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Der Eroberer

Der Eroberer

Titel: Der Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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Ein zweiter Hornstoß ließ die Bewohner wissen, dass keine Gefahr im Verzug sei. Ein normannischer Wachtposten betrat die Halle, gefolgt von einem Boten. Ceidre versteifte sich.
    Ein Bote des Königs, stellte sie an den königlichen Farben seiner Kleidung fest. Er war staubbedeckt, hatte demnach einen langen Ritt hinter sich. Vor Rolfe von Warenne ließ er sich auf ein Knie nieder, der ihm mit einer knappen Geste bedeutete aufzustehen und Anweisung erteilte, die Halle zu räumen, obwohl das Mahl noch nicht beendet war. Ceidre wurde das Herz schwer. Wie sollte sie etwas herausfinden, wenn sie die Halle verlassen musste?
    Sie trödelte absichtlich und ließ alle anderen vorausgehen. Am Eingang warf sie einen Blick über die Schulter und sah, dass Rolfe eine versiegelte Botschaft in Händen hielt – ohne Anstalten zu machen, sie zu entrollen. Nun wusste sie immer noch nicht, ob er lesen konnte oder nicht. Wenn sie ihm nur vorlesen dürfte! Sein Blick schweifte ungeduldig durch die Halle und heftete sich auf sie. Ceidre wandte sich ab und ging.
    Draußen auf dem Hof stand sie unschlüssig herum. Vielleicht las der Normanne das Dokument, vielleicht hörte er sich aber auch den mündlichen Bericht des Boten an.
    Wie auch immer die Botschaft lautete, sie war kurz, da man die Halle bald wieder betreten durfte. Rolfe saß zurückgelehnt in seinem hohen Stuhl und trank Rotwein, an den er sich allmählich zu gewöhnen schien, und starrte ins Feuer. Der Bote nahm am anderen Ende der Tafel Platz, Ceidre gegenüber. Die Gelegenheit durfte sie sich nicht entgehen lassen. Sie lächelte ihm zu. Er war blond wie der Normanne, von mittlerem Wuchs und hatte ein nichtssagendes Gesicht. Er sah sie verwundert an.
    »Ihr seht müde aus, Herr Ritter«, sagte sie. »Es muss anstrengend sein, so weit und so schnell zu reiten.«
    »Ja, ziemlich anstrengend«, entgegnete er geschmeichelt, riss sich ein großes Stück Hammelfleisch ab und begann zu essen. »Aber ich bin jung und stark und der zuverlässigste Bote des Königs«, prahlte er.
    »Ist das wahr?« fragte Ceidre ehrfürchtig.
    »Bei Gott, es ist die Wahrheit«, antwortete er stolz und grinste mit vollem Mund. »Wie heißt Ihr, mein Fräulein?
    Ein so schönes Mädchen habe ich in ganz Frankreich und England zusammen nicht gesehen. «
    »Ich heiße Ceidre. Und Ihr?«
    »Paul.« Er lehrte einen Becher Wein. »Vielleicht können wir nach dem Nachtmahl wenig spazieren gehen?«
    Ceidre dachte nur an ihre Aufgabe und zögerte nicht mit der Antwort: »Ja, gern.«
    Wenn er sich etwas von dem Spaziergang versprach, würde sie ihm rasch eine Abfuhr erteilen.
    Rolfe beobachtete das Zwiegespräch mit wachsendem Unmut. Als Ceidre dem jungen Mann ein Lächeln schenkte, durchbohrte ihn ein Stich. Dabei war ihm Eifersucht fremd. Gleichzeitig stieg Misstrauen in ihm hoch. Was bezweckte die kleine Hexe mit ihrer Koketterie? Als der Bote im Verlauf des Gesprächs sich aufplusterte wie ein Gockel und Ceidre ihm andachtsvoll zuhörte, steigerte sich Rolfes Unmut. Wollte das Mädchen ihn reizen, ihn auf die Probe stellen? War sie töricht genug zu glauben, sie könne von dem Boten etwas über die Pläne des Königs erfahren? Oder fand sie echten Gefallen an dem Milchbart, der noch nicht trocken hinter den Ohren war?
    Es schien, als lese Alice seine Gedanken. Ihre Stimme klang schadenfroh und boshaft. »Seht Ihr, Mylord, wie sie dem Boten des Königs schöne Augen macht? Es ist ekelhaft. Nun ja, sie ist nicht anders als ihre Mutter! Keinen Deut besser!«
    Ihre Worte fachten seine Eifersucht noch mehr an. War sie tatsächlich wie ihre Mutter, die Buhle des alten Grafen – seine Hure? Reizte und lockte sie die Männer? »Es kümmert mich nicht, mein Fräulein, was Ihr denkt«, wies er Alice schroff zurecht. »Wenn ich Eure Meinung hören will, frage ich danach. *Ansonsten behaltet Eure Gehässigkeiten für Euch.«
    Alice' bleiche Wangen röteten sich.
    Rolfe stand brüsk auf, stieß den Stuhl dabei beinahe um und verließ mit grimmiger Miene die Halle. Seine Männer sprangen auf. Ceidres Herz klopfte bang und aufgeregt. Nun musste sie dem Boten seine Nachricht entlocken!
    Alle hatten sich erhoben, bis auf den Boten, Ceidre und Alice, die am anderen Ende der Tafel saß und innerlich vor Wut kochte. Der Bote lehnte sich bequem zurück und streckte die Beine von sich, den lüsternen Blick auf Ceidre geheftet.
    Ceidre wurde immer beklommener zumute. Wie sollte sie es bloß anstellen, etwas aus ihm

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