Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
Inszenierung erst ein oder zwei Tage vor der Premiere erstmals auf die Bühne. Aber so weit war Inschs Mikado , wie es sich anhörte, noch lange nicht.
Logan schlüpfte lautlos durch die Tür des Theatersaals – burgunderroter Teppichboden, Mahagoni-Täfelung, Reihen über Reihen leerer Sitzplätze vor einer Bühne, die von einigen der linkischsten Gestalten bevölkert war, die Logan je gesehen hatte, die meisten von ihnen in Jeans und Sweatshirts. Und unten in der ersten Reihe saß DI Insch und kommandierte seine Truppe herum. »Noch mal von ›I’ll tear the mask from your disguising‹, und achten Sie um Himmels willen auf den Takt!«
Logan sah ihnen eine Weile im Stehen zu und bemühte sich, nicht zu lachen. Er entdeckte DC Rennie unter den Männern, schamlos chargierend und wild mit beiden Armen gestikulierend wie eine durchgedrehte Windmühle. Diesmal setzte der Chor mit seinem Gegröle fast genau richtig ein. Insch ließ sie die Stelle noch einmal wiederholen. Logan hatte keine Lust, das Ganze noch ein drittes Mal über sich ergehen zu lassen, also marschierte er nach vorne und tippte dem Inspector auf die Schulter.
»Entschuldigen Sie die Störung, Sir, aber ich habe gerade mit dem Präsidium gesprochen. Die Kollegen von Tayside haben angerufen …« Insch hörte sich die spärlichen Informationen an, die Logan für ihn hatte, wandte sich dann wieder seiner Truppe zu und wies sie an, diese Stelle gefälligst so lange zu wiederholen, bis sie entweder saß oder sie tot umfielen – ihm sei es egal. Dann ließ er sie in der nicht hundertprozentig sattelfesten Obhut des Pianisten zurück und ging mit Logan vor die Tür.
»Rufen Sie die Kollegen zurück und fragen Sie, ob sie irgendwelche Spuren gesichert haben. Wir haben Macintyres DNA-Probe noch nicht vernichtet – wenn sie mit der von Dundee übereinstimmt, ist er geliefert. Ach, wissen Sie was, Tayside soll Ihnen gleich alles herfaxen, was sie haben. Ich bin hier fertig in …« Er sah auf seine Uhr und drehte sich zur Saaltür um, als eine holpernde Kakophonie von einem weiteren gescheiterten Versuch kündete, in die Welt von Gilbert und Sullivan einzudringen. »Wir werden auf jeden Fall noch hier sein, wenn Sie zurückkommen.«
Wenn er sich den Krach von der Bühne so anhörte, bekam Logan den Eindruck, dass er genauso gut nächstes Jahr um die gleiche Zeit wiederkommen könnte, und sie würden immer noch grottenschlecht sein.
Die letzte Seite ruckelte ins Auffangfach des Druckers. Laut Tayside Police gab es keinerlei verwertbare Spuren: keine Haare, keine Hautschuppen, kein Sperma, nichts. Aber die Vorgehensweise des Täters passte genau auf Rob Macintyre: eine Frau, die nachts allein nach Hause geht, eine Abkürzung durch eine schlecht beleuchtete Straße nimmt und von hinten angefallen wird. Die von einem Mann mit Aberdeener Akzent mit einem Messer bedroht und zu Boden gezwungen wird, worauf er ihr das Gesicht zerschneidet und sie vergewaltigt. Genau wie bei all den anderen Überfällen, die sie Macintyre nachzuweisen versuchten. Und wie in allen anderen Fällen gab es nichts, was den Fußballer mit der Tat in Verbindung brachte.
Logan steckte die Ausdrucke in eine braune Aktenmappe und machte sich auf den Weg zurück ins Kulturzentrum. Es hatte fast anderthalb Stunden gedauert, alle Unterlagen von Dundee nach Aberdeen zu mailen, und als er den Theatersaal betrat, war Insch gerade bei seiner üblichen Motivationsrede – derselben, die seine Leute bei den Einsatzbesprechungen zu hören bekamen, nachdem er ihnen allen gesagt hatte, was für ein nutzloser Haufen sie seien und dass sie sich schämen sollten, den Namen »Polizist« so zu missbrauchen. »So, jetzt gehen Sie sich abschminken, und wir sehen uns nachher im Pub.« Er rang sich ein Lächeln ab. »Gute Arbeit heute Abend, Leute.«
Insch sah ihnen nach, als sie aufgeregt schwatzend die Bühne verließen. Dann ließ er sich auf einen der Zuschauerplätze sinken, vergrub das Gesicht in den Händen und murmelte leise Obszönitäten vor sich hin.
Logan ließ ihm ein paar Minuten Zeit und sagte dann: »Ich habe die Akten, die Sie wollten, Sir.«
Der Inspector blickte auf, das Gesicht gezeichnet von den erlittenen ästhetischen Qualen. »Sie sind nicht gerade ein großer Theaterfan, nicht wahr, Sergeant?«
»Nicht direkt, Sir, nein.«
Insch nickte gedankenvoll. »An einem Abend wie diesem kann ich’s Ihnen nicht verdenken.« Er seufzte. »Okay, lassen Sie mal sehen, was Sie da haben.« Sie
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