Der Eroberer
und Morcar brachte.
War es dem König ernst mit diesem Versprechen gewesen? Morcar war ein ebenbürtiger Gegner. Rolfe hatte den Brüdern Hochachtung entgegengebracht, als er sie kurz nach Hastings kennengelernt hatte, zumal ihnen der Ruf als starke Heerführer vorausgeeilt war. Rolfe, der über ein gute Urteilskraft verfügte, hatte sich von der Stärke, Klugheit, Entschlusskraft und Tapferkeit der Brüder überzeugt. Und er hatte ihnen damals schon nicht über den Weg getraut.
Mit dem Schwert war Morcar ihm ebenbürtig. Rolfe war ins Grübeln gekommen -Ceidres Schreie hatten in ihm nachgehallt, als er dem Sachsen die Klinge ans Herz gedrückt hatte. Und dann hatte er an der Hochtafel gesessen, sich den Wein in die Kehle gegossen und nicht auf den Lärm gehört, das Lachen und Plaudern der Tafelnden.
Immer wieder war ihr Bild in ihm aufgestiegen, ihre angstgeweiteten blauen Augen. Sie liebte ihren Bruder.
Und sie war drauf und dran, Hochverrat zu begehen.
Die Frau macht mich zur Memme, dachte Rolfe grimmig. Er war kein Narr. Sie hatte sich vorsätzlich mit ihren Bruder im Wald getroffen, einem Verräter. Sie hatte sich Rolfes Befehlen widersetzt, obwohl sie genau wusste, welche Strafe ihr für ihr Vergehen drohte. Aber er hatte sie nicht bestraft, hatte sie stattdessen in Schutz genommen. Er hatte sich nicht nur schützend vor sie gestellt, er hatte auch nicht die Absicht, dem König ihren Verrat zu melden, und damit setzte er sich selbst ins Unrecht. Rolfe war ein ehrenwerter Mann mit strengen Prinzipien. Und nun verletzte er zum ersten Mal in seinem Leben seinen Ehrenkodex. Er war drauf und dran, seinen König zu hintergehen.
Wegen einer Frau.
Das durfte nicht wieder geschehen. Er würde Ceidre Gehorsam beibringen, und wenn es bedeutete, sie wie einen Hofhund an die Kette zu legen. Sie würde sich seinen Befehlen nicht noch einmal widersetzen und Verrat begehen.
Sollte sich so etwas wiederholen, musste sie die Konsequenzen tragen. Er durfte sie kein weiteres Mal verschonen.
Seine Stimmung verdüsterte sich mehr und mehr. Alice war während des Essens wieder einmal aufdringlich in ihrer betulichen Aufmerksamkeit gewesen und hatte ihm eilfertig nachgeschenkt.
Ihre Hand hatte die seine gestreift, ihr Lachen ihm schrill und falsch in den Ohren geklungen. Sie hatte ihre kleinen Brüste an seinen Arm gepresst. Sie war ihm gleichgültig, nein schlimmer, sie war ihm lästig, ging ihm auf die Nerven.
Ceidre hatte kein einziges Mal vom anderen Ende der Tafel zu ihm herüber geblickt.
Er hoffte nur, dass ihr klar war, welches Glück ihr beschieden war, ungestraft davonzukommen. Zum Teufel! Er hatte seine Männlichkeit verloren. Die Hexe schaffte es, dass er sie beschützte, während ihr nur daran gelegen war, ihn und alles, was ihm wichtig war, zu vernichten.
Alice hatte ihm eine Schmeichelei ins Ohr gegurrt, doch Rolfe hatte nicht zugehört. Er hatte die Frau mit dem kupferfarbenen Haar an seiner Tafel fixiert und sie mit seiner Braut verglichen. Bei Gott, er sollte Ceidre heiraten und nicht das boshafte, geschwätzige Frauenzimmer an seiner Seite!
Obgleich es nicht zu ändern war, konnte er seine sehnlichsten Wünsche nicht verbannen …
Und dann, Stunden später, gerade als er versuchen wollte, Schlaf zu finden, gerade als er sich nackt ausgezogen hatte, hatte sie vor seiner Tür gestanden, als hätte er sie gerufen. Und plötzlich war die Nacht nicht mehr trostlos gewesen, war das Dunkellicht und hell geworden. Sie hatte seine stummen Gebete erhört; sie war gekommen, um sein düsteres Gemüt aufzuheitern und, wie er im Rausch gehofft hatte, seinem gequälten Körper Erleichterung zu verschaffen.
Bedauerlicherweise war Rolfes Erinnerungsvermögen von diesem Moment an getrübt.
Sie hatten sich geküsst. Er hatte sie geküsst, und hatte wie eine lodernde Flamme darauf geantwortet. Und dann?
An mehr konnte er sich nicht erinnern. Sein letzter klarer Gedanke war, dass Ceidre in seinen Armen gelegen hatte.
Hatte er sie beschlafen? Nein, daran würde er sich gewiss erinnern!
Ein Klopfen an der Tür holte Rolfe in die Gegenwart zurück. Er brummte eine Antwort, und Athelstan trat mit einem munteren »Guten Morgen« ein und stellte eine Schale Haferbrei auf die Truhe. Rolfe rümpfte die Nase, als ihm der Geruch in die Nase stieg. »Bring das fort!« verlangte er.
»Was für ein wunderschöner Tag, Mylord«, sagte Athelstan vergnügt.
Rolfe beäugte ihn misstrauisch. »Was soll daran schön sein?«
»Es ist
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