Der Eroberer
niedergebrannt!
Vor zwei Tagen hatte Ceidre dem Normannen die Arznei gebracht, nach der er verlangt hatte, und war sogleich entlassen worden. Am Tag darauf war Rolfe mit zwanzig seiner Männer fortgeritten und erst gestern Nacht zurückgekehrt.
Ceidre hatte nicht herausfinden können, wo er gewesen war und aus welchem Grund. Niemand hatte ihr Arbeit angeschafft, und sie konnte tun und lassen, was ihr beliebte. Sie war Alice aus dem Weg gegangen und hatte die Zeit mit ihrer Großmutter verbracht, hatte Kräuter gesammelt, sie klein geschnitten, gekocht und zu verschiedenen Arzneien verarbeitet: um Schmerzen zu lindern, Blutergüsse zu heilen, als Schlaftrank, für Fruchtbarkeit und gegen Zeugungsunfähigkeit. Es war noch früh am Morgen.
Teddy umklammerte ihr Handgelenk. »Kannst du nicht einen Fluch über ihn sprechen?« bettelte er. »Du bist eine gute Hexe, Ceidre, das weiß ich. Doch kannst du nicht eine Ausnahme machen, nur dieses eine Mal … und ihm den Tod wünschen? Er zerstört unsere Häuser! «
Der Normanne ist ein kaltblütiges Ungeheuer, dachte Ceidre, erbittert. Sie ging durch den Hof, blickte zum neuen Burgfried hinüber, der bereits drei Stockwerke hoch war, ein hässlicher viereckiger Klotz mit schmalen Schlitzen statt Fenstern, der auf dem Felsenhügel über dem Dorf thronte, umgeben von einem tiefen Graben, darunter die Schafweiden, Kornfelder und Obstgärten. Dann sah sie Flammen aus dem Strohdach einer Hütte schlagen.
Sie hob den Rock und rannte los. Entsetzen krallte sich um ihr Herz. Der Normanne saß auf seinem mächtigen, teuflischen Hengst, umgeben von dreien seiner Männer und sah zu. Als er sie kommen hörte, blickte er über die Schulter und sah sie ausdruckslos an.
»Das muss sofort aufhören!«
Der Anflug eines Lächelns zog seine Mundwinkel hoch. Ceidre keuchte, ihr Busen wogte. Sein Blick wanderte von ihrem Gesicht zu ihren vollen Brüsten. Ein gieriger Blick, wie der eines ausgehungerten Wolfes im Winter. »Habt Ihr mich gehört?« schrie Ceidre.
»Misch dich nicht ein«, entgegnete er kalt und wandte ihr den Rücken zu. Die zweite Hütte ging in Flammen auf.
Das Kreischen verzweifelter Frauen drang zu ihnen herüber.
»Ihr habt keine Seele«, schrie Ceidre. »Und kein Herz. Ich verachte Euch! « Tränen brannten ihr in den Augen.
Seine Männer steckten Fackeln in jedes Haus, nun brannte bereits das halbe Dorf.
Er wandte ihr sein finsteres Gesicht zu. »Das Dorf muss weichen.«
»Warum? Es sind ihre Häuser. Es ist ihr Leben!«
»Das Dorf wird wieder aufgebaut, Ceidre«, antwortete er kalt. »Misch dich nicht in Dinge ein, von denen du nichts verstehst.«
Sie achtete nicht auf seine Worte. »Es bereitet Euch wohl ein abartiges Vergnügen, Eure Macht zu beweisen. Es gefällt Euch, die Armen und Schwachen in Todesangst zu versetzen, wie?«
»Ceidre, hör auf! «
»Ihr jagt dem Hilflosen Entsetzen ein, Frauen, Kindern, Leibeigenen. Ja, das bedarf großen Mutes. Mich wundert, dass man Euch nicht Rolfe den Tapferen nennt, bei so viel Heldenmut!«
Rolfes Gesicht hatte sich verdunkelt. Guy von Chante, der neben ihm zu Pferde saß, furchte die Stirn, konnte ihre Frechheit nicht fassen. Die beiden anderen Ritter gaben vor, nichts gehört zu haben. Ceidre war außer sich vor Zorn, sie kannte keine Angst mehr. »ja, so werde ich Euch von jetzt an nennen: Rolfe der Tapfere! «
Es geschah so schnell, dass sie keine Gegenwehr leisten konnte. Sie hatte ihre Beschimpfungen noch nicht ausgestoßen, als er sie hochriss und sie bäuchlings quer über seine Schenkel warf. Und im nächsten Augenblick jagte der Hengst im gestreckten Galopp dahin. Alle Luft war aus Ceidres Lungen gewichen. Sie sah nur den Stiefel des Normannen im Steigbügel und darunter die vorbeirasende Erde.
Grauen packte sie bei der Vorstellung, vom Pferd zu stürzen und unter den mächtigen Hufen des Schlachtrosses zertrampelt zu werden. In dieses Grauen mischte sich Angst, was der Unhold mit ihr anstellen würde.
Warum nur konnte sie ihr loses Mundwerk nicht halten?
Das Pferd kam jäh zum Stehen. Der Normanne schwang sich aus dem Sattel und riss sie unsanft mit sich. Sie hing hilflos wie ein Sack über seinem Arm, der sie um die Mitte gepackt hielt. Ceidre begann sich zu wehren. Ihr Becken prallte hart gegen seinen abgewinkelten Schenkel. Ihr Kopf schlug beinahe auf der Erde auf. Und als sie spürte, wie er ihr den Rock hoch über den Kopf riss, begann sie haltlos zu schreien und wie eine Besessene um sich zu
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