Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
der Garvie wohnte, »ich hab ja einen Cousin, der ist schwul, und er steht total auf Drambuie. Aber er ist aus Elgin.«
Die Rundumleuchte von Alpha dreizehn schickte blaue Blitze in den Regen hinaus und ließ die Tropfen funkeln wie winzige Glühbirnchen. Logan dankte der Hundeführerin, kletterte hinaus und lief zu dem Streifenwagen hinüber. »Was liegt an?«
Der Constable deutete auf das Haus, in dem Garvie wohnte. »Die Nachbarn haben vor einer halben Stunde angerufen und sich über den Lärm beschwert. Seitdem fragen sie alle fünf Minuten nach, wieso wir noch nichts unternommen haben.«
»Wann ist Garvie nach Hause gekommen?«
Der Constable zuckte mit den Achseln, und Logan fluchte. »Sie sollten doch das Haus im Auge behalten!«
»Ich kann nichts dafür – meine Schicht hat erst um zehn angefangen.«
»Herrgott noch mal …« Logan schlug den Kragen hoch und sprintete durch den Regen über den kurzen Gartenweg auf den Eingang zu. Von oben schallten wütende Stimmen durchs Treppenhaus und versuchten die dröhnende Musik zu übertönen, die die Wände erzittern ließ. Er stieg die Treppe hinauf, und mit jedem Schritt wurde der Krach noch lauter.
BAMM ! BAMM ! BAMM ! » DREHEN SIE DAS VERDAMMTE DING LEISER !« Eine Männerstimme.
» SIR, ICH FORDERE SIE ZUM LETZTEN MAL AUF …«
» SEHEN SIE JETZT, WAS WIR UNS HIER GEFALLEN LASSEN MÜSSEN ?« Eine schrille Frauenstimme.
» MACH AUF, DU PERVERSES SCHWEIN !« Wieder der Mann.
Sie waren im zweiten Stock versammelt: fünf wütende Hausbewohner und eine genervt wirkende Polizistin. Der Lärm aus Garvies Wohnung war ohrenbetäubend, ein Wimmern und Wummern und Dröhnen von Geigen und Keyboards, die sich zu einem markerschütternden Crescendo steigerten – und dann schlagartig verstummten. Und dann fing es wieder von vorne an, eine endlose Schleife. Kein Wunder, dass die Nachbarn schäumten – eine Stunde in diesem Lärm, und sogar der Papst wäre mit einem Baseballschläger auf der Union Street Amok gelaufen.
Garvies Wohnungstür war inzwischen ein weiteres Mal frisch gestrichen worden – mit Obszönitäten, die sich über das ganze Türblatt zogen und über die Wände wucherten wie eine aggressive Infektion. Logan tippte der Beamtin auf die Schulter. »Irgendwas Neues?«
» WAS ?«
» ICH SAGTE: GIBT ES IRGENDETWAS NEUES ?«
Sie schien einen Moment verwirrt und brüllte dann zurück: » NEIN. DAS GEHT SCHON SO, SEIT WIR HIER ANGEKOMMEN SIND. DER WOHNUNGSINHABER MACHT NICHT AUF UND …«
»Okay.« Logan trat vor die Tür, ließ sich in die Hocke fallen und rümpfte die Nase, als ihm der Gestank von menschlichem Urin entgegenschlug. Er streifte sich einen Latexhandschuh über und hob den Deckel des Briefschlitzes an. Der Flur lag im Dunkeln, nur aus dem Wohnzimmer drang ein wenig Licht. Von dort kam auch das nervenzerfetzende, sich endlos wiederholende Getöse.
» DAS HAB ICH SCHON VERSUCHT !«, rief die Polizistin. » NIX ZU SEHEN VON DEM KERL !«
Logan bedeutete ihr, ihm nach unten zu folgen. Kaum waren sie außer Sichtweite, fingen die Nachbarn schon wieder an, die Tür mit Fäusten zu bearbeiten. »Haben sie sich selber eingebrockt«, meinte Logan. »Sie haben den armen Kerl schließlich terrorisiert – diese Sauereien an die Tür gesprüht, durch den Briefschlitz gepinkelt, Hundescheiße in einer brennenden Papiertüte reingeworfen. Ich nehme an, er hat sich das nervigste Musikstück ausgesucht, das er finden konnte, es auf eine kurze Endlosschleife programmiert und sich für die Nacht ein Hotelzimmer genommen. Rache ist süß.«
Die Polizistin nickte. »Und was machen wir jetzt?«
Logan starrte nach oben, wo die Musik gerade zum x-ten Mal einsetzte. »Wir werden die Tür aufbrechen müssen. Sonst werden sie ihn noch lynchen, wenn er zurückkommt. Sie …«
» WIES O TUN SIE DENN NICHTS, VERDAMMT NOCH MAL ?« Ein älterer Mann mit kahlem Schädel kam die Treppe vom zweiten Stock heruntergepoltert. Sein Gesicht glühte schlaganfallrot.
»Wissen Sie etwas über die vorsätzliche Sachbeschädigung an Mr. Garvies Wohnung, Sir?«
Der Mann blieb stehen. Er wurde blass und gleich darauf wieder knallrot. »Beschuldigen Sie etwa mich?«
»Dachte ich mir’s doch.« Logan wandte sich an die Polizistin. »Haben Sie Namen und Adresse dieses Herrn notiert, Constable?«
»Ja, Sir.«
»Gut.« Sie standen da und starrten den Mann an, der schon wieder den Rückzug nach oben antrat. Er verschwand im gleichen Moment aus ihrem Blickfeld, als die Musik
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