Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
überleben.«
16
Bei Detective Inspector Insch musste man immer aufpassen, dass er das, was man sagte, nicht in den falschen Hals bekam. Das Dumme war nur, dass er in letzter Zeit gar keinen richtigen Hals mehr zu haben schien. Logan holte tief Luft und klopfte an die Tür des Inspectors, nachdem er die letzten zwanzig Minuten in der Kantine gehockt und sich verzweifelt den Kopf darüber zerbrochen hatte, wie er den Mann beschäftigt halten könnte, ohne direkt mit ihm zusammenarbeiten zu müssen.
Eine tiefe, grollende Stimme kam von der anderen Seite der Tür. »Herein!« Ungefähr so warm und herzlich wie die Bandsäge eines Schlachters. Inschs Büro war größer als das von Steel und wesentlich sauberer und aufgeräumter, geschmückt mit gerahmten Theaterplakaten: Amateurinszenierungen von Musicals wie Kiss me, Kate und Chicago sowie einer Handvoll Märchenspielen, in denen unter anderem DI Insch in diversen lächerlichen Kostümen zu bewundern war. Den Ehrenplatz nahm das Plakat von Der Mikado ein – es hing in einem großen Mahagonirahmen an der Wand gegenüber von Inschs Schreibtisch.
Der massige Mann blickte zu Logan auf, sagte: »Ach, Sie sind’s«, und hämmerte weiter grimmig mit seinen Wurstfingern auf die Tastatur ein.
»DI Steel meinte, ich sollte mal zu Ihnen raufgehen und …«
»Was zum Teufel haben die sich dabei gedacht, mich für die arbeiten zu lassen?«
Logan ließ sich auf einen von Inschs Besucherstühlen fallen und machte sich auf eine weitere Jammerorgie gefasst, aber Insch knirschte nur mit den Zähnen und hackte weiter in die Tasten.
Als er merkte, dass nichts mehr kam, hielt Logan einen Stapel Aktenmappen hoch. »Ich habe die Fallakten zu diesen Einbrüchen mitgebracht. Es …«
»Ist mir wurst.« Der Inspector haute auf die Eingabetaste, stieß seinen Sessel zurück und funkelte Logan über die aneinandergelegten Fingerspitzen hinweg an. »Erzählen Sie mir von der Leiche.«
»Welche meinen Sie – die von dem Obdachlosen, die von dem alten Mann, der am Donnerstag erstochen wurde, oder die von dem Pornostar, der anal zu Tode gevögelt wurde?«
»Letztere. Und versuchen Sie doch bitte daran zu denken, dass das Opfer ein menschliches Wesen war, Sergeant.«
Und plötzlich schämte Logan sich sehr. »Tut mir leid, Sir.« Das war DI Steels Einfluss – er arbeitete eindeutig schon zu lange mit ihr zusammen. Er erzählte Insch alles, was sie über Jason Fettes wussten, von seiner Provinz-Pornokarriere bis hin zu seinem SM-Latexkostüm. Alles in professionellem, neutralem Ton.
Insch hörte schweigend zu, stopfte sich Fruchtpastillen in den Mund und machte sich hier und da eine Notiz auf einem gelben Post-it-Zettel. »Was ist mit dieser Website – Bondageopolis ?«, fragte er, als Logan geendet hatte. »Haben Sie sich an Fettes’ Provider gewandt?«
»Es ist eine hiesige Firma – sie haben uns Fettes’ E-Mails geschickt, aber wir haben darin nichts finden können, was mit seinem Tod in Verbindung stehen könnte. Aber nach der Liste der Favoriten auf seinem PC zu schließen, hatte er mindestens einen Hotmail-Account und vielleicht auch ein, zwei Yahoo-Accounts.«
»Und?«
»Die sind alle anonym – man muss keine echten Daten preisgeben. Sie könnten sich als Osama Bin Laden anmelden, und niemand würde sich die Mühe machen, das zu überprüfen. Und Fettes war vorsichtig – scheint seinen Cache regelmäßig geleert zu haben und hat auch keine Benutzernamen oder Passwörter vom Browser speichern lassen.«
»Sie können sich also nicht einfach als Fettes einloggen.«
»Nein. Ich habe seine Mails von den EDV-Leuten durchgehen lassen, um herauszufinden, ob er vielleicht irgendwelche Sachen von seinen anonymen Accounts an seine eigene Adresse weitergeleitet hat. Sie haben ein paar mögliche Treffer identifiziert, aber es dauert ewig, mit diesen Freemail-Anbietern irgendwas zu klären. Wir haben es nicht nur mit der Datenschutzverordnung zu tun, es muss auch alles über deren Hauptgeschäftsstelle in den USA laufen. Der reinste Albtraum.«
Insch beugte sich vor, stützte die massigen Ellbogen auf den Schreibtisch und betrachtete seine Sammlung von Post-its. »Okay, bringen Sie mir die Akten – Berichte, Vernehmungen, Obduktionsprotokolle, alles. Einschließlich der HOLMES -Anweisungen. Wir gehen sie heute Nachmittag zusammen durch.«
»Ja, Sir.« So viel zu seinem Plan, sich den Inspector vom Leib zu halten.
Am Ende des Tages hatten sie einen kompletten Plan für die
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