Der erste Verdacht
sie zog die Mail hervor, die sie ausgedruckt und zur Besprechung mitgebracht hatte, »… Special Agent Hazel ist ein Wunder an Effektivität und besitzt atemberaubende Kenntnisse. Der Titel Special Agent ist wirklich außerordentlich passend, denn Special Agent Hazel ist außerordentlich speziell!«, übersetzte sie.
Tommy zog eine Augenbraue hoch, aber sonst gab niemand einen Kommentar zum Vorgelesenen ab.
Der Kommissar trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte und knallte dann energisch die Handflächen auf den Tisch.
»Fuller sitzt in der Tinte, da es uns mit Hilfe des Daumenabdrucks gelungen ist nachzuweisen, dass er in Askim am Tatort war. Er wurde beim Mordversuch an Sanna Kaegler festgenommen. Dafür haben wir mehrere Kollegen als Zeugen. Außerdem hat er eine Kollegin bewusstlos geschlagen. Er wird wirklich Mühe haben, sich da rauszureden. Heute Abend wird er in die Untersuchungshaft überstellt, und morgen sollen Irene und Tommy ihn verhören. Anschließend könnt ihr dieser Kaegler noch mal auf den Zahn fühlen. Sie hat keinen Grund, noch länger zu schweigen. Schließlich ist Fenton tot. Seht zu, dass das Frauenzimmer zur Abwechslung mal die Wahrheit erzählt!«
Er wandte sich an Fredrik und fuhr fort: »Du kannst morgen nach Landvetter rausfahren und diesen Special Agent Hassel, oder wie immer er heißt, abholen. Wir treffen uns dann hier am Nachmittag und versuchen diesem Mister speziellen Spezialagenten die Situation auseinanderzusetzen.«
Am Dienstagmorgen wurde Michael Fuller in Handschellen zum Verhör geführt. Er wurde von zwei kräftigen Gefängniswärtern begleitet. Da man ihn für extrem gefährlich hielt, wurde er mit Handschellen um Hände und Füße an den Tisch gefesselt. Nach den Blicken zu urteilen, die er Irene und Tommy zuwarf, war diese Vorsichtsmaßnahme mehr als berechtigt.
Seine Haut hatte einen hellen Olivton, sein schwarzes Haar war dicht, und seine Augen waren dunkelbraun. Seine Gesichtszüge waren markant. Er konnte trotz eines Ansatzes zum Doppelkinn als gut aussehend gelten. Er war muskulös und durchtrainiert, hatte aber am Bauch ein paar Kilo zu viel.
Nach einer halben Stunde vollkommenen Schweigens von Fullers Seite gaben sie auf. Er hatte nicht einmal geblinzelt, um seinen Namen zu bestätigen, von einem Nicken ganz zu schweigen, sondern sie die ganze Zeit stumm beobachtet. Hinter dem scheinbar gleichgültigen Blick ahnte Irene einen glühenden Hass.
Die Polizei hatte beschlossen, Sanna weiterhin bewachen zu lassen, da man sich nicht sicher war, dass es sich bei Michael Fuller um einen Einzeltäter handelte. Deswegen saß wieder ein Polizist bei Sanna im Vorzimmer. Er hatte einen Bürstenschnitt und kräftige Bizepse. Da er Irene und Tommy nicht kannte, bat er sie, sich auszuweisen, ehe er sie vorließ.
Sanna Kaegler machte eine klägliche Figur. Die Vorfälle der letzten Tage hatten dunkle Schatten in ihrem schmalen Gesicht hinterlassen. Die Schwester hatte ihnen gesagt, dass sie starke Schmerz- und Beruhigungsmittel einnehme.
Sie erkundigten sich nach ihrem Befinden und redeten erst einmal über alles Mögliche, bevor sie zu den wichtigen Fragen kamen. Wie schon zuvor leitete Tommy das Verhör.
»Waren Sie erstaunt, dass Michael Fuller versuchte, Sie zu töten?«, begann er.
»Und ob! Mike … ich verstehe überhaupt nichts!«
»Wenn wir einmal zu dem Zeitpunkt zurückgehen, als er Sie das erste Mal in Askim ermorden wollte: Wie gelang es ihm, Sie aus dem Haus zu locken?«
Als sie keine Anstalten machte zu antworten, sagte er ruhig: »Wir wissen, dass Edward Fenton Ludwigs Vater ist.«
Sanna schloss die Augen wie immer, wenn sie von der Welt nichts wissen wollte. Nach einer Weile öffnete sie sie wieder einen Spalt weit und sagte leise: »Wie können Sie …? Aber das ist doch wohl nicht mehr wichtig … Edward und ich telefonierten nie vom Festnetz aus miteinander. Wir schickten SMS oder benutzten das Handy. Wir hatten bestimmte Zeiten, damit niemand die Mitteilungen sehen oder die Gespräche hören konnte. Den Treffpunkt auf der anderen Seite der Wiese hatten wir schon einmal verwendet, als er in Göteborg gewesen war. Plötzlich kam eine SMS … ich solle ihn dort treffen … ich freute mich … schließlich wusste ich nicht mal, dass er in Schweden war! Und das war er ja auch gar nicht.«
Sie begann zu weinen. Irene half ihr, die Tränen zu trocknen, und hielt das Taschentuch, damit sie sich schnäuzen konnte, schließlich konnte sie
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