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Der Erl�ser

Titel: Der Erl�ser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesb�
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stemmten und eilig das Weite suchten. Und er verstand. Er wusste, wie es aussah, wenn in Zagreb oder in anderen Städten Europas Heroin gedealt wurde, doch nirgendwo ging es derart öffentlich über die Bühne wie hier. Dann fiel ihm ein, woran ihn ihr Anblick erinnerte: an die Gruppen, zu denen er selbst gehört hatte, nachdem die Serben abgezogen waren. Flüchtlinge.
    Schließlich kam aber doch ein Bus. Er war weiß und hielt ein Stück vom Windschutz entfernt. Die Türen öffneten sich, es stieg aber niemand ein. Stattdessen kam ein Mädchen heraus, in einer Uniform, die er sofort erkannte. Heilsarmee. Er ging langsamer.
    Das Mädchen ging zu einer der Frauen und half ihr in den Bus. Zwei Männer folgten ihr.
    Er blieb stehen und sah zu. Ein Zufall, dachte er. Weiter nichts. Er drehte sich um. Und dort, an der Mauer eines kleinen Türmchens mit mehreren Uhren, erblickte er drei Telefonzellen.
    Fünf Minuten später hatte er Zagreb angerufen und berichtet, dass alles gut aussah.
    »Der letzte Auftrag«, hatte sie wiederholt.
    Und Fred hatte ihm noch erzählt, dass es im Maksimir Stadion 1:0 nach der ersten Halbzeit stand. Dinamo Zagreb gegen Rijeka.
    Das Gespräch hatte fünf Kronen gekostet. Die Uhren auf dem Türmchen zeigten 19.25 Uhr. Der Countdown lief.
     
    *
     
    Die Gruppe traf sich im Gemeindehaus der Vestre-Aker-Kirche.
    Hohe Schneewälle türmten sich auf beiden Seiten des Kieswegs, der zu dem kleinen Steinhäuschen am Rande des Friedhofs führte. In einem kahlen Sitzungszimmer saßen vierzehn Menschen an einem langen Tisch. An den Wänden stapelten sich Plastikstühle. Wäre man unvorbereitet hereingeplatzt, hätte man vielleicht geglaubt, in eine Bürgerversammlung geraten zu sein. Weder die Gesichter noch das Alter, das Geschlecht oder die Kleider verrieten, um was für eine Gesellschaft es sich handelte. Das harte Licht wurde von den Fensterscheiben und dem glatten Linoleumboden reflektiert. Man murmelte leise und fingerte an Pappbechern herum. Das Zischen einer Mineralwasserflasche war zu hören.
    Exakt um 19.00 Uhr verstummten die leisen Gespräche, als sich eine Hand am Ende des langen Tisches hob und eine kleine Glocke läutete. Alle Blicke richteten sich auf eine Frau Mitte dreißig, die mit direktem, furchtlosem Blick in die Menge schaute. Sie hatte schmale, strenge Lippen, die durch den Lippenstift etwas weicher wirkten, langes, dickes blondes Haar, das von einer einfachen Spange zusammengehalten wurde, und große Hände, die jetzt ruhig und selbstsicher auf der Tischplatte lagen. Sie war hübsch. Ihre Gesichtszüge waren rein und klar, jedoch fehlte ihnen das gewisse Etwas, das manche Frauen so bezaubernd macht. Ihre Körpersprache signalisierte Beherrschung und Stärke, ebenso wie ihre ruhige Stimme, die kurz darauf den Raum erfüllte:
    »Hallo zusammen. Ich heiße Astrid und bin Alkoholikerin.« »Hallo Astrid!«, antworteten die Anwesenden im Chor.
    Astrid beugte sich über die Broschüre, die vor ihr lag, und begann zu lesen:
    »Die einzige Bedingung für eine AA-Mitgliedschaft ist der Wunsch, mit dem Trinken aufzuhören.«
    Sie fuhr fort, und am Tisch bewegten sich die Lippen der Teilnehmer mit, die die Zwölf Schritte auswendig konnten. In den Pausen, in denen sie Luft holte, war der Gesang des Kirchenchores zu hören, der im oberen Stockwerk übte.
    »Unser heutiges Thema ist der Erste Schritt«, sagte Astrid. »Er lautet: 'Wir bekennen, dass wir dem Alkohol machtlos gegenüberstehen und dass wir unser Leben nicht mehr meistern können.‹ Ich kann gerne den Anfang machen, aber ich werde mich kurz fassen, denn ich denke, dass ich diesen Ersten Schritt bereits hinter mir habe.«
    Sie holte tief Luft und verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln.
    »Ich bin seit sieben Jahren trocken, aber trotzdem sage ich mir jeden Morgen nach dem Aufwachen, dass ich Alkoholikerin bin. Meine Kinder wissen das nicht, sie glauben nur, dass ihre Mutter nicht viel verträgt und aufgehört hat, Alkohol zu trinken, weil sie sonst immer so schnell aus der Haut fährt. Mein Leben verlangt eine gewisse Dosis Wahrheit und eine gewisse Dosis Lügen, um im Lot zu bleiben. Das kann in die Hose gehen, aberich lebe von einem Tag zum anderen und gehe dem ersten Drink aus dem Weg. Zurzeit arbeite ich am Elften Schritt. Ich danke euch.«
    »Danke, Astrid«, kam es von den Anwesenden, gefolgt von Applaus, während der Chor über ihnen sein Gloria anstimmte.
    Sie nickte einem großgewachsenen Mann mit kurzen, hellen

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