Der Eroberer
leben.«
Lächelnd ergriff er ihre Hand, blickte ihr tief in die Augen.
»Ich wünschte, wir könnten heiraten«, sagte er dann.
Diese schlichten Worte bedeuteten ihr mehr als jeder Schwur. Sie schlug die Augen nieder und bemühte sich, ihre Tränen zurückzuhalten. »Ich fühle mich geschmeichelt«, raunte sie.
»Du weißt, dass es nicht möglich ist, obwohl Alice im Kloster in Frankreich in der Verbannung bleibt.« Er hob ihr Kinn, um ihr in die Augen sehen zu können.
»Ja, ich weiß.«
»Aber in meinem Herzen«, fuhr er fort und wandte den Blick nicht von ihren veilchenblauen Augen, »bist du meine Gemahlin.«
Nichts hätte sie glücklicher machen können.
»In meinem Herzen war Alice es nie«, fügte er hinzu. »Du kennst mich. Ich verschenke mein Herz nur ein einziges Mal. Dir biete ich meinen Schutz, meine Treue und meine … « Er zögerte und wurde rot.
Ceidre nahm seine Hand. »Wie kann ein Mann wie du Angst einem kleinen Wort haben?« scherzte sie unter Tränen.
Rolfe lächelte schief. »Ich schenke dir auch meine Liebe. In unseren Herzen sind wir Mann und Frau, und ich hoffe, auch in den Augen Gottes.«
Ceidre setzte sich auf seinen Schoß und schlang die Arme um seinen Hals. Er barg sein Gesicht an ihrem Busen.
Sie küsste ihn bebend, streichelte sein Haar, lachte und weinte zugleich. Nie im Leben war sie so glücklich gewesen. Er war der Gemahl ihres Herzens, Rolfe von Warenne, Rolfe der Gnadenlose, stolz und mächtig und allem voran ein Ehrenmann. Er hatte ihr soeben alles gegeben, was sie sich erträumt hatte, alles, was er besaß. Er hatte ihr sein Herz und seine Liebe geschenkt.
»Ich nehme mit Freuden an, Mylord«, flüsterte sie, und er drückte sie innig an sich.
Epilog
Am 24. Dezember erhängte Alice sich in ihrer Zelle im Kloster der Schwestern des heiligen Johannes.
Am 24. Dezember fand die Hochzeit von Ceidre und Rolfe von Warenne in York statt. Edwin wurde vorübergehend aus dem Gefängnis entlassen, um als Brautführer zu fungieren. Die drei Kinder des glücklichen Paares, zwei Söhne und ein Töchterchen, nahmen an der Trauung teil. Außerdem waren als Ehrengäste anwesend König Wilhelm, Roger von Shrewsbury, Bischof Odo, Wilhelm FitzOsbern, Walter von Lacy und viele andere Adelige des Landes.
Die Braut war von strahlender Schönheit, der stolze Bräutigam lächelte glücklich. Alle Gäste waren sich darin einig, nie ein verliebteres Paar vor einem Traualtar gesehen zu haben. Das Hochzeitsgeschenk des Königs an das Brautpaar war Ceidres Begnadigung. Er wurde zum Taufpaten der kleinen Tochter ernannt. Alle weiblichen Hochzeitsgäste vergossen Tränen während des feierlichen Gottesdienstes, und auch so mancher hohe Herr bekam feuchte Augen.
König Wilhelm, bekannt für seine Großzügigkeit, wenn die Stimmung ihn packte, übergab Edwin in Rolfes Gewahrsam. Er willigte außerdem in die Verlobung seiner verwitweten Tochter Isolda mit Edwin ein. Das Paar heiratete im darauffolgenden Frühling, und Edwin übernahm die Vaterschaft für Isoldas zweijährige Tochter.
Gerüchten zufolge hatte Isolda ihm bereits im Januar 1070 im Kerker von Westminster einen Besuch abgestattet.
Anmerkung der Autorin
Die Personen von Rolfe von Warenne und Ceidre sind frei erfunden.
Edwin und Morcar waren vor der Eroberung Herzog Wilhelms in der Schlacht bei Hastings im Oktober 1066 mächtige sächsische Lords. Sie waren die Söhne des Grafen von Aelfgar, einem gütigen und mächtigen Lord von edlem Geblüt. Morcar, der jüngere Sohn, war berühmt für sein Aussehen. Die beiden hatten eine Schwester, die mit einem walisischen Lord verheiratet wurde.
Schon vor 1066 wurden Edwin und Morcar durch einen Überfall des Königs von Norwegen geschwächt. Sie nahmen nicht an der Schlacht bei Hastings teil, was sich für Wilhelm als vorteilhaft erwies. Nach der Schlacht leisteten Edwin und Morcar dem normannischen Herzog Wilhelm den Treueid. Als Gegenleistung versprach Wilhelm Edwin seine Tochter zur Gemahlin, die ich mir gestattet habe, Isolda zu nennen. Des weiteren übertrug er ihm die Herrschaft über den gesamten Norden Englands und ernannte ihn zum Grafen von Mercia. Seine eigenen Lords, die ihm aus der Normandie nach England gefolgt waren – unter ihnen auch Rolfe –, um Landbesitz und Macht zu erwerben, waren verständlicherweise empört, dass einem Sachsen derart große Machtbefugnisse übertragen wurden. Schließlich zog Wilhelm sein Versprechen, Edwin seine Tochter zur Frau zu geben, ohne
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