mutter des nächsten Grafen von Sean Garraí .
„Hat dich Susanne heute zum Küchendienst verdonnert?“, neckte Lisa ihn und gab Manuel einen Kuss auf die Wange. „ Dia dhuit ar maidin, a dheartháir céile .“
„Das wünsche ich dir ebenfalls, Schwägerin.“
Er warf einen flüchtigen Blick auf den Hügel. Die große Küche des Herrenhauses war früher immer sein heimlicher Zufluchtsort gewesen. Hier hatte er als kleiner Junge gesessen, wenn Susanne einmal keine Zeit für ihn hatte, weil die beiden Jüngeren sie auf Trab hielten. Dann hatte er Máire bei der Arbeit zugeschaut, ihren Geschichten gelauscht und ihr beim Backen geholfen. Hier hatte er sein Herz ausgeschüttet und sich von der alten Haushälterin, mo mhóraí , wie er sie nannte, obwohl sie nicht seine Großmutter war, trösten lassen.
Ein selbstgefälliges Lächeln spielte um seinen Mund, als ihm der Gedanke kam, dass dieses werdende Kind schließlich noch etwas Gutes mit sich brachte. Zumindest wäre für Alicia das Thema Gabun, welches Alain Germeaux – oder wer immer der schwarzhaarige Fremde auf dem Hügel gewesen sein mochte – und kurz darauf Danilo Iwanow auf die Tagesordnung gesetzt hatten, vom Tisch. Denn dass sie sich und ihr Ungeborenes der Belastung und den Gefahren einer Reise nach Afrika aussetzen würde, hielt er
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