Der erste Verdacht
sie Irene an. Mit undeutlicher Stimme sagte sie dann: »Sie sind diese … Polizistin. Diese Kleider … und Mike trug auch weiße Kleider.«
»Mike? Heißt der so, der auf Sie geschossen hat?«, fragte Irene.
»Ja. Aber der war auch … Arzt.«
Sie schloss die Augen. In diesem Augenblick traten zwei grün gekleidete OP-Pfleger ins Zimmer. Jetzt wurde es wirklich eng.
»Ich begleite Sie«, sagte der Arzt zu den Pflegern.
Er nickte Irene zu und verschwand mit den beiden Männern und Sanna in ihrem Krankenbett durch die Tür.
Plötzlich wirkte das Zimmer verlassen. Irene und Kajsa waren allein.
»Mike … ich glaube, ich kenne ihn, ich weiß nur nicht, woher …«, überlegte Kajsa laut.
»Wie hast du gemerkt, dass er unser Mann war?«, fragte Irene.
Kajsa seufzte und nahm ihre grau getönte Brille ab.
»Er war verdammt smart. Der Fahrstuhl blieb stehen, und drei Ärzte stiegen aus. Zwei gingen auf die Station gegenüber, und er … also Mike, winkte ihnen zu und ging bei uns rein. Wäre er allein gekommen, wäre ich sofort misstrauisch geworden. Aber da sie zu dritt waren und sich zu kennen schienen, reagierte ich nicht sofort. Er ging einfach den Flur entlang, und erst da ging mir auf … dass er es sein könnte. Die Beschreibung passte, aber nicht die Kleidung. Als er dann, ohne zu zögern, die Tür zu Sannas Vorzimmer öffnete, rief ich dein Handy an. Glücklicherweise warst du schnell genug!«
Die Erleichterung in Kajsas Stimme war nicht zu überhören.
»Was war mit Andersson?«, fragte Irene.
»Der hat erst reagiert, als Sanna anfing zu schreien. Er hat ihn wahrscheinlich, genau wie ich, für einen echten Arzt gehalten. Schließlich wirkte er sehr überzeugend. Er bewegte sich, als gehöre er hierher. Ganz selbstverständlich«, versuchte Kajsa zu erklären.
Irene nickte.
»Er hatte bereits das Terrain ausgekundschaftet …« Da rief Kajsa plötzlich: »Jetzt weiß ich, wer er ist!«
»Wer?«
»Dieser Mike! Er ist Sicherheitschef im Hotel Gothenburg! Birgitta und ich haben uns doch die Bilder von den Überwachungskameras im Parkhaus angeschaut, von dem Abend, an dem Ceder erschossen wurde. Mike hat mir diese Bilder gezeigt. Mike … Michael Fuller! Der Amerikaner!«, sagte sie triumphierend.
Michael Fuller. Irgendwie sagte dieser Name auch Irene etwas.
»Sanna erzählte mir, der Sicherheitschef des Hotel Gothenburg habe ihr dabei geholfen, die Alarmanlage in ihrem Haus zu installieren. Ich wette, dass er einen Schlüssel hatte. Es ist alles andere als unwahrscheinlich, dass Mike Fuller unter der Wendeltreppe stand und Kjell Bengtsson Ceder zwischen die Augen schoss.«
»Schon möglich. Aber was hatte er für ein Motiv, seinen Chef zu erschießen? Wieso erschoss er Bergman und Rothstaahl? Und warum sollte Sanna sterben? Und was haben die Morde an Thomas Bonetti und Edward Fenton mit dem Ganzen zu tun?«, wollte Kajsa wissen.
»Das herauszufinden, ist deine Hausaufgabe bis morgen früh«, sagte Irene, und ihre Stimme klang genauso müde, wie sie sich fühlte.
Sie lächelte, um zu bedeuten, dass das nur ein Scherz war, und legte Kajsa einen Arm um die Schultern.
KAPITEL 23
Michael Fuller wurde bewacht, aber laut den Ärzten war kaum damit zu rechnen, dass er türmen würde. Der Tellerrand hatte ihn ziemlich übel im Nacken erwischt. Er hatte starke Schmerzen und Probleme mit dem Gleichgewicht.
Die Polizistin erinnerte sich nur, dass sie auf ihrem Stuhl gesessen hatte, als ein Arzt die Tür öffnete. Ehe sie noch den Kopf heben und ihn anschauen konnte, war es ihr schon schwarz vor Augen geworden. Der Karateschlag hatte, ausgeteilt von einem Experten, perfekt gesessen. Hätte er etwas mehr Kraft in den Schlag gelegt, hätte es gut und gerne tödlich enden können.
Sanna wurde operiert. Die Kugel, ohne Mantel, Kaliber 25, wurde aus der Rückseite ihres rechten Schulterblatts entfernt, in dem sie stecken geblieben war. Sie befand sich jetzt in sicherer Verwahrung bei der Spurensicherung. Die Pistole und die Kugeln von den Morden, die mit dieser Waffe vermutlich begangen worden waren, würden zu ballistischen Analysen ins Staatliche Kriminaltechnische Labor geschickt werden. Dort hatten sie sehr viel zu tun. Es konnte also dauern, bis das Resultat vorlag, aber das war nicht zu ändern.
Am Montagmorgen zeigte ein Arzt an, sein Kleiderschrank in der Klinik sei ausgeräumt worden. Wütend und gestresst erschien er im Labor der Spurensicherung und identifizierte den Ärztekittel, den Fuller
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