Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)
Mal seine Faust in Gearóids Gesicht sausen.
Im Zeitlupentempo erhob er sich. Langsam zählte er bis zehn, gegen seinen noch immer wütenden Zorn konnte er mit dieser Methode allerdings nichts ausrichten. Ihm kam es so vor, als würde er neben sich stehen, als würde er einen völlig Fremden dabei beobachten, wie er den Tänzer am liebsten totgeprügelt hätte. Er war derart außer sich, derart entsetzt und unfähig zu denken, dass er befürchtete, er könnte schreien und toben, die Beherrschung verlieren und nicht mehr wissen, was er tat. Er ballte die Hände und rammte sie sicherheitshalber in seine Hosentaschen, bevor er sich umdrehte und gegen Ronan prallte.
„Ich habe nichts gesehen“, versicherte der mit einem schiefen Grinsen und winkte einen Kollegen zu sich.
„Und wenn schon. Diese miese Ratte hat nichts anderes verdient. Grundgütiger, was hast du dir bloß dabei gedacht?“, fuhr Manuel Alicia an. „Er hat mindestens zwei Menschen auf dem Gewissen, trotzdem bist du mit ihm gegangen. Was wollte er von dir? Hast du auch nur einen Moment darüber nachgedacht, in welche Gefahr du dich bringst?“
„Ich habe an dich gedacht.“
„An …“ Ihm blieb die Luft weg und sie hörte besorgt, wie er japste.
„Ich kann sehr gut auf mich selbst aufpasse n!“, brüllte er dermaßen laut, dass er rot anlief. Er fuhr sich mit einer heftigen Handbewegung durch sein zerzaustes Haar.
„Du hast mich falsch verstanden. Ich bin davon ausgegangen, dass es dir nicht auffallen würde, wenn ich nicht mehr da bin. Unter diesen Umständen wäre es ziemlich blauäugig von mir gewesen, mich auf dich zu verlassen, meinst du nicht?“
„Du treibst mich in den Wahnsinn! Du bist die schlimmste aller Plagen! Wie zur Hölle soll ich deine ständige Einmischung ertragen, ohne den Verstand zu verlieren?“
„Diesen Spruch habe ich schon mal gehört. Hat das Matthias nicht immer von Susanne behauptet?“
„Im Gegensatz zu ihm mache ich keine Scherze!“
„Das ist mir durchaus bewusst. Und auch dass du nie zu solcher Liebe wie er fähig sein wirst. Und überhaupt weiß ich nicht, wovon du redest.“
Er wollte nicht, dass sie das Gespräch in eine andere Richtung lenkte und ihm die Zügel aus der Hand zu nehmen gedachte, solange er nicht losgeworden war, was ihn zur Weißglut trieb.
„Du hast keine Ahnung, wovon ich rede? Dann werde ich dir ein wenig auf die Sprünge helfen“, versprach er mit schneidender Stimme. „Du hast dich zu einem Zeitpunkt in mein Leben eingemischt, an dem ich nichts als meine Ruhe haben wollte. Du präsentierst mir ein Kind, welches ich nach diesem blöden Unfall eigentlich gar nicht hätte zeugen können. Ich habe dich gebeten, meine Frau zu werden, doch du hast mich bloß ausgelacht. Als ich von dir verlangt habe, wenigstens auf dich achtzugeben, lässt du dich auf einen Kampf mit einem Irren ein. Du bist dermaßen … stur und eigensinnig, du bist zu stolz und unabhängig, dass dir nicht einmal ansatzweise gelingt, worum ich dich bitte.“
Nach einer langen Pause bedrückenden Schweigens erklärte sie schließlich in einem so eisigen Ton, dass es ihm kalt den Rücken herab lief: „Es tut mir leid, dass ich in deinen Augen all diese Fehler habe. Dass ich zu selbständig bin. Dass ich mich zur Wehr zu setzen weiß und nicht das hilflose Weibchen bin, das auf dich wartet, um aus höchster Not errettet zu werden. Und dass ich aufgehört habe, von einem Ritter in weißer Rüstung zu träumen.“
Der Klang ihrer Stimme und ihr Gesichtsausdruck waren ihm plötzlich v ollkommen fremd. Verflucht, sie vermittelte ihm das Gefühl, im Unrecht zu sein!
„Ich ha be dich regelrecht bekniet, vorsichtig zu sein, solange dieser Kerl frei da draußen rumläuft. Ist es zu viel von dir verlangt, auf das zu hören, worum ich dich bitte? Herrgott nochmal, er hätte dich beinahe umgebracht!“
„Wieso regst du dich so auf? Ich lebe noch.“
„Aber wer weiß, wie lange du noch gelebt hättest! Callaghan ist ein skrupelloser Mörder. Außerdem war es eine Sache zwischen mir und ihm. Er hat es auf meine Familie abgesehen!“
„Nur, dass ich es war, der er die Klinge an die Kehle gehalten hat.“ Ihre Hände legten sich schützend über ihren flachen Bauch. „Er hat es gewusst“, flüsterte sie. „Wenn ich lediglich einen Ton von mir gegeben hätte, hätte er zugestochen.“
„ Und es geht dir wirklich gut?“
„ Sicher doch.“
„ Versprich mir, dich in Zukunft nicht mehr in Dinge einzumischen,
Weitere Kostenlose Bücher