Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
ließ sich in einen Sessel sinken und hielt vorsorglich den Mund, bis der Dicke fertig war. Er fragte sich allmählich, wie lange es dauern würde, bis irgendetwas in dem Inspector platzte. So etwas konnte für einen Mann von Inschs Dimensionen doch unmöglich gesund sein.
»Wir fahren vielleicht besser, wenn wir an ihren Sinn für Anstand appellieren«, sagte Logan, nachdem Insch wieder eine halbwegs normale, menschenähnliche Farbe angenommen hatte. »Wir könnten …«
»Anstand? Sie wollen mich wohl auf den Arm nehmen? Sie verkauft Pornos an Schulkinder!«
»Ja, aber sie selbst findet das ganz in Ordnung. Wenn sie es nicht tut, wie sollen die Kleinen dann etwas über Sex lernen?« Er hob eine Hand, kaum dass Insch den Mund aufgemacht hatte. »Ich weiß, aber in ihren Augen ergibt das durchaus einen Sinn. Ich denke, wenn wir ihr das Video zeigen und vielleicht ein paar Autopsiefotos, wird sie sehr bald die brave Staatsbürgerin in sich entdecken.«
Der Inspector schnaubte verächtlich, aber Logan ignorierte ihn. »Sie hilft, Wohltätigkeitsbasare für die Alten zu organisieren, sie sammelt Geld für den hiesigen Pfadfinderverband – sie sieht sich als eine Stütze der Gemeinschaft.«
»Ein gottverdammter Albtraum, das ist sie!« Er lief wieder violett an.
»Äh …« Das würde er vermutlich bereuen. »Ist alles in Ordnung mit Ihnen, Sir? Sie wirken ein bisschen …« Es schien ihm besser, den Satz nicht zu beenden.
Insch funkelte ihn an. »Achtzig Kilo, okay? Sind Sie jetzt zufrieden? So viel soll ich abnehmen, haben sie mir gesagt.«
»Oh.«
»Wie zum Teufel soll ein Mensch das fertigbringen, sein halbes Körpergewicht zu verlieren? Geht doch nichts über realistisch gesteckte Ziele, hm? Dieses saublöde ›Fit wie ein beschissener Turnschuh‹-Programm – wenn ich den Intelligenzbolzen erwische, der …«
»Ich habe Tee gemacht.« Ma Stewart kam zur Tür herein. Sie war schon wieder fast die Alte – mit Blümchenrock und Bluse, pastellfarbener Strickjacke, strahlendem Lächeln und viel zu viel Make-up. Man wäre nie auf die Idee gekommen, dass sie sich gerade eine geschlagene Viertelstunde lang die Augen aus dem Kopf geheult hatte, weil Insch sie angeschnauzt hatte. Sie gab ihm sogar das größte Kuchenstück. Und achtzig Kilo hin oder her, der Inspector aß es bis auf den letzten Krümel auf.
Logan wartete, bis Insch den Mund voll hatte, und sagte dann: »Ma, ich habe hier einen Film, den Sie sich einmal anschauen sollten.« Er zog die DVD-Hülle mit den Zeichentrick-Pinguinen aus der Tasche. »Das ist der, den wir in Ihrem Laden gefunden haben.«
Sie klatschte in die Hände. »Ich hol nur rasch den Sherry!«
Sie sah sich das Amateurvideo schweigend an und verzog keine Miene, als Jason Fettes schrie und sich in seinen ledernen Fesseln wand. »Das ist nicht besonders gut«, bemerkte sie schließlich. »Ich meine, die Spezialeffekte sind ganz okay, aber wer will schon das ewige Gejammer hören? Das ist nicht sehr sexy.«
»Das ist alles echt.« Logan schlug die Fallakte auf und nahm die Hochglanzfotos von Jason Fettes’ Autopsie heraus. »Jason war einundzwanzig.« Er legte ein Foto auf den Couchtisch. »Er wollte Schauspieler werden. Er schrieb an einem Drehbuch. Er starb unter entsetzlichen Qualen. Seine Eltern kamen aus dem Urlaub zurück und mussten erfahren, dass ihr Sohn tot ist.« Bei jedem Satz legte er ein weiteres Foto hin, bis der ganze Couchtisch mit Farbaufnahmen gepflastert war, bei deren Anblick es einem den Magen umdrehte.
»Ich …« Sie fuhr sich mit trockener Zunge über die scharlachroten Lippen. »Ich hätte gerne ein Glas Wasser, bitte.« Dann schloss sie die Augen, um die Fotos nicht länger ansehen zu müssen.
»Von wem haben Sie den Film bekommen?«
»Mir ist nicht ganz wohl …«
»Ein junger Mann ist tot, Ma. Als kleiner Junge war er bei den Pfadfindern. Genau wie Ihre Enkel.«
»Ich weiß nicht … O Gott …« Sie sprang aus ihrem Sessel auf und stürzte in die Küche. Bis ins Wohnzimmer konnten sie sie würgen hören. Logan sammelte die Fotos ein und steckte sie zurück in den Ordner.
Bald darauf saß sie wieder in ihrem Sessel, immer noch reichlich grün im Gesicht, und hielt sich an einem Glas Wasser fest.
»Also«, sagte Insch, »möchten Sie uns jetzt erzählen, wo Sie den Film herhaben?«
Ma schauderte. »Ich hatte doch keine Ahnung. Ich dachte, es wäre bloß … na, Sie wissen schon. Irgendwelche Spielchen.«
»Also, wer war es?«
»Die meisten
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