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Der Erdrutsch (German Edition)

Der Erdrutsch (German Edition)

Titel: Der Erdrutsch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Martin Meyer
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am
Fenster stehen. Warum hatte er Johan erzählt, er sei mit Carla im
Kino gewesen? Hatte er es nötig, sich in dieser Weise vor Johan
wichtig zu machen? Zuhause war das etwas anderes. Da brauchte er das.
Die anderen erwarteten schließlich von ihm, dass er cool war. Bei
Johan hingegen hatte er den Eindruck, dass er sofort durchschaute,
wenn er mal ein wenig von der Wahrheit abwich. Es war ihm unangenehm,
von Johan auf diese Art entlarvt zu werden. Und Paul wollte von Johan
ernst genommen werden. Als er ein paar Minuten später im Bett lag,
wurde ihm bewusst, dass sich zwischen ihm und Johan lediglich eine
dünne Wand befand.

15. Kapitel
    Am nächsten Abend standen die drei nach dem Abendessen wieder auf
dem Parkplatz der Pension. Johan hatte sich eine Weile mit Elsbeth
über Bücher unterhalten, danach waren sie nach draußen gegangen.
Luise erzählte gerade von dem belauschten Gespräch am Abend zuvor,
als sie den Berg hinauf blickte.
    „ Da
ist doch jemand am Hang“, sagte sie. „Da hat sich was bewegt.“
    Johan und Paul drehten nun ebenfalls die Köpfe in die Richtung.
    „ Jetzt
fängst du auch schon an zu spinnen.“ Cool lehnte Paul am Zaun und
steckte sich ein Kaugummi in den Mund. „Aber wenn du meinst, dass
da etwas war, dann können wir ja nachsehen.“ Er drückte sich vom
Zaun ab: „Kommt, lasst uns gehen.“
    Mit schnellen Schritten ging er an ihnen vorbei, auf den Hang zu. Die
anderen folgten ihm zögernd. Sie kletterten in der Dunkelheit den
Berg hinauf. Der Hang war steil. Lose Steine rutschten unter ihren
Füßen weg. Es gab kaum Möglichkeiten, sich festzuhalten. Paul
kletterte voran, gefolgt von Luise. Am Schluss kam Johan. An einer
besonders rutschigen Stelle reichte Paul Luise die Hand und half ihr.
Er zog sie ganz dicht zu sich heran.
    „ Spinner!“,
sagte sie und lachte.
    Als auch Johan nicht sofort aus eigenen Stücken hochkam, hielt Paul
ihm ebenfalls die Hand hin und zog ihn nach oben. Johan musste sich
an ihm festhalten, um nicht abzurutschen. Paul zog ihn zu sich heran
und raunte ihm ins Ohr:
    „ Wenn
das nicht meine Cousine wäre …“
    Pauls Lippen berührten Johans Ohr leicht. Johan schauderte. Paul war
einem anderen Jungen noch nie so nahe gewesen. Überrascht blickte er
Johan an, der ihm ebenfalls für einen Sekundenbruchteil in die Augen
sah. Johan drehte den Kopf zur Seite, stützte sich an einem Stein
ab, kletterte an Paul vorbei, den Hang weiter hinauf.
    „ Was
ist los?“, wollte Luise wissen.
    „ Ach
nichts“, antwortete Paul.
    Sie kletterten weiter. Sie kamen an die erste Reihe der
Sicherungszäune.
    „ Hier
kommen wir nicht weiter“, meinte Luise.
    „ Natürlich
kommen wir weiter.“ Paul zog sich an dem Zaun hoch, der sich
verdächtig durchbog. Luise und Johan sahen ihm ratlos zu. Plötzlich
rutschte Paul ab.
    „ Scheiße.“
Er hielt das rechte Knie umfasst. Die Hose war eingerissen.
    „ Alles
in Ordnung?“, wollte Johan wissen.
    „ Ich
bin auf irgendwas draufgefallen“, antwortete Paul. „Scheiße tut
das weh.“
    „ Lass
mal sehen.“ Johan hockte sich hin um das Knie zu untersuchen. Paul
holte sein Feuerzeug aus der Tasche und riss es an. Das Knie blutete.
    „ Das
ist nicht so schlimm. Du wirst es überleben“, meinte Johan. Dann
tastete er den Boden ab „Hier ist was.“
    Er hob eine Zange auf. In der Dunkelheit wirkte sie neu. Paul nahm
sie ihm ab und betrachtete sie. Es war eine schwarze Kneifzange. Sie
konnte noch nicht allzu lange hier liegen, denn sie war weder dreckig
noch rostig.
    „ Scheißteil“,
schimpfte Paul. Wütend schleuderte er sie weg.
    „ Wer
um alles in der Welt lässt hier denn eine Zange liegen?“, fragte
Johan.
    „ Das
ist doch vollkommen egal. Lasst uns von dem Hang runterkommen.“
    Paul versuchte aufzustehen, konnte das rechte Bein aber nicht richtig
belasten. Johan stützte ihn und half ihm, den Hang Schritt für
Schritt runter zu steigen. Luise kletterte vor ihnen, wobei sie sie
jedesmal warnte, wenn es besonders rutschig oder steil wurde. Paul
hatte seinen Arm um Johans Schulter gelegt und Johan hatte Paul um
die Hüfte gefasst, um ihn zu halten. So kamen sie schließlich auf
dem Schotterweg an.
    Sie gingen langsam zur Pension zurück und schlichen leise durch die
Flure. Wenn ihre Eltern sie in diesem Zustand gesehen hätten, dann
hätten sie bestimmt Ärger bekommen. Sie entschieden sich für Pauls
Zimmer, weil da die Gefahr am geringsten war, entdeckt zu werden. Die
Wunde am Knie war mit einem großen

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