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Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)

Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart MacBride
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weiszumachen versuchen, dass dieser Fall nicht eine einzige verfluchte Katastrophe ist …« Sie kramte ein Päckchen Nikotinkaugummi aus der Tasche, steckte sich zwei Stück in den Mund und kaute mit angewiderter Miene. »Wird schon alles werden. Heute finden wir Morrison und buchten ihn ein, und dann sieht die Welt gleich wieder ganz anders aus. Solange der Chef mich nicht nach meinen ganzen anderen ungelösten Fällen fragt.«
    Ein taubengrauer Deckel hatte sich über die Stadt gelegt und alle Farben aus der Landschaft herausgesogen; die bleichen Granitbauten verschmolzen mit dem monochromen Himmel. Nachdem sie vom Präsidium losgefahren waren, beherrschte Rickards sich ganze zwei Minuten lang, ehe er sich auf der Höhe von School Hill über die ständigen Frotzeleien zu beklagen begann, denen er seit dieser Jason-Fettes-Einsatzbesprechung ausgesetzt war. Logan schaltete auf Durchzug und beobachtete die Fußgänger und den Verkehr, immer auf der Suche nach einem Achtjährigen in einem FC-Aberdeen-Kapuzenshirt.
    Rickards jammerte immer noch, als sie in die King’s Gate einbogen und oberhalb des Morrison-Hauses eine Parklücke suchten.
    »Sehen Sie’s doch mal positiv«, riet Logan ihm. »Wenigstens glauben die Kollegen alle, sie würden Sie bloß verarschen. Stellen Sie sich mal vor, was los wäre, wenn die wüssten, dass Sie tatsächlich zur Szene gehören.«
    Der Constable warf ihm einen bösen Blick zu. »Ist doch gar nicht wahr!«
    »Ach, nun tun Sie doch nicht so – erwarten Sie wirklich, dass ich glaube, Sie hätten Jason Fettes’ Hintern wiedererkannt, nachdem Sie ihn nur einmal kurz auf einer DVD gesehen hatten? Sie müssen ihn ein Dutzend Mal gesehen haben, um sich so präzise daran zu erinnern.« Er schnallte sich ab und stieg aus. Von der spektakulären Aussicht von gestern war an diesem grauen Morgen nichts mehr übrig; die einzelnen Elemente waren zwar alle noch da, aber sie wirkten öde und kalt. Das Meer hatte die Farbe von Lehm, ein verschmierter dunkler Streifen unter einem noch dunkleren Horizont. Früher oder später würde es zu pissen anfangen.
    Rickards kletterte ebenfalls aus dem Wagen. »Ich …« Der Constable errötete und trat nervös von einem Fuß auf den anderen, ohne Logan in die Augen zu sehen. »Sie … Sie haben’s doch niemandem erzählt, oder?«
    »Natürlich nicht! Von mir aus können Sie sich Latexklamotten anziehen und einander den Hintern versohlen, bis Sie schwarz werden – ich finde, das geht außer Ihnen niemanden etwas an.«
    »Ich wünschte, ich hätte mich nie gemeldet mit dieser Identifizierung …«
    Logan blieb stehen und starrte ihn an. »Ist das Ihr Ernst?«
    Er seufzte. »Nein. Fettes hatte es nicht verdient, als unidentifizierte Leiche zu enden.«
    »Das hat niemand verdient.«
    Die Journalistenschar vor dem Haus der Morrisons war seit gestern noch angewachsen – jetzt waren sogar ein paar Ü-Wagen von außerhalb dabei, deren Satellitenschüsseln die Zweige der Buchen am Straßenrand streiften. Um das Gartentor herum hatte sich ein Häuflein Demonstranten versammelt, manche sogar mit selbst gebastelten Plakaten: Schande!, Gerechtigkeit für Jerry! und Kinder sollten keine Killer sein! Sie hätten ein Bild selbstgerechter Empörung abgeben sollen, aber stattdessen sahen sie nur total durchfroren aus, wie sie sich da um eine Thermoskanne mit Tee scharten und über das Wetter schimpften. Als sie die Polizisten kommen sahen, rafften sie sich auf und skandierten für die versammelten Medien ein paar Protestparolen. Logan schickte Rickards vor, der ihnen den Weg freimachte. Unter ständigem »Kein Kommentar«-Gemurmel retteten sie sich ins Haus.
    Mr. Morrison saß in seinem abgedunkelten Wohnzimmer und sah fünf Jahre älter aus als am Tag zuvor. Dunkle Ringe unter den Augen, das Gesicht bleich und fischartig. Kaum hatte der Betreuungsbeamte sie hineingeführt, sprang Morrison auf und begann die Hände zu ringen. »Ist … Haben Sie …« – doch er brachte die Frage nicht über die Lippen.
    »Wir haben ihn noch nicht gefunden«, antwortete Logan und bedeutete dem Mann, sich in seinen Sessel zu setzen, ehe er Rickards zum Teekochen in die Küche schickte. »Ich muss Ihnen nur noch ein paar Fragen stellen.«
    »Gehen Sie davon aus …« – ein nervöses Hüsteln – »Glauben Sie, dass wir ihn trotzdem noch gesund wiederbekommen werden?«
    »Wir hoffen es, Mr. Morrison. Soweit ich das beurteilen kann, ist Sean ein Junge, der sich sehr wohl zu helfen weiß.«

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