Der erste Verdacht
schlugen klirrend aneinander, als sie die Tüten auf den Tisch stellte. Ohne ihre Jacke auszuziehen, ging sie auf Krister zu und fasste ihn an den Schultern. Rasch drehte sie ihn wie beim Tango herum, zog ihn auf ihr vorgeschobenes Knie und küsste ihn auf den Mund.
Als sie ihn losließ, rutschte er lachend auf den Fußboden.
»Du bist nicht ganz bei Trost! Aber so ist das eben, wenn man eine ehemalige Europameisterin in Jiu-Jitsu heiratet, selber schuld.«
Bevor Irene noch entkommen konnte, zog er sie nach unten und hielt sie in einer Umarmung fest. Sein Kuss ließ sie wohlig erschauern, und sie verspürte plötzlich dringlichere Bedürfnisse, als ihren Hunger zu stillen.
»Was macht ihr da?«
Irene und Krister hielten inne und wandten sich zur Küchentür. Dort standen ihre Töchter und sahen sie entsetzt an.
»Wir veranstalten einen Ringkampf«, murmelte Krister.
Immer noch kichernd ließen sie voneinander ab. Irene stand auf und ging in die Diele, um ihre Jacke aufzuhängen. Krister nahm wieder eine aufrechte Position ein und stellte sich an den Herd.
»Was krieg ich?«, fragte Jenny.
Sie war seit einigen Jahren Veganerin. Im Augenblick trug sie ihre Haare kohlrabenschwarz gefärbt mit violetten Strähnchen. Außerdem war sie ganz in Schwarz gekleidet. Die Rolle der Sängerin in einer der bekanntesten Popbands in Göteborg erforderte ziemliche Investitionen, was Haarfärbemittel und Mode anging. Es war gut möglich, dass sie nächste Woche schon mit einer neonrosa Frisur in Flower-Power-Klamotten aus dem Secondhandladen erschien.
»Du bekommst ein Moussaka mit Hafermilch. Steht schon im Ofen«, antwortete Krister.
Mit der Zeit hatte er immer mehr Gefallen an der vegetarischen Küche gefunden. Jennys Veganerkost stellte insofern eine Herausforderung dar, als sie überhaupt nichts Tierisches wie Käse oder Milch enthalten durfte.
»Super. Gibt es Nachtisch?«
»Ja, aber leider ist es eine Mousse au Chocolat. Du musst dir einen Obstsalat machen. Du kannst ja einen Schuss Portwein dazugeben, dann …«
Jenny unterbrach ihn mit einem deutlichen Seufzer.
»Du weißt doch, dass ich keinen Alkohol trinke!«
»Ja schon, aber ein kleiner Schuss kann doch wohl nicht schaden. Er erhöht das Geschmackserlebnis. Du kannst es ja als ein Gewürz betrachten«, schlug ihr Vater vor.
»Dann nehme ich den Portwein, und du kümmerst dich um den Obstsalat«, erbot sich Katarina großzügig.
Sie lächelte ihre Schwester an, die das nicht genauso lustig zu finden schien.
»Bleibt ihr heute Abend zu Hause?«, fragte Irene.
»Don’t go out tonight. Theeere’s a baaad mooon on the riiise«, sang Jenny, tanzte in die Diele und verschwand die Treppe hinauf in den ersten Stock.
»Heute Abend schon, aber nicht heute Nacht«, antwortete Katarina, nachdem ihre Schwester verschwunden war.
»Ist das immer noch … wie heißt der Neue?«, meinte Krister spöttisch.
»Was soll das heißen, dieser Neue? Wir sind jetzt ein halbes Jahr zusammen! Jedenfalls fast«, protestierte seine Tochter.
Sie nahm die Weinflaschen aus den Tüten und betrachtete sie kritisch.
»Christobal Verdelho. Weiß, also zur Fischsuppe«, stellte sie fest.
Sie las das Etikett der Rotweinflasche.
»Hécula. Spanisch. Was gibt es morgen zum Abendessen?«
»Schweinefilet mit Pfifferlingen und Preiselbeeren. Dazu Kartoffelbrei.«
»Klingt gut, aber ich bin nicht da. Morgen früh wollen wir nach Anholt segeln. Wir übernachten auf dem Boot und kommen am Sonntag wieder nach Hause.«
Katarinas Freund durfte sich das Segelboot seiner Eltern leihen, wenn diese es nicht brauchten. Weder Irene noch Krister konnten segeln, aber sie vertrauten Johan und machten sich daher keine Sorgen. Er war schon als Säugling gesegelt und kannte die Schären wie seine Westentasche.
»Segelt ihr nur zu zweit?«, wollte Krister wissen.
»Ja.«
»Ihr habt doch wohl Schwimmwesten dabei? Ich meine, falls einer von euch reinfällt, dann …«
»Wir tragen immer Schwimmwesten, wenn wir auf offener See segeln«, versicherte Katarina.
Man fragt sich, warum nicht alle segelkundigen Leute so klug sind, dachte Irene. Warum hatten Kjell Bengtsson Ceder und seine Frau Marie keine Schwimmwesten getragen, als sie in jener Unwetternacht vor sechzehn Jahren an Deck gegangen waren? Das Boot hatte sich mitten auf der Nordsee befunden, und der Wind hatte fast Sturmstärke gehabt. Tommy hatte Recht. Irgendwas stimmte mit diesem Unfall nicht. Konnte dieser Vorfall irgendwie mit den
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