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Der erfolgreiche Abstieg Europas

Der erfolgreiche Abstieg Europas

Titel: Der erfolgreiche Abstieg Europas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eberhard Sandschneider
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Jahrzehnts des Schreckens genauso dazu, wie die Debatten um die Erfolge bei seiner Bekämpfung eine der wesentlichen Lebenslügen des Westens markieren.
    An den Begriff »Kollateralschaden« haben wir uns mittlerweile gewöhnt. Bei vielen militärischen Maßnahmen gegen Terroristen sterben auch unschuldige Zivilisten, nur weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Der eigentliche Kollateralschaden ist jedoch ein anderer. Bei militärischen Maßnahmen gegen den Terror blieb vor allem eines auf der Strecke: die Glaubwürdigkeit des Westens und seiner viel beschworenen Werte in weiten Teilen der nicht westlichen Welt.
Transatlantischer Selbstbetrug
    »We can only succeed if we work together across the Atlantic!« 43 Ein Satz, den der deutsche Botschafter in den USA, Klaus Scharioth, mit Inbrunst ausspricht, während sein amerikanischer Amtskollege Phil Murphy daneben steht und zustimmend lächelt. Bedauerlich ist nur, dass solche Sätze nur noch für Botschafter (oder bestenfalls reisende Politiker) zum Redeinventar gehören. Mit der Realität haben sie nicht mehr viel zu tun. Transatlantische Beziehungen werden seit Jahren konsequent schöner geredet, als sie tatsächlich sind.
    Mit dieser These konfrontiert, wirkt der folgende Einwand des amerikanischen Botschafters auf den ersten Blick überzeugend. Er weiß natürlich um die tagtäglichen Schwierigkeiten in der Gestaltung gerade der deutsch-amerikanischen Beziehungen. »Das hat etwas mit den Wahrnehmungsmustern der Menschen zu tun«, sagt er und führt aus, dass wir Dinge, die sich schnell ändern, sehr viel deutlicher und nachhaltiger wahrnehmen als die großen und verlässlichen Konstanten, an die wir uns gewöhnt haben und die uns deshalb nicht mehr als etwas Besonderes erscheinen. Die transatlantische Partnerschaft sei eine solche Konstante, sagt Murphy mit demBrustton der Überzeugung. Auf den ersten Blick ein bestechendes Argument. Aber bei genauerem Hinsehen mag man den Optimismus, der dieser Bewertung zugrunde liegt, nur dann teilen, wenn man sich in die Gemeinde der überzeugten Transatlantiker einreihen möchte.
    Natürlich fällt es denen, die ihr Leben lang an einer Verbesserung der Beziehungen zwischen Europa und den USA gearbeitet haben, schwer, grundsätzliche Kritik am Zustand transatlantischer Beziehungen zu akzeptieren. Gläubige Transatlantiker zeichnen sich als Gruppe immer noch dadurch aus, dass sie überwiegend männlich, häufig deutlich über 60 Jahre alt und unerschütterlich im Glauben an transatlantische Werte sind. Die meisten von ihnen haben überdies mindestens 200 Transatlantikflüge im Laufe ihrer Tätigkeit absolviert. Das klingt despektierlicher, als es gemeint ist. Entsprechend zurückhaltend kommentiert der ehemalige deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier: »Die Transatlantiker auf beiden Seiten bilden einen zunehmend exklusiven und in seiner Mitgliedschaft immer älter werdenden Klub, der die gesellschaftlichen Debatten in Europa und den USA immer weniger zu prägen versteht.« 44 Noch hört und liest man solche Einschätzungen eher selten. Üblich sind vielmehr die gebetsmühlenhaft wiederholten Beschwörungsformeln der Vergangenheit.
    Die langjährige Leiterin des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung in Washington, Almut Wieland-Karimi, formuliert das traditionelle transatlantische Glaubensbekenntnis in typischen Worten als schlichte Feststellung: »Das feste Fundament der transatlantischen Partnerschaft bildeten neben engen Wirtschaftsbeziehungen gemeinsame Werte.« Das ist im ersten Teil der Aussage sicherlich richtig und leicht belegbar: »Europa und die USA befinden sich in der weltweit engsten und größten ökonomischen Partnerschaft. Diese zeichnet sich durch intensive Handelsbeziehungen, die jeweilige Präsenz auf dem Markt des anderen und hohe Investitionen aus. Laut Schätzungen liegt der Gesamtwert der transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen bei 2,5 Billionen US-Dollar und sorgt für 14 Millionen Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks.« 45 Der Wertebezug hingegen ist so oft strapaziert worden, dasser fast automatisiert wiederholt wird, wann immer transatlantische Grundsatzbekenntnisse gefragt sind.
    Wenn es einen Ort gibt, an dem die euro-atlantische Sicherheitsgemeinde jährlich zusammenkommt, um anstehende Probleme der internationalen Politik im Kreise von Gleichgesinnten zu diskutieren, dann ist es die Münchner Sicherheitskonferenz.
    Auch auf dem 47. Treffen im Februar 2011 waren alle

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