Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
zu verrücken! Zerstört den ganzen Energiefluss im Raum! Es …«
Sie schlugen den Teppich zurück und legten den dunklen Streifen zwischen Dielen und Falltür frei. »Na ja«, meinte Logan, als Rickards sich verlegen entschuldigte, »ich habe natürlich auch den Vorteil, dass ich hier schon mal eine Razzia gemacht habe.«
Der Keller erstreckte sich nicht ganz über die gesamte Länge von Ma Stewarts Büro: eine enge Kammer mit Mauern aus weiß getünchten Betonblöcken, die eine Schmalseite vom Boden bis zur Decke mit Pappkartons zugestellt: Zigaretten, Whisky, Wein und – aus irgendeinem unerfindlichen Grund – Windeln. Am anderen Ende war ein Mini-Raubkopiererstudio eingerichtet: vier Computer und ein Stapel DVD-Brenner. Es war noch nicht einmal eine automatische Anlage – irgendjemand musste die DVDs von Hand wechseln. In der Ecke stand ein kleiner Farblaserdrucker, daneben ein Stoß Etiketten und ein paar Kisten mit DVD-Rohlingen.
»Ich bewahre die Sachen eigentlich bloß für jemanden auf«, versicherte Ma Stewart mit ihrem charmantesten Lächeln, ganz die harmlose alte Dame von nebenan. »Wie wär’s denn jetzt mit einem schönen Tässchen Tee, die Herrschaften? Wir haben noch Rosinenkuchen da.«
Logan nahm sie fest.
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»Komisch«, meinte Rickards, nachdem sie Ma erkennungsdienstlich erfasst und in eine Zelle gesteckt hatten, »ich hätte nicht gedacht, dass sie es so … gelassen hinnimmt.«
Logan schnaubte. »Sie ist es gewohnt. Seit Jahren buchten wir sie regelmäßig ein, weil wir sie beim Handeln mit Pornografie erwischen. Wir nehmen sie fest; sie will uns nicht verraten, wer ihre Lieferanten sind, weil ›niemand einen Petzer mag‹, und so muss sie vor dem Bezirksrichter antanzen, wo sie wieder mal die verwirrte alte Dame spielt. Er hat Mitleid mit ihr, sie kommt mit einer kleinen Geldbuße davon, plus ein paar Stunden gemeinnützige Arbeit, die ihr sogar Spaß macht – und ungefähr ein Jahr darauf erwischen wir sie wieder, worauf das Ganze von vorne anfängt.« Er schüttelte den Kopf. »Und täglich grüßt das Pornovideo.«
»Sollen wir …«
»Entschuldigen Sie die Störung.« Es war DC Rennie, ganz aufgeregt und außer Atem. »DI Insch will Sie ihn seinem Büro sprechen.«
»Hat das nicht noch Zeit?«
Rennie wand sich. »Na ja, wissen Sie … es hat schon wieder eine Vergewaltigung gegeben …«
Logan schloss die Augen. »Scheiße.«
»Und das ist noch nicht das Schlimmste.«
Als Logan das Büro des Inspectors betrat, schien der Gipfel des Tobsuchtsanfalls schon überschritten, aber die Luft knisterte noch immer von aufgestauter Rage. Inschs Gesicht glühte in grimmigem Purpurrot, und mit finsterem Blick fixierte er Jackie, die mit den Händen hinter dem Rücken vor seinem Schreibtisch stand und die Finger abwechselnd beugte und streckte. Und dann war da noch ein uniformierter Constable, der zusammengesunken in einem der Besuchersessel hockte, sich einen dicken Ballen Klopapier an die Nase hielt und leise vor sich hin stöhnte.
»Ich habe nur …« Weiter kam Jackie nicht. Insch reckte einen fetten Zeigefinger in die Höhe und brachte sie zum Schweigen.
»Kein Wort mehr!« Der Kollege mit der blutigen Nase gab ein paar unverständliche Laute von sich, aber Insch war nicht in Stimmung. »Das gilt auch für Sie!« Es wurde schlagartig still.
Logan schwante Übles. Man musste kein Genie sein, um sich zusammenzureimen, was passiert war. »Sie wollten mich sprechen, Sir?«
»Wurde aber auch allerhöchste Zeit. Nehmen Sie das da mit« – er zeigte auf Jackie – »und knöpfen Sie es sich vor. Sagen Sie ihm, dass es verdammt knapp vor der Suspendierung steht, und wenn es sich nicht bald am Riemen reißt, KRIEGT ES VON MIR EINEN TRITT IN DEN ARSCH, DASS ES VON HIER BIS BALMORAL FLIEGT !« Kleine Spucketröpfchen spritzten im hohen Bogen durch das stickige Büro. Insch durchbohrte Jackie mit seinem Blick. »Gehen Sie mir bloß aus den Augen!«
Sie stand eine Weile schweigend da und starrte wütend auf den Teppich zu ihren Füßen. Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und stürzte an Logan vorbei hinaus auf den Flur. Logan erstarrte, sah in Inschs zornumwölktes Antlitz, warf einen kurzen Blick auf PC Blutige Nase, verkniff sich sämtliche Fragen und eilte Jackie hinterher. Er zog gerade die Tür hinter sich zu, als eine neuerliche Schimpftirade einsetzte.
Sie hatte schon fast das Treppenhaus erreicht, als er sie einholte. »Willst du mich vielleicht aufklären?«
»Sind denn
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