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Der erfolgreiche Abstieg Europas

Der erfolgreiche Abstieg Europas

Titel: Der erfolgreiche Abstieg Europas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eberhard Sandschneider
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und immer wieder
aufflammende Euroskepsis verfallen, um trotzdem nüchtern feststellen zu können: Europa ist überdehnt, ohne klare Entscheidungsstrukturen und unfähig, in
wesentlichen Fragen globaler Politik politischen Konsens und Handlungsfähigkeit herzustellen. Europas Defizite drohen zur Marginalisierung zu
führen. Gipfelhektik und das Jonglieren mit Milliardensummen und Konjunkturprogrammen täuschen Handlungsfähigkeit vor, ersetzen aber keine konsolidierte
und koordinierte Politik.
Die Thesen im Überblick:
    Weltordnungen sind nie stabil. Auf- und Abstieg von Mächten sind normale Prozesse im internationalen System.
    Die jeweiligen Weltordnungen sind im 20. Jahrhundert dreimal – 1918/19, 1945 und 1989/91 – zusammengebrochen.
    Die euro-atlantisch dominierte Weltordnung existiert nicht mehr. Sie wird nicht durch eine asiatische, wohl aber durch eine globale Ordnung abgelöst, die traditionellen Machtmustern aus der Zeit des Ost-West-Konfliktes nicht mehr folgt.
    Die Welt des 21. Jahrhunderts wird nicht mehr allein vom Westen geprägt sein. Die Erwartung, dass die Aufsteigerstaaten sich letztlich westlichen Vorstellungen anpassen und in die bestehende Weltordnung integrieren lassen, ist verfehlt.
    Die Angst vor dem Ausverkauf des Westens ist nicht neu. Wiederholt hat sie in den vergangenen Jahrzehnten zu der Erwartung geführt, dass der Westen von
    wirtschaftlichen Aufsteigern überrollt würde. Bis heute ist keine dieser Befürchtungen Realität geworden.
    Die neuen Schwellenländer werden die internationale Ordnung von Grund auf verändern, aber sie werden auch an ihre eigenen Grenzen stoßen. Multipolarität ist schon heute eine Tatsache. China wird in diesen Entwicklungen neben Russland, Indien und Brasilien eine entscheidende Rolle spielen. Auch in China werden die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Chinas innenpolitische Probleme werden den bisher rasanten Aufstieg des Landes bremsen.

6 EIN GEGENMODELL IM WERDEN?
Der falsche Glanz der Diktatur
    So schnell ändern sich die Zeiten. Gerade einmal vor 20 Jahren feierte der gesamte Westen den symbolträchtigen Fall der Berliner Mauer und den »Sieg« im Kalten Krieg. Für manch einen war damals klar, dass nun auch logisch konsequent der endgültige Siegeszug der Demokratie folgen würde. Die Vorherrschaft des Westens unter Führung der USA schien auf unbegrenzte Zeit gesichert. Wie wir gesehen haben, war die Begeisterung verfrüht. 20 Jahre später hat der Westen wesentlich an Zusammenhalt verloren, Kriege fordern weltweit hohen Tribut, neue Akteure verlangen ihren Platz in den Reihen der einflussreichen Nationen. Das 21. Jahrhundert, befürchten manche, könnte zum Jahrhundert der großen strategischen Auseinandersetzung zwischen den USA und China, dem bevölkerungsreichsten Aufsteigerland der Welt, werden.
    Mittlerweile ist es in Mode gekommen, die Frage zu stellen, was gerade der Aufstieg Chinas, aber auch der anderer Schwellenländer, nicht nur ökonomisch, sondern auch politisch und ideologisch für den Westen bedeutet. Mit ökonomischen Einbußen im Wettbewerb mit aufholenden Ökonomien, deren Hunger nach Ressourcen und Einfluss sprichwörtlich ist, haben wir uns, so scheint es, inzwischen abgefunden. Aber politisch hält sich hartnäckig die feste Überzeugung, dassder Westen immer noch am längeren Hebel sitzt. Einschätzungen wie die folgende lösen deshalb Besorgnisschübe im Westen aus: »Die westliche Vormacht USA mag sich selbstbewusst gerieren, sie wird ihren Führungsanspruch dennoch immer weniger durchsetzen können. Der Glanz der Washingtoner Inszenierungen, auch in der Ära von Silberzunge Barack Obama, die militärischen Machtdemonstrationen und das mitunter immer noch atemberaubend selbstherrliche Auftreten von Diplomaten und Konzernchefs – all das verblasst vor dem Wandel der Welt. Die Gewichte verschieben sich, ob man das in den Vereinigten Staaten wahrhaben will oder nicht. Amerikaner erleben das nicht nur auf den Gefechtsfeldern im Irak und in Afghanistan, sie erleben es auch in der Finanzwelt, wo China beharrlich nach vorne drängt, und in der Industriepolitik.« 68
    Aber auch um die Europäische Union steht es in dieser Frage nicht viel besser: »Europa ist nicht darauf vorbereitet, dass sich die Welt in den kommenden Jahrzehnten radikal verändern wird. Wir sind nicht darauf eingestellt, politisch und wirtschaftlich eine Rolle zu spielen, die gleichberechtigt ist mit anderen Wirtschaftsräumen der Welt.« 69 Der Mann, der

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