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Der Erdsee Zyklus Bd. 4 - Tehanu

Der Erdsee Zyklus Bd. 4 - Tehanu

Titel: Der Erdsee Zyklus Bd. 4 - Tehanu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula K. LeGuin
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arbeiteten auf dem Hof, Sis und Tiff waren im unteren Haus beschäftigt, und Lerches Familie war über das ganze Dorf verstreut – was sollte dem Kind also im milden Herbst des Mitteltals zustoßen?
    Als Tenar von einem Hund hörte, der ihr zusagte, kaufte sie ihn: einen der großen, grauen gontischen Schafwächter mit den klugen lockigen Köpfen.
    Gelegentlich dachte sie, wie in Re Albi: Ich muß das Kind unterrichten! Ogion hat es ihr aufgetragen. Aber irgendwie brachte sie ihr nur die Landarbeit bei, und als es früher dunkel wurde und sie abends vor dem Zubettgehen in der Küche saßen, erzählten sie Geschichten. Vielleicht hatte Bucher recht, und man sollte Therru zu einer Hexe schicken, damit sie lernte, was die Hexen wußten. Es war besser, als sie zu einem Weber in die Lehre zu geben, wie Tenar vorgehabt hatte. Aber nicht viel besser. Sie war noch immer nicht sehr groß und für ihr Alter sehr unwissend, denn bevor sie auf dem Eichenhof kam, hatte sie nichts gelernt. Sie war wie ein kleines Tier gewesen, hatte die menschliche Sprache kaum und keine der menschlichen Fertigkeiten beherrscht. Sie lernte schnell und war doppelt so folgsam und fleißig wie Lerches ausgelassene Töchter und die lachenden, faulen Söhne. Sie konnte putzen, Essen auftragen, spinnen, ein wenig kochen, ein wenig nähen, sich um das Geflügel kümmern, die Kühe holen und im Melkschuppen ausgezeichnete Arbeit leisten. Ein richtiges Bauernmädchen nannte sie der alte Tiff ein wenig schmeichlerisch. Tenar hatte gesehen, daß er unauffällig das Zeichen zur Abwehr des Bösen machte, wenn Therru an ihm vorbeiging. Wie die meisten Menschen glaubte Tiff, daß einem das zustieß, was man war. Die Reichen und Starken waren sicherlich tugendhaft; jemand, dem Böses widerfahren war, mußte schlecht sein und konnte zu Recht bestraft werden.
    Wenn es sich so verhielt, würde es nicht viel nützen, wenn Therru das tüchtigste Bauernmädchen in Gont wurde. Nicht einmal Wohlstand würde das sichtbare Brandmal abschwächen, das ihr zugefügt worden war. Deshalb hatte Bucher sie als Hexe gesehen, um damit das Brandmal hinzunehmen und es auszunützen. Hatte Ogion das damit gemeint, als er sagte: ›Nicht Rok.‹ Als er sagte: ›Sie werden Angst vor ihr haben.‹ War das alles?
    Als eines Tages ein herbeigeführter Zufall Tenar und Eppich auf der Straße zusammenbrachte, sagte Tenar: »Ich würde Euch gern eine Frage stellen, Mistress Eppich. Im Zusammenhang mit Eurem Beruf.«
    Die Hexe musterte sie mit einem vernichtenden Blick.
    »Ihr wollt etwas über meinen Beruf wissen?«
    Tenar nickte ungerührt.
    »Dann kommt mit.« Eppich hob die Schultern und ging durch die Mühlgasse zu ihrem kleinen Haus voraus.
    Es war keine verrufene, von Hühnern bewohnte Höhle wie Tantchen Moors Haus, aber es war ein Hexenhaus; an den Deckenbalken hingen dichtgedrängt getrocknete und trocknende Kräuter, das Feuer war mit grauer Asche zugedeckt, eine winzige Kohle blinzelte wie ein rotes Auge, eine geschmeidige, fette, schwarze Katze mit einer weißen Schnurrbarthälfte schlief auf einem Regal; überall lagen und standen kleine Schachteln, Töpfe, Wasserkrüge, Tabletts und zugekorkte Flaschen, und jeder Gegenstand besaß einen eigenen aromatischen, stechenden, süßen oder fremdartigen Geruch.
    »Was kann ich für Euch tun, Mistress Goha?« fragte Eppich sehr trocken, sobald sie eingetreten waren.
    »Sagt mir bitte, ob mein Mündel Therru Geschick für Eure Kunst, ob sie Macht besitzt.«
    »Sie? Natürlich!« antwortete die Hexe.
    Tenar verschlug die prompte, verächtliche Antwort ein wenig die Sprache. »Bucher fand es auch«, meinte sie schließlich.
    »Das sähe eine blinde Fledermaus in einer Höhle«, stellte Eppich fest. »Ist das alles?«
    »Nein. Ich brauche Euren Rat. Sobald ich meine Frage gestellt habe, könnt Ihr mir den Preis für Eure Antwort nennen. Angemessen?«
    »Angemessen.«
    »Soll ich Therru zur Hexe ausbilden lassen, sobald sie ein wenig älter ist?«
    Eppich schwieg für einen Augenblick und dachte über ihr Honorar nach, so nahm Tenar an. Statt dessen beantwortete sie die Frage. »Ich würde sie nicht aufnehmen.«
    »Warum?«
    »Weil ich Angst hätte.« Sie starrte Tenar plötzlich grimmig an.
    »Angst! Wovor?«
    »Vor ihr! Was ist sie?«
    »Ein Kind. Ein mißhandeltes Kind!«
    »Das ist nicht alles, was sie ist.«
    Tenar wurde von dunklem Zorn erfaßt. »Muß ein Lehrmädchen denn eine Jungfrau sein?«
    Eppich starrte sie an und erwiderte

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