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Der Erdsee Zyklus Bd. 1 - Der Magier der Erdsee

Der Erdsee Zyklus Bd. 1 - Der Magier der Erdsee

Titel: Der Erdsee Zyklus Bd. 1 - Der Magier der Erdsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula K. LeGuin
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von einer anderen Macht geleitet? Tappte er, Ged, in eine Falle, und der Schatten folgte ihm und nahm Besitz von Skihor, als sich die Gelegenheit dazu bot? So mußte es sich verhalten haben, denn der Schatten durfte bestimmt den Hof von Terrenon nicht betreten, das hatte Serret selbst gesagt. Seit er im Turm erwacht war, hatte er auch die lauernde Nähe des Schattens nicht gespürt. Aber was brachte ihn hierher? Denn dies war ganz bestimmt kein Ort, der auf des Zufalls Wegen lag, selbst sein langsam arbeitendes Gehirn vermochte das zu erkennen. Kein anderer Fremder klopfte an dieses Tor. Der Turm stand abseits und abgelegen, kein direkter Weg führte von hier nach Neschun, der nächsten Stadt. Kein Mensch kam zu dieser Feste, kein Mensch verließ sie. Ihre Fenster blickten hinaus auf ödes, unbewohntes Land.
    Durch diese Fenster blickte Ged, der sich allein in sein Zimmer zurückgezogen hatte, und hier stand er nun tagaus, tagein, kalt, mit wundem Herzen und betäubten Sinnen. In diesem Gemäuer schien es immer kalt zu sein, trotz der Teppiche und der Wandbehänge, trotz der teuren Pelze und der wuchtigen Kamine aus Marmor. Die Kälte zog bis in die Knochen und setzte sich im Mark fest. Und in Geds Herz zog eine kalte Scham ein, die er nicht vertreiben konnte, denn immer wieder mußte er daran denken, wie er sich seinem Feind gestellt und wie er verloren hatte, denn er war vor ihm geflohen. Er bildete sich ein, daß alle Meister auf Rok versammelt waren, Genscher, der Erzmagier, stand mit gerunzelter Stirn in ihrer Mitte, auch Nemmerle war dabei und Ogion und selbst das Zauberweib, das ihm die ersten Zauberworte beigebracht hatte. Sie alle standen und starrten ihn vorwurfsvoll an, und er wußte, daß er ihren Erwartungen nicht entsprochen hatte. Dann begann er, sich mit Worten zu verteidigen: »Wenn ich nicht weggerannt wäre, hätte der Schatten von mir Besitz ergriffen; er hatte ja schon Skihors Stärke und einen Teil meiner Kraft, und ich konnte meine Macht nicht gegen ihn gebrauchen, denn er wußte ja meinen Namen. Ich mußte davonlaufen. Ein Gebbethzauberer wäre eine furchtbare Macht gewesen und hätte Schreckliches angerichtet. Ich mußte davonlaufen.« Aber alle, die ihn umstanden, blickten ihn nur weiterhin stumm an. Dann blickte er wieder hinaus und sah den feinen Schneeflocken zu, die unaufhörlich fielen und das leere Land zu seinen Füßen zudeckten, und in seinem Herzen wuchs eine bleierne Kälte, und eine dumpfe Erschöpfung bemächtigte sich seiner, bis er nichts mehr fühlte.
    So verbrachte er viele Tage elend und allein. Wenn er hinunterkam aus seinem Zimmer, war er schweigsam und förmlich. Die Schönheit der Fürstin verwirrte ihn, und an diesem vornehmen, geregelten, seltsamen Hof fühlte er sich wieder wie ein ganz einfacher, ungehobelter Ziegenhirte.
    Sie ließen ihn in Ruhe, wenn er für sich sein wollte. Wenn er es nicht mehr aushielt, allein in seinem Zimmer zu grübeln und dem fallenden Schnee zuzuschauen, dann setzte er sich zu Serret in einen der halbrunden Säle weiter unten im Turm, die vom Kaminfeuer erhellt und mit Wandteppichen behangen waren, und unterhielt sich mit ihr. Ausgelassen fröhlich konnte die junge Fürstin nicht sein, noch nie hatte er sie laut lachen hören, aber lächeln sah er sie oft, und ein Lächeln genügte, um Geds Herz zu erwärmen … Wenn er mit ihr beisammen war, dann vergaß er seine Steifheit und seine Schmach. Es dauerte nicht lange, und sie trafen sich jeden Tag und plauderten lange und ausführlich, während sie am Kamin oder an einem der Fenster in den hohen Räumen des Turms saßen, etwas entfernt von den Dienerinnen, die Serret überallhin begleiteten.
    Der alte Fürst hielt sich meist in seinen Gemächern auf. Nur jeden Morgen konnte man ihn sehen, wie er im verschneiten Innenhof der Feste auf und ab ging. Er sah dann aus wie ein alter Zauberer, der die ganze Nacht damit verbracht hatte, Zaubereien zusammenzubrauen. Manchmal nahm er die Abendmahlzeit gemeinsam mit Ged und Serret ein; schweigend saß er dann an der Tafel, doch hin und wieder warf er einen harten, begehrlichen Blick auf seine junge Frau. Ged fühlte dann immer Mitleid in sich aufwallen. Serret kam ihm dann vor wie ein eingesperrtes weißes Reh, wie ein weißer Vogel, dem man die Flügel beschnitten hatte, oder wie ein wunderbarer silberner Reif am gichtigen Finger eines alten Mannes. Für Benderesk war sie nichts weiter als ein Bestandteil seines Schatzes. War der Alte dann gegangen,

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