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Der Erl�ser

Titel: Der Erl�ser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesb�
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bisschen den Schnee wegzuräumen«, sagte Jon, als sie durch den hohen Schnee zum Wohnhaus wateten.
    »Nein, nein«, sagte Harry. »Niemand darf wissen, dass Sie hier sind, nicht einmal die Polizei.«
    Jon ging zur Hauswand neben der Treppe, zählte fünf Bretter ab und grub sich mit der Hand durch den Schnee unter die Holzverkleidung.
    »Hier«, sagte er und hielt einen Schlüssel hoch.
    Drinnen schien es noch kälter zu sein, die gestrichenen Holzwände waren wie Eis und warfen ein hartes Echo ihrer Stimmen zurück. Sie trampelten sich den Schnee von den Füßen und kamen in eine große Küche mit einem gewaltigen Esstisch, einem ausladenden Küchenschrank, einer Eckbank und einem Ofen in der Ecke.
    »Ich mache Feuer.« Atemwölkchen standen vor Jons Mund, als er sich die Hände rieb. »Es ist bestimmt noch etwas Holz in der Sitzbank, aber wir müssen wohl noch ein bisschen mehr aus dem Brennholzschuppen holen.«
    »Das kann ich machen«, sagte Halvorsen.
    »Sie müssen sich aber einen Weg frei räumen. Neben dem Windschutz stehen zwei Schieber.«
    »Ich komme mit«, murmelte Thea.
    Es hatte mit einem Mal aufgehört zu schneien, und die Wolken waren aufgerissen. Harry stand rauchend am Fenster, während er zusah, wie Halvorsen und Thea sich im weißen Mondlicht durch den leichten Neuschnee schaufelten. Es knisterte im Ofen, und Jon hockte sich hin und starrte in die Flammen.
    »Wie hat Ihre Freundin das mit Ragnhild Gilstrup aufgenommen?«, fragte Harry.
    »Sie vergibt mir«, sagte er. »Es war ja, wie gesagt, vor ihrer Zeit.« Harry starrte auf die Glut seiner Zigarette. »Noch immer keine Idee, was Ragnhild Gilstrup bei Ihnen gewollt haben könnte?« Jon schüttelte den Kopf.
    »Ich weiß nicht, ob Sie es bemerkt haben«, sagte Harry. »Aber es sah ein bisschen so aus, als wäre die unterste Schublade in Ihrem Schreibtisch aufgebrochen worden. Was bewahren Sie darin auf?«
    Jon zuckte mit den Schultern. »Persönliche Dinge, vor allem Briefe.«
    »Liebesbriefe? Von Ragnhild, zum Beispiel?«
    Jon wurde rot. »Ich … ich weiß nicht mehr. Die meisten habe ich wohl weggeworfen, es ist aber gut möglich, dass ich einen oder zwei aufgehoben habe. Diese Schublade war aber immer abgeschlossen.«
    »Damit Thea sie nicht fand, wenn sie mal allein in Ihrer Wohnung war?«
    Jon nickte langsam.
    Harry trat auf die Treppe zum Hofplatz, nahm die letzten Züge von seiner Zigarette, warf sie in den Schnee und zog sein Handy heraus. Gunnar Hagen hob beim dritten Klingeln ab.
    »Ich habe Jon Karlsen an einen anderen Ort gebracht«, sagte Harry.
    »Spezifizieren Sie das!«
    »Das ist nicht nötig.«
    »Wie bitte?«
    »Er ist an einem sichereren Ort als bisher. Halvorsen bleibt heute Nacht hier.«
    »Wo, Hole?«
    »Hier.«
    Harry ahnte, was im Anmarsch war, als er der Stille im Telefon lauschte. Dann war Hagens Stimme wieder da, leise, aber äußerst deutlich:
    »Hole, Ihr Vorgesetzter hat Ihnen gerade eine konkrete Frage gestellt. Diese nicht zu beantworten gilt als Befehlsverweigerung. Drücke ich mich klar genug aus?«
    Harry hatte sich schon oft gewünscht, ein bisschen anders gestrickt zu sein und ein wenig von dem sozialen Überlebensinstinkt zu haben, über den die meisten Menschen verfügten. Aber es gelang ihm einfach nicht. Es war ihm noch nie gelungen.
    »Warum ist diese Information so wichtig für Sie, Hagen?« Hagens Stimme zitterte vor Wut: »Ich stelle hier die Fragen, Hole! Verstanden?«
    Harry wartete. Und wartete. Und als er dann hörte, dass Hagen Luft holte, sagte er es:
    »Skansen Gård.«
    »Was?«
    »Der Hof liegt östlich von Strømmen, auf dem Übungsgebiet der Polizei in Lørenskog. «
    »Aha«, sagte Hagen schließlich.
    Harry legte auf und wählte eine andere Nummer, während er Thea beobachtete, die im Mondlicht stand und in Richtung Plumpsklo starrte. Sie hatte mit dem Schneeschieben aufgehört und stand seltsam verkrampft da, wie festgefroren.
    »Skarre. «
    »Harry hier. Gibt’s etwas Neues?«
    »Nein.«
    »Keine Tipps?«
    »Keine seriösen.«
    »Aber es rufen Leute an? «
    »Ja, klar, die haben ja mitbekommen, dass eine Belohnung ausgesetzt ist. Eine blöde Idee, wenn du mich fragst. Bedeutet doch nur Überstunden für uns. «
    »Und, was sagen sie so?«
    »Ach, was sollen sie schon sagen? Die beschreiben Gesichter, die sie gesehen haben, die denen auf dem Bild ähneln. Das Witzigste war ein Kerl, der die Kriminalwache angerufen und behauptet hat, er hätte Stankic bei sich zu Hause ans Bett

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