Der erpresste Erpresser
„Wovon reden Sie überhaupt?“
Tückls Husten klang schrecklich. Dieses
Gebelle war das einzige, das hinschallte bis zu Karl und zu Behnke.
„Für das eine Jahr, das mir noch
bleibt“, sagte Tückl, „brauche ich viel Geld. Was du mir in den nächsten 30
oder 40 Jahren zahlst, Gudwede, interessiert mich nicht mehr. Ich will 50 000.
Jetzt und sofort. Einen Bankkredit in der Höhe gibt dir niemand, weil du
vorbestraft bist wegen Trunkenheit am Steuer, Trunkenheit am Arbeitsplatz,
Diebstahl, Beleidigung und Urkundenfälschung. Kein Kredit also. Aber wenn ich
dich an diese Herren verkaufe, geben sie mir das Geld. Kapiert? Und du,
Gudwede, bist ihr Dukatenesel bis in alle Ewigkeit.“
„Moment!“ schaltete Pestili sich ein.
„Soweit sind wir noch nicht. Und höchstens 30 000. Außerdem will ich den
Rentenbescheid sehen — den Vertrag mit der Versicherung.“
Tückl nickte. Und dachte: kein Problem.
Alles erstklassig gefälscht. Sogar die Versicherung, die angeblich zahlt, würde
darauf reinfallen — anfänglich.
„Und noch wichtiger“, sagte Pestili:
„Wir brauchen die Beweise für sein Verbrechen. Wen hat er umgebracht?“
„Seine Alte“, sagte Tückl. „Seine Frau
Helena. Er hat sie erschlagen. Unten am Fluß wollte er die Leiche in die Büsche
werfen. Damals habe ich noch leidenschaftlich fotografiert. Wie’s das Schicksal
so will — ich war im richtigen Moment unterwegs. Gudwede hat nicht gemerkt, wie
ich ihn abgelichtet habe — ihn und die Tote. Ein Dutzend Fotos, auf denen er
sich abmüht mit der Leiche. Super-Schnappschüsse! Jeden Foto-Wettbewerb könnte
ich damit gewinnen. Theoretisch! Dann habe ich Gudwede mit meiner Pistole
bedroht, und wir sind ins Gespräch gekommen.“
Trotzig sah der angebliche Mörder die
beiden Italiener an. „Ich bin kein schlechter Mensch. Ich war verzweifelt.
Dieses Monster — ich meine Helena — hat mir das Leben zur Hölle gemacht. Ich
bereue nichts — nur, daß Tückl mich erwischt hat.“
„Ohne mich“, schnappte der, „hätten
dich die Bullen fertiggemacht. Hattest nicht mal ein gescheites Alibi. Ich habe
es dir besorgt. Ich! Ich konnte den Bullen weismachen, daß wir die ganze Nacht
gezecht haben. Deshalb konnten sie dir nichts anhängen. Es hieß dann, deine
Alte sei einem unbekannten Raubmörder zum Opfer gefallen — als sie
spazierenging unten am Fluß. Nach dem Raubmörder suchen sie heute noch.“
Pestili trank von seinem Wein, schlürfend und gluckernd. „Aber damit, Tückl,
hat Gudwede auch Sie in der Hand.“
Der Zombie lachte auf. „Was mich die
Falschaussage kosten würde, sitze ich auf einer Backe ab. Zumindest hätte ich
damals die Zeit dafür gehabt. Aber meinen Freund hier erwartet lebenslängliches
Zuchthaus. Den kleinen Unterschied hat er begriffen. Was ist nun, meine Herren?
Machen wir den Deal (Handel) ! 40 000! Mein letztes Angebot.“
Pestili und Melfioso hatten sich mit
Blicken verständigt — und entschieden.
„Gut“, nickte Pestili. „Aber erst sehen
wir die Fotos, und wir kriegen die Negative.“ Er wandte sich an Gudwede. „Wenn
du deine Alte locker abmurkst — wieso ist dann Tückl noch am Leben?“
Gudwede hob die Achseln. „Er hat sich
abgesichert. Die Beweise, sagt er, sind bei einem Freund. Der läßt mich
hochgehen, wenn Tückl was passiert. Wer der Freund ist — keine Ahnung.“
Tückl grinste müde. „Ich wünschte, ich
hätte einen Freund. Jetzt kann ich’s ja sagen: alles Bluff.“
Gudwedes Augen wurden schmal.
Die Italiener grinsten.
„Bei uns“, sagte Pestili, „solltest du
an sowas gar nicht denken. Das ist dir doch klar?“
Gudwede nickte. „Ich habe mich
abgefunden mit meiner Situation. Wahrscheinlich muß ich auf diese Art sühnen —
auch wenn die Alte ein Miststück war.“
Tückl griff in die Brusttasche und zog
das Kuvert mit den Fotos hervor.
Pestili und Melfioso betrachteten sie.
„Ein Dutzend?“ Melfioso, der
Gorilla-Typ, machte zum erstenmal den Mund auf. „Ich zähle nur elf.“
Das überraschte Tückl. „Dann habe ich
eins wohl verschlampt. Oder es waren nur elf. Seit damals — und das ist drei
Jahre her — habe ich sie nicht mehr angesehen.“
Die Italiener waren zufrieden.
„Ich habe das Geld bei mir zu Hause“,
sagte Pestili. „Entweder wir treffen uns dort — heute abend. Oder hier. Wie Sie
wollen, Tückl.“
„Damit wir uns richtig verstehen“,
sagte der. „Ich meine 40 000 in echtem Geld. Keine Blüten, bitte!“
Pestili grinste. „Ehrliche
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