Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
wieder einsetzte. »Na, dann kommen Sie mal«, sagte Logan. »Wenn ich mir das noch länger anhören muss, werde ich irgendwann handgreiflich.«
Die Polizistin bat ihn, sie kurz zu entschuldigen, und eilte hinaus in den Regen und die Dunkelheit, wo das Blaulicht des Streifenwagens seine trägen Bahnen zog. Gleich darauf kam sie zurück, schüttelte das Wasser von ihrer Polizeijacke und hielt grinsend einen Gegenstand hoch, der wie eine kleine Pistole aussah. »Hab ich mir im Internet besorgt«, erklärte sie, als sie die Treppe hinaufstiegen und in den ohrenbetäubenden Lärm eintauchten. »Kann es kaum erwarten, das Ding mal auszuprobieren.«
»Moment mal«, sagte Logan, als sie im ersten Stock ankamen. Er zückte sein Handy und rief die Leitstelle an, um zu melden, dass er um die Sicherheit des Wohnungsinhabers besorgt sei und sie sich deshalb gewaltsam Zutritt verschaffen würden. Von dem wütenden Mob im zweiten Stock war nichts mehr zu sehen – der alte Glatzkopf hatte sie sicher gewarnt und ihnen erklärt, dass die Polizei mehr daran interessiert war, sie wegen Vandalismus zu belangen, als etwas wegen Frank Garvies Serenade der ewigen Verdammnis zu unternehmen. » TRETEN SIE DIE TÜR EIN !«
» NICHT NÖTIG .« Die Polizistin baute sich vor der Tür auf, schob das spitze Ende ihrer »Pistole« ins Schlüsselloch, drehte es ein wenig und drückte den Abzug. Falls irgendetwas passierte, ging es in dem Getöse unter. » HA, HA ! SIEH MAL EINER AN !«
Die Tür sprang auf, und der Lärm wurde noch unerträglicher. Logan hielt sich die Ohren zu und stakste vorsichtig in die Wohnung. Die Fußmatte stank nach Pisse, also drückte er sich dicht an der Wand entlang und versuchte, nicht in irgendetwas zu treten, während er den kurzen Flur entlangging. Die Heimkinoanlage im Wohnzimmer pumpte unglaubliche Mengen an Lärm in die Wohnung, ein neuerliches Crescendo ließ die Dielen unter Logans Sohlen erbeben. Er betrat das Zimmer just in dem Moment, als alles schlagartig still wurde.
Frank Garvie hing an dem Stahlhaken an der Decke. Und zuckte.
Der Loop setzte wieder ein.
30
Es dauerte gerade einmal zwanzig Minuten, bis das »Team« von der Spurensicherung aufkreuzte: eine einsame Frau, die einen Instrumentenkoffer schleppte und ein Gähnen zu unterdrücken versuchte. »Ist das alles?«, fragte Logan, als sie sich in der nunmehr stillen Wohnung umsah.
Sie zuckte mit den Achseln. »Iain feiert seinen Ausstand. Ich habe als Einzige Bereitschaft.« An der Wohnzimmertür hielt sie inne und betrachtete eingehend die Leiche. Sie war von Kopf bis Fuß in einen dunkelroten Latexanzug gehüllt. Das glänzende Material war fast zum Bersten gespannt, und eine Maske mit Reißverschluss bedeckte das Gesicht. Vom Schritt und vom Gesäß zogen sich zwei dünne schwarze Drähte zu einem kleinen Kästchen am Boden. Der Tote hing nicht frei, sondern berührte mit den Zehen den Boden, sodass die Knie leicht gebeugt waren. Eine weiße Seidenschnur, vom Gewicht des Körpers straff gespannt, war an dem Haken in der Decke befestigt und im Nacken des Mannes zu einem Laufknoten gebunden. Am Hals hatte sich die Schnur so tief in den Gummi eingegraben, dass sie fast nicht mehr zu sehen war.
»Ist er schon für tot erklärt?«, fragte sie, während sie den Teppich nach Fußabdrücken absuchte.
»Das habe ich vom Notarztteam erledigen lassen.« Aber zuerst hatte Logan sich selbst vergewissert. Garvie war nicht nur tot, er war kalt – er musste schon seit Stunden dort hängen. Der ohrenbetäubende Lärm war von einer DVD gekommen: Buffy – Im Bann der Dämonen , Staffel 4. Er musste das Gerät auf »Alles abspielen« programmiert haben, und als die Folgen abgelaufen waren und Garvie tot am Haken hing, war es zum Hauptmenü und der Endlos-Musikschleife zurückgesprungen.
Die Frau von der Spurensicherung nickte. »Okay, gut. Sie gehen jetzt raus und warten, bis ich Ihnen Bescheid sage. Ich muss noch …«
»Den Overall anziehen. Ich weiß.«
»Gut, und jetzt raus mit Ihnen. Ich muss hier die Arbeit von ungefähr drei Leuten machen.«
Drei Stunden später saß Logan auf dem Rücksitz von Alpha dreizehn und aß ein Sandwich aus dem 24-Stunden-Supermarkt um die Ecke, als die Rechtsmedizinerin endlich auftauchte. »Achtung«, sagte der Constable, als Isobels wohlbekannter silberner Mercedes hinter dem Streifenwagen einparkte, »die böse Hexe des Westens ist im Anmarsch.«
Colin Miller stieg auf der Fahrerseite des Mercedes aus und eilte im
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