Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
Schloss. Logan wartete noch einen Moment, dann machte er kehrt und folgte ihr. Als er sich im Regen auf die Marischal Street hinauschlich, sah er sie mit dem Handy am Ohr die Straße entlangeilen. Am oberen Ende angelangt, bog sie nach rechts in die Union Street ab und blieb an der Bushaltestelle gegenüber dem Tolbooth stehen. Sie steckte das Handy wieder ein und wartete. Er konnte ihren Atem in der kalten Abendluft sehen.
Logan blieb zurück und drückte sich in den Eingang des Tilted Wig , wo er sie sehen konnte, sie ihn jedoch nicht. Der kalte Regen klatschte ihm die Haare an den Kopf und drang durch seine Jacke. Drei Gelenkbusse hatten schon angehalten und waren weitergefahren, als plötzlich ein unscheinbarer Citroën an der Bushaltestelle bremste. Die Scheibenwischer arbeiteten auf höchster Stufe. Jackie warf die Hände in die Luft, rief: »Wurde aber auch höchste Zeit!« und riss die Beifahrertür auf. Die Innenbeleuchtung ging an, und Logan konnte den Fahrer deutlich erkennen, ehe Jackie einstieg und die Tür hinter sich zuzog. Simon Rennie, das Arschloch.
Rennie setzte den Blinker und fädelte sich in den dichten Berufsverkehr ein. Logan stand da und sah ihnen nach, bis sie verschwunden waren.
Das Ferryhill House Hotel gehörte zu den ganz wenigen Lokalen in Aberdeen, die so optimistisch waren, mit einem Biergarten aufzuwarten – eine Ansammlung von Picknickbänken, die traurig und ungenutzt im strömenden Regen herumstanden. Logan, schlotternd und triefnass wie eine ersoffene Ratte, ging gleich durch in die Bar, zog seine Jacke aus und sah sich suchend um. Es war noch nicht ganz sieben Uhr, und von Rachael war nichts zu sehen.
Die Tische direkt am Kamin waren besetzt, also musste er mit dem nächstbesten vorliebnehmen. Er hängte seine tropfende Jacke über die Stuhllehne, holte sich an der Theke ein Pint Stella, setzte sich damit an den Tisch und starrte das Bierglas an. War es vielleicht doch noch nicht zu spät für einen Rückzieher? Vielleicht sollte er einfach nach Hause gehen. Es war –
»Sie sind tatsächlich gekommen!« Er blickte auf und sah Rachael Tulloch, die sich gerade aus ihrer knallorangefarbenen Regenjacke schälte. Jetzt war es endgültig zu spät. Sie zog den Stuhl gegenüber von ihm heraus und sank darauf nieder, wobei kleine, glitzernde Wassertröpfchen aus ihren Haaren fielen und auf der Tischplatte landeten. »Oh, Sie haben schon was zu trinken. Ich …« Sie machte Anstalten aufzustehen, doch Logan scheuchte sie auf ihren Stuhl zurück.
»Lassen Sie nur, ich hol Ihnen was. Gin Tonic?«
Sie errötete. »Ja, bitte.«
Als Logan zum Tisch zurückkam, sah er gerade noch, wie Rachael einen Lippenstift in ihrer Handtasche verschwinden ließ. »Danke«, sagte sie und nahm ihm den Drink ab. »Sie können sich gar nicht vorstellen , was ich für einen Tag hinter mir habe. Cheers.« Sie hielt ihr Glas hoch, und Logan stieß mit ihr an.
Sie tranken schweigend. »Äh …« begann sie, hüstelte und setzte noch einmal an. »Wir hatten heute jemanden im Gericht wegen dieser Diebstähle. In Tillydrone, Sie wissen schon?«
»Ach ja? Das ist ja super.«
»Mmmh …« Dann schwiegen sie wieder. »Ich hätte nicht gedacht, dass Sie kommen.« Sie spielte mit dem Glas in ihrer Hand, ohne ihn anzuschauen. »Ich dachte, Sie würden sich irgendwie herausreden oder einfach nein sagen oder …«
Logan wollte lachen, brachte aber nur einen merkwürdig erstickten Laut heraus. »Entschuldigung.« Er nahm einen großen Schluck Bier. »Ich bin froh, dass Sie mich gefragt haben.« Er war sich nicht sicher, ob das nun gelogen war oder nicht.
Sie lächelte. Ihre Augen glänzten, wenn sie das tat.
Bis zu dem indischen Restaurant in der Crown Street waren es zu Fuß nur fünf Minuten, aber sie waren beide schon bis auf die Haut durchnässt, als sie dort ankamen. Immerhin würden sie jetzt die peinlichen Gesprächspausen überbrücken können, indem sie sich mit dem Essen beschäftigten. Die allerdings wurden immer seltener. Die meiste Zeit redeten sie über die Arbeit. Logan erzählte Rachael von Zander Clarks viktorianischer Pornosammlung und gab dann eine Anekdote über DI Steel zum Besten. Sie hatte einer Prostituierten nachgesetzt, die in einem Sexladen geklaut hatte und bei ihrem Fluchtversuch eine Spur aus Vibratoren, schrittoffenen Slips und Gleitmitteltuben zurückließ. Rachael revanchierte sich mit der Geschichte eines Mannes, bei dessen Prozess sie die Anklage vertreten hatte. Er stand vor
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