Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
wohnte?«
»Natürlich, was sonst? Es wurde immer noch schlimmer; drei Wochen hatten wir ihn hier, und es war der reinste Albtraum.« Er sah auf seine Uhr. »Sagen Sie, wird das noch lange dauern? Ich muss die Mädchen in die Ballettstunde bringen.«
»Wie kam es, dass er sich so veränderte?«
»Woher soll ich das wissen?« Es klang ein wenig so, als fühlte er sich angegriffen. »Wie ich schon sagte, anfangs schien alles in Ordnung zu sein mit ihm, und dann, von einer Minute auf die nächste – bumm . Da muss in der Schule irgendwas passiert sein – vielleicht hat ihn ein Mitschüler schikaniert, vielleicht hatte er Ärger mit einem Lehrer oder hat bei einem Test besonders schlecht abgeschnitten.« Er stand auf und fuhr mit den Händen durch sein dünnes Resthaar. »So, jetzt muss ich aber wirklich los. Wenn die Mädchen nicht pünktlich zum Beginn der Stunde da sind, schicken sie sie wieder nach Hause. Und man bekommt noch nicht mal sein Geld zurück.«
»Gut, dann würde ich gerne mal mit Ihrer Frau sprechen, falls sie in der Nähe ist.«
»Sie fährt Ewan samstags immer zum Fußballtraining.« Er ging zur Tür und rief nach oben, seine »kleinen Prinzessinnen« sollten gefälligst in ihre Tutus springen und runterkommen, sonst würden sie sich noch verspäten. Kurz darauf ließ ein Getrampel wie von einer kleinen Elefantenherde das Treppenhaus erbeben, und zwei kleine Mädchen in pinkfarbenen Ballettröckchen und Dufflecoats kamen angerannt. Sie waren erst fünf und hüpften aufgeregt auf der Stelle, während ihr Vater versuchte, ihre Füße in Gummistiefel zu stecken.
Als die Mädchen Rickards entdeckten, quieksten sie aufgeregt und versteckten sich hinter den Beinen ihres Vaters, von wo sie den fremden Polizisten in ihrem Haus ängstlich beäugten. »Nehmen Sie es nicht persönlich«, sagte Whyte, während er seine Ballerinas Richtung Haustür bugsierte. »Sie haben etwas gegen Männer in Uniform – Sie sollten sie erst mal sehen, wenn der Briefträger kommt. Na los, Mädels – wer zuletzt im Auto ist, ist ein Stinkstiefel!«
»Also«, sagte Logan und drückte Mr. Whyte eine Grampian-Police-Visitenkarte in die Hand, »falls Ihnen noch irgendetwas einfällt, sagen Sie mir Bescheid. Und ich muss auch noch mit Ihrer Frau und Ihrem Sohn sprechen.«
»Ja, ja, okay, kein Problem.« Er stopfte die Karte in die Hosentasche, ohne einen Blick darauf zu werfen, und scheuchte die beiden hinaus in den Regen. »Molly-Schatz, schnall dich nur ja richtig an, sonst wird der böse Polizist dich festnehmen!«
»Es ist der Junge, oder?«, meinte Rickards, während Whyte aus der Einfahrt zurücksetzte und die beiden Mädchen ihn anstarrten, als wären ihm plötzlich Hörner gewachsen. »Er steckt hinter dem ganzen Vandalismus.«
Logan nickte. »Wäre ein verdammt dicker Zufall, wenn’s nicht so wäre … und ich wette, dass Whyte es auch weiß. Da fragt man sich doch, wieso Sean Morrisons Papa so hartnäckig den Ahnungslosen gespielt hat. Whyte hätte doch in null Komma nichts bei ihm auf der Matte gestanden und einen Mordsaufstand gemacht. Wäre auch vollkommen verständlich gewesen.«
»Vielleicht will er nicht zugeben, dass sein Sohn ein scheußliches kleines Monster ist?«
»Dafür ist’s jetzt ein bisschen spät, oder?« Sie stiegen in ihren Wagen. Logan sah zu, wie die Regentropfen ihre Bahnen über die Frontscheibe zogen und jäh weggeputzt wurden, als Rickards den Motor anließ und den Scheibenwischer einschaltete.
»Wohin jetzt?«
»Warten Sie mal einen Moment.« Logan fischte sein Handy heraus und rief noch einmal die Leitstelle an. »Wegen dieser Vandalismusanzeigen von Whyte am Hamilton Place – hat der Mann gesagt, ob er irgendwen verdächtigt?«
Eine Pause am anderen Ende, das plastiktrockene Geklapper einer Computertastatur, und dann: » Keine Namen … Fingerabdrücke gab’s auch keine – hat immer Handschuhe getragen … Fenster … Auto … Fische … wieder Fenster … Keine Treffer in irgendwelchen Dateien. Der ermittelnde Kollege meinte, es müsste jemand sein, der einen Groll gegen die Familie hegt. «
»Erstaunliche Erkenntnis. Und die letzte Anzeige stammt von Donnerstagabend?«
» Einundzwanzig Uhr .« Der Abend des Tages, an dem Sean Morrison zwei Menschen niedergestochen hatte. Logan dankte der Kollegin, legte auf und trommelte eine Weile mit den Fingern auf dem Armaturenbrett herum.
»Sir?«
»Bin gleich wieder da.« Er stieg wieder aus und ließ Rickards im Wagen sitzen, um
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