Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
Ein leises Wimmern war die Antwort. Logan lugte um die Ecke und sah einen total verängstigten Mann von Anfang dreißig auf dem Klo sitzen, die Hose um die Knöchel, die nackten Beine zitternd, leichenblass im Gesicht, die Augen zugekniffen, die Hände erhoben.
»Ronald Berwick?«
»Bitte, erschießen Sie mich nicht!«
Logan wies die Beamtin an, ihre Waffe sinken zu lassen. »Wenn Sie da drin fertig sind, Mr. Berwick, würde ich mich gerne in der Küche mit Ihnen unterhalten. Und Händewaschen nicht vergessen!«
Die Essküche war genauso kahl wie der Rest des Hauses – als hätte jemand systematisch jede Spur von Leben eliminiert. Ein großer amerikanischer Kühlschrank stand in der Ecke und brummte leise vor sich hin, ohne irgendwelche Magnete oder Kinderzeichnungen, die die Monotonie aufgelockert hätten. Wände und Fensterbank waren nicht minder spartanisch: kein Kalender, kein Nippes, keine Blumen, nichts.
Ronald Berwick wurde mit vorgehaltener Waffe von der Toilette in die Küche kommandiert und gezwungen, neun Tassen Tee zu machen: sechs für das Schusswaffenteam, je eine für Rickards und Logan und eine für sich selbst. Er trieb sogar irgendwo eine Packung Schokokekse auf. »Na bitte«, sagte Logan, als der Mann sich mit zitternden Knien am Küchentisch niederließ. »Wie geht’s Ihnen denn so?«
Berwick starrte ihn an. »Ich sitze auf dem Scheißhaus, und plötzlich tritt jemand die Klotür ein und hält mir eine Maschinenpistole ins Gesicht – was glauben Sie denn, wie es einem da geht? Hätte mir fast vor Angst in die Hosen gemacht!«
Logan versuchte nicht zu grinsen. »Ich habe eine richterliche Anordnung zur Durchsuchung dieses Hauses nach gestohlener Ware.«
Der Mann stöhnte. »Na super. Zuerst Margaret, und jetzt das.« Er sackte in sich zusammen, bis er mit der Nase fast in seinem Teebecher hing, und murmelte nur: »Scheiße, Scheiße, verdammte Scheiße …«
Sie durchsuchten sämtliche Zimmer des Hauses, aber von gestohlenen viktorianischen Sexartikeln war weit und breit nichts zu sehen. »Okay«, sagte Logan, nachdem einer der Beamten aus der Bodenluke herausgeschaut und gemeldet hatte, dass auf dem Dachboden auch nichts sei, »sehen wir mal in der Garage nach.«
Sie gingen alle nach draußen. Der Junge, der ihnen beim Aufbrechen von Berwicks Haustür zugeschaut hatte, hatte inzwischen Gesellschaft von seiner kleinen Schwester bekommen. Zusammen starrten sie die Polizisten an, als wäre der Einsatz bei weitem das Spannendste, was sich hier seit Langem ereignet hatte. Als Berwick Logan und sein Team zur letzten Garage in der Reihe geführt hatte, schlichen die zwei sich schon zur Haustür hinaus, um nur ja nichts zu verpassen.
Logan ließ Rickards den Vortritt. Der Constable schloss das rote Tor auf und schob es hoch. Volltreffer – die Garage war randvoll mit Elektrogeräten, keines davon originalverpackt. Kisten voller Digitalkameras, DVD-Rekordern, iPods, Laptops und PCs, dazu Silberware, Bilderrahmen, Kerzenständer, DVDs, CDs, Schmuck, digitale Camcorder … »Meine Güte!« Logan war wider Willen beeindruckt. »In wie viele Häuser mussten Sie denn einsteigen, um das alles zusammenzutragen?«
Berwick fand plötzlich den Anblick seiner Schuhe höchst faszinierend. »Ich habe diese Sachen noch nie im Leben gesehen.«
»Ach, ich bitte Sie. Sie wissen ganz genau, dass wir den ganzen Krempel jederzeit aufs Revier karren und mit unseren Einbruchsanzeigen abgleichen können. Wahrscheinlich sind da überall Ihre Fingerabdrücke drauf. Warum ersparen Sie uns nicht die ganze Mühe und verraten uns, wem Sie die Sachen gestohlen haben? Das wird vor Gericht einen wesentlich besseren Eindruck machen.«
Ein paar Sekunden stiller Einkehr, dann folgte ein abgrundtiefer Seufzer. »Scheiße. Wer hat es Ihnen gesteckt?«
»Nennen Sie uns die Adressen, und ich werde die Staatsanwaltschaft wissen lassen, dass Sie bei der Aufklärung mitgewirkt haben.«
»Es war Margaret, nicht wahr? Diese rachsüchtige Schlampe. Reicht ihr wohl nicht, dass sie meine Kinder mitgenommen hat und das ganze Geld aus dem Bausparvertrag, nein , jetzt muss sie mich auch noch bei den verdammten Bullen verpfeifen.« Er stand da und sah zu, wie sich Rickards in die überfüllte Garagenrumpelkammer zwängte. »Sind Sie verheiratet, Inspector?«
»Detective Sergeant«, korrigierte Logan. »Nein.«
Berwick nickte. »Gut. Da fängt nämlich der ganze Ärger an. Du legst dich ins Zeug, um das Essen auf den Tisch zu bringen
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