Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
eine selbst gedrehte Zigarette im Mundwinkel und schwang einen Meißel auf einem Ölstein hin und her, wobei er ab und zu innehielt, um die Schärfe zu prüfen. Er blickte auf, als Logan kurz vor der Schuppentür stehenblieb. »Sergeant McRae, wie geht’s? Was kann ich für Sie tun?«
»Ich will Ihr Bein sehen.«
Der alte Mann zog eine Augenbraue hoch und drückte seine Zigarette auf einer Untertasse aus. »Gleich beim ersten Rendezvous? Sie gehen aber ganz schön …«
»Das ist kein Witz.« Logan hielt den Haftbefehl hoch. »Ich verhafte Sie wegen des Verdachts auf Kindesmissbrauch.«
»Das muss ganz bestimmt eine Verwechslung sein. Ich würde niemals ein Kind anrühren. Das ist doch widerlich …«
»Erinnern Sie sich noch an Sean Morrison, Mr. Whyte? Und wie sehr er Craig gleicht, Ihrem kleinen Jungen? Der sich dann später das Leben genommen hat? Wegen dem, was Sie ihm angetan hatten?«
Whyte senkte den Blick auf den Meißel in seiner Hand und sah dann wieder Logan an. »Ich hör mir das nicht länger an.« Er packte den Griff noch fester. »Verlassen Sie sofort unser Grundstück.«
»Haben Sie für ihn den Ersatzopa gespielt? Sie sind ungefähr so alt wie Seans Großvater. Er machte sich Sorgen um ihn, und Sie haben das ausgenutzt …«
»Wenn Sie nicht gleich verschwinden, kann ich für nichts garantieren.« Er trat vor, und die Spitze des Meißels zuckte hin und her wie der Kopf einer Schlange. »Verschwinden Sie aus meinem Garten. Auf der Stelle!«
»Und Sie waren auch noch dumm genug, es auf Video aufzunehmen!«
»Lügen!« Whytes Gesicht verfinsterte sich. »Sie haben hier nichts verloren!«
»Wir sind heute Morgen darauf gestoßen. Sie haben einen achtjährigen Jungen missbraucht, und Sie haben sich selbst dabei gefilmt, Sie Idiot. Die alte Sportverletzung.« Logan deutete auf das Bein des Mannes. »Wir werden Ihre Narbe mit der im Film vergleichen, und dann werde ich Sie hinter Gitter bringen, damit Sie nicht mehr …«
»Ich habe nichts getan!« Die Worte wurden von einem kleinen Schauer bräunlicher Speicheltropfen begleitet. »Machen Sie, dass Sie hier verschwinden, und zwar SOFORT !« Er trat noch einen Schritt vor. Die frisch geschliffene Schneide des Meißels funkelte im schwachen Sonnenlicht.
Logan zog eine Dose Pfefferspray aus der Tasche und richtete die Düse auf Whytes Gesicht. »Legen Sie den Meißel weg, und kommen Sie aus dem Schuppen.«
Whyte spähte über Logans Schulter auf Rennie und Rickards, die direkt hinter ihm standen. Kein Ausweg. Er warf einen Blick auf die Dose in Logans Hand und ließ den Meißel fallen. Das Werkzeug drehte sich in der Luft, landete mit der Schneide voran und bohrte sich in das regennasse Gras. »Ich will einen Anwalt. Ich …«
Logan sprühte dem alten Mann voll in die Augen. Er schrie sogar noch lauter als damals Sean Morrison.
54
»Meine Fresse.« DI Steel saß an ihrem Schreibtisch und las Logans Bericht. »Und er hatte keine Ahnung, dass Garvie das Video an andere Kinderschänderschweine verhökert hat?«
»Wir wissen noch nicht einmal, ob er das tatsächlich getan hat. Die Aussicht auf noch ein paar Jahre in Peterhead hat Kevin Massies Reue geweckt: Er hat uns erzählt, dass sie insgesamt zu fünft oder sechst waren. Sie haben untereinander Heimvideos und Fotos ausgetauscht, dazu Sachen, die sie sich aus dem Internet heruntergeladen haben. Sie haben die Bilder verschlüsselt, sodass nur sie selbst sie sehen konnten, und alles auf Garvies Server geladen. Massie behauptet , er habe nie erfahren, wer die anderen Mitglieder waren. Keiner hat je seinen wahren Namen benutzt, und deshalb kann er uns auch nicht zu ihnen führen.«
»Wie praktisch.«
»Whyte verweigert die Aussage, aber die Narbe an seinem Bein ist identisch mit der in dem Video, und damit kriegen wir ihn auf jeden Fall dran.«
Steel nickte weise. »Sehen Sie! Ich hab Ihnen doch gesagt, dass hinter dieser Sean-Morrison-Geschichte mehr steckt, als man denkt.«
Logan verkniff sich eine Erwiderung darauf – DI Steels selektive Erinnerung hatte mal wieder zugeschlagen. Stattdessen lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück und starrte aus dem nikotingetrübten Fenster. »Der Erkennungsdienst hat den Schlüssel, den wir bei Daniel Whyte gefunden haben, an Garvies Servern ausprobiert.«
Steels Miene hellte sich auf, und die Fältchen in ihrem Gesicht zuckten aufgeregt. »Und?«
»Zwanzig Videoclips, das ist alles. Alle anderen Dateien lassen sich damit nicht entschlüsseln. Es
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