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Der erotische Fremde

Der erotische Fremde

Titel: Der erotische Fremde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Sellers
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bis zum Eingang des Bahnhofs. Davor war ein wüstes Durcheinander. Autos standen in alle Richtungen geparkt. Leute stiegen über verkeilte Stoßstangen hinweg. Es war ein unglaubliches Geschrei und Gehupe.
    „Der Streik!" rief Mariel. „Ich habe gar nic ht mehr an den Fluglotsenstreik gedacht."
    So wie es aussah, würde sie in keinem Zug einen Platz bekommen. Vom Gare de Lyon gingen sämtliche Züge in südlicher Richtung, und heute war der erste August. Halb Paris würde heute Morgen Richtung Mittelmeer streben.
    Als sie den Bahnhof betraten, drängten sich die Menschenmassen darin wie Sardinen in der Büchse.
    „Wie soll ich hier nur das Amtravel-Büro finden?" rief Mariel.
    „Lass uns nach dem Schild Ausschau halten."
    Mariel lächelte ironisch. Sie war viel zu klein, um irgendetwas jenseits der Schultern um sie herum zu sehen.
    „Komm." Fred nahm ihre Hand und führte Mariel an der Wand entlang, wo man etwas leichter durchkam.
    Mariel fühlte sich klein und verletzlich angesichts einer solchen Menschenmasse. Jetzt war sie sehr froh, dass Fred darauf bestanden hatte, sie zu begleiten. Irgendwann fanden sie endlich die Wechselstube, allein hätte sie noch viel länger gebraucht.
    Natürlich war dort eine lange Schlange. Sie stellte sich an, während Fred sich an eine Säule lehnte und gedankenverloren die Menge beobachtete.
    Er hatte keine Ahnung, was Ghasibs Männer - denn ihre Verfolger konnten nur Ghasibs Leute sein auf die Spur von Haroun al Muntazir gebracht hatte. Aber sie waren ganz bestimmt nicht deshalb an ihm interessiert, weil er zu Prinz Omars Tafelgefährten gehörte. Es war klar, dass sie einen Verdacht hatten hinsichtlich seiner wahren Identität.
    Nun, auf diese Situation waren sie mehr oder weniger vorbe reitet, seit Ghasibs Agenten ihm beim Sicherstellen der Al-Jawa-di-Rose zuvorgekommen waren. Irgendwo gab es eine undichte Stelle in ihrem Sicherheitssystem, und jetzt hatte die Sache wirklich gefährliche Dimensionen angenommen.
    Sie waren immer davon ausgegangen, dass Ghasib davor zurückschrecken würde, einen bekannten AI Jawadi zu töten, aus Angst, dies könnte zu einem Volksaufstand in Bagestan führen. Falls es Ghasib jedoch gelingen würde, einen der Erben des ehemaligen Sultans zu töten, bevor dessen Identität bekannt wurde, wäre das ein wesentlich geringeres politisches Risiko.
    Ob Emma wohl Ghasibs Informationsquelle war? Es war natürlich dumm von ihm gewesen, sie am Abend zuvor das Telefon benutzen zu lassen. Nun ja, er wäre nicht der erste Mann, der sich von einer schönen Frau becircen ließ.
    Falls Emma wirklich ein Lockvogel war, dann würde es nicht lange dauern, bis die Typen hier aufkreuzten.
    Haroun stellte die Plastiktüte zwischen seinen Füßen ab und nahm sein Handy. Er wählte Ashrafs Nummer aus dem Speicher, und als die noch nicht vertraute Zahlenfolge auf dem Display erschien, überlegte er, ob er nicht am besten sämtliche neuen Nummern auswendig lernen sollte. Denn falls er dieses Handy verlor, wäre er auch verloren.
    Noch während er darauf wartete, dass Ashraf sich meldete, hörte er eine Stimme neben sic h.
    „Hätten Sie vielleicht ein bisschen Kleingeld für mich, für 'ne Tasse Kaffee?"
    „ Wenn ein Bettler zu dir kommt, dann gib ihm die erste Münze, die in deine Hand fällt, wenn du sie in die Tasche steckst."
    Ein alter Spruch, was hatte er heute noch für eine Bedeutung? Aber irgendwie war Haroun in der Hinsicht ein bisschen abergläubisch. Und wie der Zufall es wollte, hatte er gerade eine Hand in der Tasche, und sie hielt sein gesamtes Barguthaben - das Wechselgeld vom Taxifahrer. Er zog die Hand heraus und legte kurzerhand alle Münzen in die Hand des Bettlers.
    „Baleh", meldete sich Ashraf, während der Bettler sich über-schwänglich bedankte.
    Haroun nickte dem Bettler nur kurz zu. „Ashraf!" sagte er, und offenbar hatte seine Stimme ihn verraten, denn Ashraf reagierte besorgt.
    „Was ist passiert? Wo bist du?"
    „Gare de Lyon.
    „Gare de ...! Was ist los, Harry?"
    „Ich bin auf der Flucht. Mindestens drei Männer haben heute Morgen im Erdgeschoss auf mich gewartet. Ich habe jetzt gelb gefärbtes Haar, ein zerrissenes T-Shirt und ein Nasenpiercing. Aber es wird nicht lange dauern, bis sie uns wieder auf den Fersen sind."
    Ashraf kam natürlich sofort auf das Wesentliche, nämlich die tief greifende Bedeutung des kleinen Wörtchens „uns".
    „Diese Frau, die du in Verduns Büro aufgelesen hast, ist immer noch bei dir?"
    „Äh ...

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