Der Erdrutsch (German Edition)
Regenschauer kommt, ist
die Erde ganz weg und die Steine lösen sich. Dann wars das mit
unserem Hof.“
„ Ich
sag es dir zum letzten Mal: Die halten. Außerdem werde ich da oben
bauen.“
„ Du
weißt genau, dass das nicht geht. Hier darf nicht mehr gebaut
werden.“
„ Ich
fange einfach mal an. Wenn sich keiner beschwert, dann passiert auch
nichts. Wenn erstmal die Ferienwohnungen da stehen, dann reißt die
auch keiner mehr ab.“
„ Du
willst da oben Ferienwohnungen bauen?“
„ Ja,
mit allem drum und dran. Wellness, Spa und diesem ganzen
Schnickschnack, den die Deutschen heute haben wollen. Dann kannst du
hier mit deiner Spelunke einpacken.“
„ Nur
über meine Leiche! Wenn du baust, dann gehe ich zur Polizei.“
„ Und
was willst du denen sagen?“
„ Franz,
ich habe dich gesehen. Also versuch nicht, mich zu verarschen.“
„ Was
hast du gesehen?“
„ Ich
habe gesehen, wie du den Wald in Brand gesteckt hast. Im Herbst.
Jetzt verstehe ich auch, warum du das getan hast. Bisher habe ich
geschwiegen, aber das ist jetzt vorbei. Ich lasse dir bis morgen
Zeit, da oben alles abzusichern. Wenn du das nicht sofort in die Wege
leitest, dann gehe ich am Samstag zur Polizei.“
„ Wenn
du das tust, dann mache ich dir die Hölle heiß. Du hast ja nur
Angst, deine Gäste zu verlieren.“
„ Ich
sage es noch einmal: Morgen kommt da eine bessere Befestigung hin.
Haben wir uns verstanden?“
„ Tu
doch nicht so, als wäre bei dir alles sauber. Die Apfelbäumchen da
unten, die dein braver Sohn Felix gepflanzt hat … Wer hat die
genehmigt? Da hat Felix doch wieder mal jemanden vom Amt geschmiert.
Das wäre ja nicht das erste Mal. Bau du mal deine Äpfel an, ich
übernehme den Tourismus hier im Ort.“
„ Raus
mit dir! Und komm nie wieder in dieses Haus.“
Ein Mann kam nun aus der Küche, an der Leine hatte er einen großen
Hund, der kurz an Luises Beinen schnupperte, dann aber von seinem
Herrchen weggezerrt wurde. Die Küchentür fiel zu. Niemand hatte sie
bemerkt.
Stocksteif lehnte sie an der Wand im dunklen Flur. Ihr Herz raste.
Sie kam erst wieder zu sich, als sich die Küchentür erneut öffnete
und der Lechner-Wirt herausstürmte. Beinahe hätte er sie umgerannt.
Luise ging in die andere Richtung und trat einen Moment später in
den Speisesaal.
14. Kapitel
Paul blieb noch eine Weile in Johans Zimmer. Er stand am Fenster.
Johan stellte sich neben ihn und öffnete die Tür. Sie traten nach
draußen auf den Balkon. Sie stellten sich ans Geländer des Balkons
und blickten ins Tal. Noch immer flimmerte die Luft. Es war kühl,
aber nicht so kalt, dass sie die Jacken brauchten. Sie schwiegen und
Johan spürte Pauls Nähe. Er fühlte sich wohl. Er mochte Paul.
„ Sie
heißt Carla und geht in meine Klasse. Ist echt nett mit ihr. Neulich
war ich mit ihr im Kino und du glaubst gar nicht, was da passiert ist
…“
Paul zog eine Schachtel Zigaretten aus seiner Hosentasche, fischte
sich eine davon heraus und hielt Johan die Schachtel hin. Der
schüttelte den Kopf.
„ Die
steht so richtig auf mich.“ Paul schaute weiter ins Tal, er zündete
sich die Zigarette an, während Johan ihn von der Seite betrachtete.
„ Glaubst
du mir etwa nicht?“
„ Doch,
ich glaube dir. Wenn du sagst, dass es so war, dann wird es wohl so
gewesen sein.“ Er wandte den Kopf wieder nach vorne, um die Lichter
am Berghang gegenüber zu betrachten.
„ Und
wie ist es bei dir? Hast du auch eine Freundin?“ Johan überlegte
kurz, ob er Paul irgendeine Geschichte erzählen sollte, entschied
sich dann aber dagegen.
„ Nein,
irgendwie hat das bisher nicht geklappt.“
„ Bist
du schon mal mit einer im Bett gewesen?“
„ Nein.“
Johan lief rot an.
„ Hast
du wenigstens mal ein Mädchen geküsst?“ Bislang hatte Paul ins
Tal geblickt, jetzt drehte er sich zu Johan herum.
„ Ja.
War aber nicht so berauschend.“ Johan war die Fragerei unangenehm.
Er wippte mit dem rechten Bein.
„ Wieso?
Küsst du lieber Jungs?“, fragte Paul. Johan drehte sich entrüstet
zu ihm um.
„ Nee,
bestimmt nicht. Wie kommste denn darauf?“
„ Weiß
nicht.“
Paul drückte die Zigarette am Geländer aus. Danach blickte er Johan
an. Sie standen sich einen kurzen Moment gegenüber, dann sagte Paul,
er sei müde. Er verabschiedete sich und ging durch Johans Zimmer auf
dem Flur. Johan stand noch ein paar Minuten auf dem Balkon und atmete
die frische Bergluft ein.
Paul schlich leise in sein Zimmer. Einen Moment blieb er noch
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