Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
ein Sperrfeuer von Fragen. Sandy Moir-Farquharson, Strafverteidiger der Extraklasse – groß, elegant gekleidet, mit angegrautem Haar, leicht schiefer Nase und einem Junioranwalt als Schirmhalter. Rob Macintyre ging beschwingten Schritts an seiner Seite und grinste über beide Ohren – trotz der geschwollenen Lippe, die er Jackie zu verdanken hatte. Er trug einen sehr teuer aussehenden anthrazitfarbenen Anzug, und der rubinrote Ohrstecker – sein Markenzeichen – funkelte im Scheinwerferlicht. Das Detail hatte er dreist von anderen, berühmteren Fußballern der englischen Ligen abgekupfert, aber immerhin war Macintyres Stein rot – die Farbe seines Vereins, des FC Aberdeen. Die Dritte im Bunde hielt sich ein wenig im Hintergrund: eine kräftige, grauhaarige Frau – dieselbe, die am Abend zuvor den dicken Gary angekeift hatte. Jetzt hatte sie ein triumphierendes, selbstzufriedenes Lächeln auf den Lippen.
Logan stand da unter seinem Schirm, den er aus dem Fundbüro hatte mitgehen lassen, und verzog angewidert das Gesicht. »Das sieht nicht gut aus.«
DI Steel schnaubte, die Arme vor der Brust verschränkt, die Miene verbissen. »Wie immer, wenn dieser schleimige Widerling die Finger im Spiel hat.«
Der Anwalt hob die Arme, und die Journalistenschar verstummte. »Es ist mir eine Freude, Ihnen mitteilen zu können, dass der Richter meinem Mandanten Mr. Macintyre die Gelegenheit eingeräumt hat, sich vor Gericht gegen diese lächerlichen Anschuldigungen zur Wehr zu setzen.«
»Wunderbar.« Steel wühlte in ihren Taschen und fischte eine Schachtel Zigaretten heraus. » Wir erheben Anklage gegen das kleine Arschloch, und er tut so, als wäre das alles auf ihrem Mist gewachsen!«
»Wir werden«, fuhr der Anwalt fort, »Mr. Macintyres Unschuld absolut zweifelsfrei beweisen, und die Grampian Police wird gezwungen sein, ihre verabscheuenswürdige Rufmordkampagne ein für alle Mal einzustellen. Wir können nur vermuten, dass irgendjemand da oben« – er deutete auf den hoch aufragenden schwarz-weißen Klotz des Polizeipräsidiums – »ganz entschieden etwas dagegen hat, dass Aberdeen schottischer Meister wird!« Damit erntete er tatsächlich einen Lacher. Und dann gingen die Fragen los – allesamt pariert von Sandy Moir-Farquharson, ehe sein Mandant auch nur den Mund aufmachen konnte. »Werden Sie diesen Samstag gegen Falkirk spielen?« – »Was sagt Ihre Verlobte zu der ganzen Sache?« – »Stimmt es, dass Sie ein Angebot von Manchester United haben?« Nur eine Journalistin fragte, ob Macintyre nicht früher schon einmal mit dem Vorwurf der Vergewaltigung konfrontiert worden sei, doch Sandy ignorierte sie und beantwortete stattdessen eine wesentlich pflegeleichtere Frage über Macintyres Heiratspläne. Die Einzige, die etwas davon mitbekommen zu haben schien, war Macintyres Mutter. Den Rest der Pressekonferenz verbrachte sie damit, böse Blicke in Richtung der Frau abzufeuern, die es gewagt hatte, die Vergangenheit ihres Sohnes aufs Tapet zu bringen.
Der Anwalt ließ noch ein paar weitere Fragen zu, ehe er den grinsenden Macintyre samt seiner Frau Mama zu einem wartenden BMW geleitete. Sie entschwanden in einem Blitzlichtgewitter. DI Steel zog ausgiebig die Nase hoch und spuckte dann in den Regen. »Dieser schleimige alte Drecksack. Und wir haben vorhin schon gedacht, Insch wäre mies drauf. Nach der Vorführung da muss er ja kurz vor dem Schlaganfall stehen.« Sie hielt ein Feuerzeug an ihre Zigarette, und der Rauch sammelte sich unter dem Schirm. »Wenn man vom Teufel spricht …«
Insch kam gerade aus dem Gerichtsgebäude und stapfte die Queen Street hinunter, das Gesicht zu einer hässlichen Grimasse verzerrt, in der Hand einen riesigen Golfschirm, der dennoch kaum ausreichte, um seine überbordende Leibesfülle vor dem Regen zu schützen. Jemand trat vor ihn hin – ein dünner Mann mit Bart und Brille, der wütend mit den Armen fuchtelte. Der Inspector hielt einen Moment inne, dann packte er den Mann am Arm und bugsierte ihn durch den Haupteingang ins Präsidium. Logan schnappte ein paar Satzfetzen auf – »Er ist es gewesen, oder nicht? Wieso zum Teufel lassen Sie ihn laufen? Was fällt Ihnen eigentlich ein …« –, bevor die Türen wieder zufielen.
Steel blieb noch draußen, um ihre Kippe fertigzurauchen, während Logan sich ins Trockene rettete, um sich zu vergewissern, dass alles für die Einsatzbesprechung vorbereitet war. Er hielt den Kopf gesenkt, als er an Insch und dem wütenden Mann
Weitere Kostenlose Bücher