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Der Erdsee Zyklus Bd. 1 - Der Magier der Erdsee

Der Erdsee Zyklus Bd. 1 - Der Magier der Erdsee

Titel: Der Erdsee Zyklus Bd. 1 - Der Magier der Erdsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula K. LeGuin
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Ferne auf den Hügeln, die gegen Nordwesten vor ihnen lagen, eine winzige Schramme, weiß wie ein Zahn, wahrzunehmen, die sich vom Himmel abhob. Aber die Tage waren schon kurz, und das Licht ließ rasch nach, und auf der nächsten Erhöhung sah Ged das Ding, ob Turm oder Baum oder sonstwas, nicht klarer als zuvor.
    »Gehen wir dorthin?« fragte er und deutete auf den fernen Punkt.
    Aber Skihor antwortete nicht, sondern trottete weiter in seinem grobgewebten Umhang mit der spitzen, pelzbesetzten, typisch osskilischen Kapuze. Ged schritt an seiner Seite. Weit waren sie schon gelaufen, und Müdigkeit durchzog seine Glieder von dem stetigen Gehen und von der harten Arbeit, die er während der vergangenen zehn Tage auf dem Schiff hatte verrichten müssen. Es kam ihm vor, als sei er schon ewig neben diesem schweigsamen Wesen hergelaufen und als müsse er in alle Ewigkeit so weitergehen, in einem lautlosen Land, über das die Dunkelheit sich senkte. Seine Wachsamkeit erlahmte, der Zweck seiner Reise wurde unklar. Er ging wie in einem endlosen Traum, ohne Ziel.
    Der Otak bewegte sich in seiner Tasche, und eine leichte, undeutliche Furcht regte sich in Ged. Er zwang sich zum Reden: »Dunkelheit kommt und Schnee. Wie weit noch, Skihor?«
    Minuten verstrichen, dann antwortete der andere, ohne sich umzuwenden: »Nicht weit.«
    Aber seine Stimme klang nicht menschlich, sondern wie die eines Tieres, das stimmlos und ohne Lippen versucht, Laute auszustoßen.
    Ged blieb stehen. Ringsum dehnten sich die kahlen Hügel im späten, dämmrigen Licht des Tages. Schnee fiel spärlich, lautlos. »Skihor!« sagte er, und der andere hielt inne und wandte sich ihm zu. Unter der spitzen Kapuze war kein Gesicht.
    Bevor Ged ein Wort sprechen oder seine Macht sammeln konnte, sagte das Gebbeth in seiner tonlosen, rauhen, knurrenden Stimme: »Ged!«
    Nun konnte der junge Mann keinen Verwandlungszauber mehr wirken, sondern war in seinem eigensten Wesen gefangen und dem Gebbeth schutzlos preisgegeben. Auch Hilfe konnte er in diesem unbekannten Land, wo ihm alles und alle fremd waren, nicht herbeirufen, keiner würde zu ihm kommen. Hier stand er, allein, und nur der Stab aus Eibenholz, den seine rechte Hand umklammert hielt, war zwischen ihm und seinem Feind.
    Das Wesen, das Skihors Geist vernichtet und seinen Körper angenommen hatte, tat einen Schritt auf Ged zu; seine Arme streckten sich suchend nach ihm aus. Entsetzen und Wut erfüllten Ged, und er schwang seinen Stab in die Höhe und ließ ihn pfeifend auf die Kapuze heruntersausen, unter der das Schattenwesen verborgen war. Kapuze und Umhang fielen unter diesem harten Schlag zusammen, als wären sie mit Wind gefüllt gewesen; sich krümmend und um sich schlagend, erhob es sich wieder. Der Körper eines Gebbeth besitzt keine greifbaren Substanzen, er ist nur eine Hülle oder ein Dunst in menschlicher Gestalt, ein unwirklicher Körper, der einen wirklichen Schatten umschließt. Ruckend und zuckend, wie vom Wind geschüttelt und aufgeblasen, breitete der Schatten seine Arme wieder aus und kam auf Ged zu, um ihn zu packen, wie er es damals auf dem Rokkogel getan hatte. Gelänge ihm dies, dann würfe er die Hülle von Skihor ab, würde in Ged hineinschlüpfen und verschlänge ihn von innen heraus, um ihn ganz zu besitzen, denn das war sein ausschließliches Trachten. Ged schlug wieder auf ihn ein mit dem schweren Stab, der Feuer gefangen hatte und glühte, und er trieb ihn zurück, aber er kam wieder vorwärts, und wiederum schlug ihn Ged, aber dann mußte er den lodernden, rauchenden Stab fallen lassen, denn seine Hand war durch Brandwunden verletzt. Ged trat zurück, dann drehte er sich blitzschnell um und rannte davon.
    Er rannte, und nur ein paar Schritte hinter ihm rannte das Gebbeth, das ihn zwar nicht einholen, dem er aber auch nicht entkommen konnte. Ged blickte nicht einmal zurück. Er rannte unentwegt weiter durch das weite, dämmernde Land, in dem es kein Versteck gab. Einmal hörte er, wie das Gebbeth ihn mit krächzender Stimme beim Namen rief, und er wußte, daß er diesem Ding gegenüber keine Zauberkräfte besaß. Das Gebbeth aber hatte keine Macht über seine körperlichen Kräfte und konnte ihn nicht zum Stehenbleiben zwingen. Er rannte und rannte, und die Lunge brannte ihm in der Brust bei jedem Atemzug.
    Die Nacht schloß sich um den Verfolgten und den Verfolger. Feiner Schnee deckte den Pfad zu, den Ged kaum mehr erkennen konnte. Das Blut hämmerte ihm hinter den Schläfen, der

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