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Der erfolgreiche Abstieg Europas

Der erfolgreiche Abstieg Europas

Titel: Der erfolgreiche Abstieg Europas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eberhard Sandschneider
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erweisen, weil sie einen wesentlichen Aspekt in aller Regel übersehen: Abstiege sind nicht automatisch etwas Negatives, immer vorausgesetzt natürlich, dass man versteht, sie erfolgreich zu organisieren und zielgerichtet zu managen. Die Frage, was Europa tun muss, um das Ziel eines erfolgreichen Abstiegs sicher zu erreichen, kann also zunächst mit einem beruhigenden Hinweis beantwortet werden.
Auguren und ihre Grenzen
    Alle Auguren, die bislang den Untergang des Westens prognostiziert haben, lagen falsch. Zum Teil sind solche Verzweiflungsprognosen durchaus verständlich, aber deswegen sind sie längst nicht automatisch richtig. Zeiten tief greifender Veränderung waren immer Zeiten maximaler Verunsicherung. Den Europäern, ja dem gesamten Westen ist in dieser Beziehung in den vergangenen beiden Jahrzehnten nichts, aber auch gar nichts erspart geblieben. Alle Parameter, Bezugspunkte und Glaubenssätze sind ins Wanken geraten. Ein ums andere Mal sind wir auf dem falschen Fuß erwischt worden. Ereignisse, die niemand hätte vorhersagen können, haben uns wesentliche Verlässlichkeiten genommen. Natürlich sind dabei auch Fehler gemacht worden. In dem Maße, wie unser Selbstbewusstsein durch neue, unerwartete Ereignisse und Entwicklungen erschüttert wurde, ist unsere Bereitschaft gewachsen, mit Starrsinn und fast mit Gewalt an den Denkmustern festzuhalten, die wir kennen und die uns ja auch in der Vergangenheit gute Dienste beim Verständnis und der Gestaltung der Welt geleistet haben. Diese Erstarrung kann man feststellen und kritisieren, verzweifeln muss man deswegen noch lange nicht. Um sie zu überwinden, braucht man einen normalen Prozess der intellektuellen Anpassung an die Folgen von Umbruchsituationen. Normal ist es wohl auch, dass in der Vergangenheit erfolgreiche Denkmuster sich leichter festhalten lassen, als das Risiko neuen Denkens mit völlig unsicherem Ausgang zu wagen. Solange man kann, lebt es sich in einer Welt umgeben von den schützenden Mauern des eigenen Denkens eigentlich nicht schlecht. Wenn aber Mauern fallen und die Dämme gegen Veränderungen brechen, wenn Wogen der Umwälzungen alles wegschwemmen, was bislang scheinbar unverrückbar Bestand hatte, dann ist es an der Zeit, die Denkmuster und Verhaltensweisen der Vergangenheit abzulegen und nach neuen Wegen in die Zukunft zu suchen.
    Die bisherigen Überlegungen haben uns zu einer Reihe von Einsichten geführt, die einerseits beständig zum Perspektivwechsel einladen, andererseits die Grundvoraussetzungen bieten, die Frage, was Europa tun muss, um den bekannten Herausforderungen zu begegnen, in einem anderen Licht erscheinen lassen. Halten wir zunächst noch einmal fest: Einen brauchbaren Ersatz für die verlässlichen Feindbilder der guten alten Zeit des Ost-West-Konflikts haben wir noch nicht gefunden. Fast nostalgisch erinnern wir uns gelegentlich daran, dass wir damals genau wussten, wo Freund und Feind waren. Und keiner unserer Feinde versteckte sich in irgendwelchen Gebirgshöhlen. Wir kannten Standorte, Postadressen und Gesichter. Wir wussten, mit wem wir es zu tun hatten. So einfach war das in der guten alten Zeit. Stattdessensind wir heute dem ungebremsten Tempo globaler Medien und ihrer Desinformationspolitik ausgesetzt. Nur mühsam begreifen wir, dass mehr Information nicht zwangsläufig bessere Information bedeutet. Nicht zuletzt diese Medienhetze führt zu der altbekannten Torheit der Regierenden, die das vermeintlich Richtige tun und am Ende doch vor den Scherben ihrer Politik stehen. Medien zeigen im eigenen ökonomischen Überlebenskampf eben nicht die Welt, wie sie ist, sondern wie sie sich am besten verkaufen lässt.
    Zwangsläufig ergeben sich Rückschlüsse, die auf den ersten Blick unerfreulich sind und auf manch einen sogar wie bittere Wahrheiten wirken mögen. Sie berühren Europas Sicht von seiner eigenen Rolle in der entstehenden multipolaren Ordnung ebenso wie Amerikas Kampf gegen den Abstieg und die Tragfähigkeit der transatlantischen Beziehungen als Klammer, die den Westen vermeintlich noch zusammenhält. Vor allem aber berühren sie die Grundtendenzen des Aufstiegs der anderen. Es wird wohl kaum ein Weg an der Einsicht vorbeiführen, dass eine multipolare Welt nicht zwangsläufig eine bessere Welt ist. Neue Pole erhöhen das Risiko innerhalb des globalen Wettbewerbs, solange keine verbindlichen Regeln und Institutionen zur Konfliktbeilegung gefunden sind. Folglich stellt sich eine einfache Frage: Worum geht es

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